| # taz.de -- Nach Syriza-Wahlsieg in Griechenland: Angst im Angesicht der Querfr… | |
| > Mehr stammelnd als selbstbewusst kommentieren Linke, dass die linken | |
| > Wahlsieger um Tsipras mit Nationalisten koalieren. Warum? | |
| Bild: Bei der Vereidigungszeremonie im Präsidentenpalast: der neu ernannte gri… | |
| Sonntagnacht noch gab es bei allen, die irgendwie finden, den Griechen | |
| müsste im Angesicht der Wirtschaftskrisen aufgeholfen werden, mindestens so | |
| etwas wie klammheimliche Freude. Jubel bei der Linkspartei gab es, klar. | |
| Aber auch bei Grünen und Sozen dominierte ein Gefühlsklima von wegen: Nun | |
| sind die Blöcke, die bis zu Bahnhofswärterjobs alles unter sich aufteilten, | |
| abgehalftert, die konservative Nea Dimokratia wie die sozialdemokratische | |
| Pasok. Gut so! | |
| Montag schließlich der Schock für alle, denen an einer Grenze zum | |
| eurasischen Projekt Russlands gelegen ist – und daran, dass die europäische | |
| Idee der Freiheit unter keinen Umständen preisgegeben wird: Syriza geht | |
| eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Anel ein. Man hätte, | |
| ausweislich erster Posts im Internet, gewarnt sein können. | |
| Tragende Figuren der Montagsdemos begrüßten den Syriza-Sieg inständig, auch | |
| der bekannte Exlinke und inzwischen als Verschwörungstheoretiker empfundene | |
| Jürgen Elsässer. Sahra Wagenknecht jedenfalls, Spitzenpolitikerin der | |
| Linken, teilte mit, man wisse so wenig über die innergriechischen | |
| Verhältnisse und außerdem habe es keine anderen Koalitionsmöglichkeiten | |
| gegeben. | |
| Das war schon an diesem Abend nicht wahr – denn es hätten natürlich die | |
| Newcomer von To Potami gegeben: Linksliberale ohne den Schmier | |
| jahrzehntelanger Teilhabe am Beuteschema von Posten und Pöstchen. Aber | |
| denen fehlte wohl das Bewusstsein für die ganz andere Alternative. Was | |
| nämlich Syriza und Anel eint, ist ein Glaube, dass das Europa der EU von | |
| größerem Übel ist als das, was Moskau zu bieten hat. | |
| ## Kompromisse muss man machen | |
| Der neue Außenminister Nikos Kotzias verfügt nicht nur über gute Kontakte | |
| in Russlands rechte Szene, sondern vor allem zu deren Guru, Alexander | |
| Dugin, einem antiwestlichen Hetzer, bekennenden Homophobling, | |
| Antidemokraten und intellektuellen Vordenker des eurasischen, also | |
| antifreiheitlichen Projekts Europas. | |
| So weit, so gruselig. Aber: Was macht die hiesige Linke? Gibt sich tapfer, | |
| gleichwohl atmosphärisch ganz leicht erkältet. Das Neue Deutschland | |
| formulierte einen Generalbass im Sinne von: Kompromisse muss man machen. | |
| Aber: Kompromisse hätte man doch mit den Linksliberalen machen können. | |
| Dietmar Bartsch, einer der wichtigsten Funktionäre der Linkspartei, | |
| hingegen formuliert in der Jungle World wenigstens ein gewisses Unbehagen: | |
| „Das sind Entscheidungen, die man aus der Ferne schwer beurteilen kann. | |
| Eine Einschätzung politischer Kräfte in Griechenland kann und will ich | |
| nicht aus dem Ärmel schütteln. Ja, ich finde eine Zusammenarbeit, erst | |
| recht Koalitionen mit rechtspopulistischen Parteien nicht akzeptabel. Es | |
| ist aber offensichtlich so, dass nicht massenhaft Partner für Syriza | |
| bereitstanden.“ Plötzlich will man, was den Blick auf andere Länder | |
| anbetrifft, es nicht so genau wissen können: seltsam, da doch sonst alles, | |
| was in der Welt geschieht, umgehend eine linke Erklärung nach sich zieht. | |
| Im Internet allerdings wird die Gemengelage schon krasser verhandelt. Die | |
| einen posten mit Blick auf Syriza vom „Hitler-Stalin-Pakt mit | |
| Alexis-Sorbas-Appeal“, andere gruseln sich vor der Gemeinsamkeit beider | |
| Parteien im Hinblick auf die Unterstützung der Demokratisierung in der | |
| Ukraine durch die EU – aber es gibt vor allem in Hülle und Fülle | |
| FreundInnen der griechischen Querfront an der Macht: Man könne keine | |
| Rücksicht nehmen auf Nebenwidersprüche (Freiheit, Migration, Rassismus und | |
| weiteres Gedöns), jetzt komme es auf den Hauptwiderspruch an. Hier den | |
| zwischen Imperialismus (also USA, Israel und Merkel) und den Unterdrückten | |
| (Griechenland vor allem). | |
| Hauptwiderspruch, zur Erläuterung, ist in den Siebzigern eine beliebte | |
| Vokabel bei Linken gewesen, mit der sie erklärten, dass die Sowjetunion gut | |
| sei, allen Gulags zum Trotz, weil dort das Kapital nicht regiere – und die | |
| Nebengeschichten erledigt werden könnten, wenn die USA und ihre | |
| Helfershelfer endgültig besiegt seien. Man darf vor dieser Logik im Sinne | |
| gesellschaftlicher Liberalität Angst haben. | |
| Mit anderen Worten: Eine Linkspartei, die die Syriza-Koalitionswahl nicht | |
| zum Skandal macht – ja, ist die überhaupt noch links? Und: Hatten nicht | |
| Kommunisten am Ende der Weimarer Republik vor allem das Liberale gehasst, | |
| ebenso die Sozialdemokratie – die sie mehr verabscheuten als die NSDAP? | |
| 30 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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