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# taz.de -- Nach den Terroranschlägen von Paris: Überwachung ohne alte Reflexe
> Die Bundeskanzlerin und ihr Vize Gabriel sind sich einig:
> Vorratsdatenspeicherung sei nötig. Nur Justizminister Heiko Maas (SPD)
> wehrt sich noch.
Bild: Absolute Sicherheit werde es (auch mit Vorratsdatenspeicherung) nicht geb…
BERLIN taz | Die Vorratsdatenspeicherung muss kommen – diese Forderung
stellt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Terroranschlägen von
Paris. „Wir sollten darauf drängen, dass die von der EU-Kommission hierzu
angekündigte überarbeitete Richtlinie zügig vorgelegt wird, um sie
anschließend auch in deutsches Recht umzusetzen“, sagte Merkel am
Donnerstag in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag.
Damit stellte sie sich an die Seite zahlreicher Unionspolitiker und des
SPD-Chefs Sigmar Gabriel, die zuvor ebenfalls für die Einführung der
Vorratsdatenspeicherung plädiert hatten. Innerhalb der Koalition ist das
Thema dennoch umstritten: Zahlreiche SPD-Politiker, darunter Justizminister
Heiko Maas, winken ab.
Dabei schien nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrag noch alles klar:
Die Große Koalition wolle das Ermittlungsinstrument unter strengen Maßgaben
einführen, heißt es in dem Papier. Damit wollte sie eine EU-Richtlinie
umsetzen, die die Einführung der Vorratsdatenspeicherung vorsah. Der
Begriff bezeichnet die massenhafte Speicherung der Telefon- und
Internetdaten aller Bürger durch die Telekommunikationsunternehmen, auf die
Sicherheitsbehörden für die Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern
zugreifen dürfen.
Setzen Mitgliedsländer eine solche EU-Richtlinie nicht um, riskieren sie
die Verhängung von Zwangsgeldern – auch deshalb gelangte die
Vorratsdatenspeicherung in den Koalitionsvertrag. Im April 2014 kippte der
Europäische Gerichtshof (EuGH) die Richtlinie allerdings, da die
Speicherung von Daten ohne Verdacht auf Straftaten nicht mit EU-Recht
vereinbar sei. Für Justizminister Maas und andere SPD-Politiker war die
Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag damit hinfällig – zumindest, bis die
EU-Kommission eine neue, rechtskonforme Richtlinie vorlegt. Zur Eile mahnte
Maas die Kommission freilich nicht.
Nach den Pariser Anschlägen forderten verschiedene Unionspolitiker Maas zum
Umdenken auf. Dieser lehnt die Vorratsdatenspeicherung aber weiterhin ab:
Absolute Sicherheit werde es nicht geben, daran würde „auch eine
Totalüberwachung von uns allen ohne jeden Anlass nichts ändern“.
Und dennoch könnte er demnächst handeln müssen. Vor Merkel hatte sich am
Mittwoch schon SPD-Chef Gabriel gegen Maas gestellt. In der Süddeutschen
Zeitung sprach er sich für eine neue Diskussion über die
Vorratsdatenspeicherung aus, „ohne in alte Reflexe zurückzufallen“.
Wie Merkel forderte aber auch Gabriel zunächst eine Einigung auf
europäischer Ebene. Zudem müssten für die Vorratsdatenspeicherung strenge
Bedingungen gelten, damit diese nicht schon wieder vor Gericht scheitere.
Unter anderem nannte der Vizekanzler den Richtervorbehalt. Unter solchen
Maßgaben, so Gabriel, sei die Vorratsdatenspeicherung ein „geeignetes und
verhältnismäßiges Instrument“.
15 Jan 2015
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
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Terrorismus
Heiko Maas
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Hans-Peter Uhl
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