# taz.de -- Kolumne Macht: Theaterdonner, nichts weiter | |
> Austritt? Rausschmiss? Es geht nicht darum, ob Griechenland ein Teil der | |
> Eurozone bleibt. Denn ein Teil Europas bleibt es so oder so. | |
Bild: Echter Donner über der Akropolis. | |
Der schönste Satz im Zusammenhang mit allen Aufregungen über Griechenland | |
stammt vom Vizepräsidenten der EU-Kommission Jyrki Katainen: „Wir können | |
unsere Politik nicht an nationalen Wahlen ausrichten“, sagte er. Falls das | |
tatsächlich so sein sollte: Warum finden sie überhaupt statt? Kostet doch | |
Geld. | |
Eigentlich kostet fast alles immer Geld. Die Frage ist nur: wen? Und bei | |
wem kommt es an? Bei Deutschland ist bisher infolge der Finanzkrise | |
ziemlich viel Geld angekommen, obwohl das in der Tat nicht so bleiben muss. | |
Teuer zu stehen kam die Krise hingegen schon jetzt in Griechenland die | |
„kleinen Leute“, wie diejenigen gerne sagen, die sich dieser Schicht nicht | |
zugehörig fühlen. | |
Dass das Sparprogramm vor allem diejenigen traf, die ohnehin wenig Geld | |
hatten, wird von niemandem bestritten und von manchen bedauert. Aber | |
hingenommen wie schlechtes Wetter, gegen das man eben nichts tun kann und | |
in das man sich finden muss. | |
Angeblich hätte die EU es gerne gesehen, wenn eine griechische Regierung | |
gegen Korruption, Kapitalflucht und Steuerhinterziehung vorgangen wäre. | |
Wenn aber nicht? Dann ist das halt Pech. Achselzucken. Viel Kreativität ist | |
auf die Frage nicht verwandt worden, ob und was sich gegen derlei im | |
europäischen Rahmen unternehmen lässt. | |
## So tun, als ob | |
Man muss die Wahlversprechen von Alexis Tsipras nicht für realistisch | |
halten und seine Koalitionsregierung nicht mögen, um trotzdem mit ihm darin | |
übereinzustimmen, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Gegen eine | |
wütende und auch verzweifelte Bevölkerung lässt sich kein Sparprogramm | |
durchsetzen. Und die Arroganz, mit der EU-Vertreter jede Entscheidung der | |
neuen griechischen Regierung als unbotmäßiges Verhalten behandeln, eignet | |
sich gut dafür, die Wut weiter anzufachen. | |
Was sich ja bereits im Wahlkampf an der albernen Euro-Diskussion gezeigt | |
hat, mit der die Griechen zu Wohlverhalten gebracht werden sollten. | |
„Austritt“ und „Rausschmiss“ aus der Eurozone wurden dabei munter | |
durcheinandergewürfelt – je nachdem, wie’s gerade passte. Die europäischen | |
Verträge geben zwar beides nicht her, aber man kann ja mal so tun, als ob. | |
Selbst dann ist allerdings die ganze Debatte eine Luftnummer. Wenn | |
Griechenland wieder die Drachme hätte, würden deren Wert im Verhältnis zum | |
Euro steil abstürzen. Nett für die Tourismusbranche. Billiger Urlaub auf | |
Rhodos wäre vielleicht ein Trostpflaster für all die deutschen | |
Steuerzahler, die irrtümlich glauben, schon bisher für Griechenland bluten | |
zu müssen. | |
Leider würden wegen der schwachen Drachme auch alle Importe rasend teuer, | |
so beispielsweise Öl. Was die Wirtschaft zum Erliegen brächte. Und dann? | |
Dann würde die Europäische Union selbstverständlich Hilfsprogramme für | |
Griechenland auflegen. Oder glaubt irgendjemand, die EU könnte tatenlos | |
zuschauen, wie in einem Mitgliedsstaat – der Griechenland dann noch immer | |
wäre! – die Leute erfrieren und verhungern? Das würde der Börse auch nicht | |
gefallen. | |
Allem Theaterdonner zum Trotz: Um die Frage, ob Griechenland ein Mitglied | |
der Eurozone bleibt, geht es nicht und ging es nie. Es geht um die Frage, | |
was die EU innerhalb ihrer Grenzen akzeptiert – und was nicht. Und zwar | |
eben nicht nur im Hinblick auf wirtschaftliche Stabilität, sondern auch auf | |
Menschenwürde. | |
Damit hat Alexis Tsipras recht. Ja, seine Regierung ist erpressbar. Aber | |
das ist keine Einbahnstraße. Der Rest von Europa ist es auch. | |
1 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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