# taz.de -- Personalisierte Doku zum Tracking: Sie folgen dir fast überall | |
> Eine Webdoku von Arte und BR zeigt, wie Verhalten im Netz analysiert | |
> wird. Der Nutzer kann anhand seiner eigenen Daten sehen, wer ihn | |
> überwacht. | |
Bild: Moderator und Blogger Richard Gutjahr vor seinem Computer | |
Ist es nicht nett, dass Webseiten manchmal um Erlaubnis bitten: Stimmen Sie | |
der Nutzung von Cookies zu? Diese Frage ist das Ergebnis einer europäischen | |
Richtlinie, wonach der Internetnutzer dem Einsatz von Cookies zustimmen | |
muss. Cookies, das sind kleine Dateien, die auf dem Rechner des Nutzers | |
gespeichert werden, um ihn wiederzuerkennen. Doch die Frage nach Zustimmung | |
ist im Grunde lediglich eine Information, denn es gibt kein Nein, es gibt | |
immer nur einen Okay-Button. | |
In einer internationalen Kooperation des Bayerischen Rundfunks (BR), des | |
Senders Arte und des National Filmboard of Canada startet die Reihe „Do Not | |
Track“ – jedoch nicht im Fernsehen. Denn „Do Not Track“ ist eine | |
personalisierte Dokureihe über das Geschäft mit der Nutzerverfolgung im | |
Internet, die dazu auch selbst das Surfverhalten des Zuschauers analysiert. | |
Die sieben Folgen zeigen, wie Unternehmen die Spuren auswerten, die der | |
Nutzer im Internet hinterlässt. Bis zum 9. Juni werden im | |
Zweiwochenrhythmus die nur wenige Minuten langen Folgen auf | |
[1][donottrack-doc.com] veröffentlicht. Heute startet die Serie mit einer | |
simplen Frage: „Wo holen Sie sich Ihre Nachrichten?“ | |
Auf Basis der Antwort der Nutzer zeigt „Do Not Track“ in Echtzeit die | |
Tracker der Seite an, die das Nutzerverhalten mitlesen. Auf taz.de sind es | |
beispielsweise sieben Tracker. | |
Dass die Tracker der Nachrichtenseite selbst zugeordnet werden können, ist | |
die Ausnahme. Die meisten gehören kommerziellen Datensammelagenturen, die | |
mit den Informationen über das Nutzerverhalten Geld machen. Mit ihnen kann | |
beispielsweise Werbung optimiert und besser auf den Nutzer zugeschnitten | |
werden. Sie sind der Grund, warum Dienste wie Facebook oder Google für den | |
Nutzer kostenlos sind. | |
## Ort, Zeit, Wetter | |
Auch die Webserie selbst versucht, die Inhalte auf den Nutzer | |
zuzuschneiden. Mit der Angabe seiner E-Mail-Adresse, seines Facebookprofils | |
oder seinen favorisierten Webseiten integriert „Do Not Track“ die ganz | |
persönlichen Daten des Zuschauers in die Webdoku. Natürlich ohne diese an | |
Dritte weiterzugeben, versichert „Do Not Track“ auf der Website. | |
Doch auch ohne die freiwilligen Angaben lässt sich genug über den Nutzer | |
herausfinden. Beispielsweise wo sich der Nutzer befindet, welche Uhrzeit | |
und wie das Wetter dort ist und welche Marke das gerade verwendete Gerät | |
hat – allein weil der Zuschauer die Website von „Do Not track“ nutzt. | |
Die Dokumentation erklärt trockene Inhalte, verpackt in GIF-Ästhetik mit | |
Katzenbildern. Dazu präsentiert sie Netzprominenz aus Deutschland, | |
Frankreich und Nordamerika – Moderator und Blogger Richard Gutjahr etwa, | |
Markus Beckedahl von Netzpolitik.org, oder Ethan Zuckerman, den Mann, der | |
die Pop-up-Werbung erfunden haben soll. | |
Zwei Jahre lang arbeitete das Team um den kanadischen Regisseur Brett | |
Gaylor an der Webdokumentation. Neben Tracking auf Webseiten zeigt „Do Not | |
Track“, was Facebook und Smartphone über den Nutzer Wissen oder wie | |
Algorithmen Verhalten beeinflussen können. Und vor allem, wie die Daten des | |
einzelnen Nutzers dazu beitragen, detaillierte Verhaltensprofile über alle | |
Menschen anzufertigen. | |
Zusammen mit den personalisierten Inhalten zeigen die kurzweiligen Videos, | |
warum der Satz „Ich habe doch nichts zu verbergen“ falsch ist. Das Ziel der | |
Webdoku, „dem Nutzer die Kontrolle zurückzugeben“, wird sich trotzdem nur | |
schwerlich umsetzen lassen. Nach den sieben Folgen weiß man ohne Frage | |
genauer, welche Daten man hinterlässt und wie sie genutzt werden. Doch | |
widersprechen kann der Nutzer dem nur in den seltensten Fällen. In der | |
Praxis ändert sich nichts. | |
14 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://donottrack-doc.com | |
## AUTOREN | |
Svenja Bednarczyk | |
## TAGS | |
Internet | |
Werbung | |
Schwerpunkt Facebook | |
Smartphone | |
Daten | |
Arte | |
Bayerischer Rundfunk | |
Tracking | |
Doku | |
Internet-TV | |
Netzpolitik | |
Streitfrage | |
Amazon Prime | |
Schwerpunkt Facebook | |
Krise | |
Arte | |
EU-Kommission | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Cookies | |
Tracking | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
BR-Dokuserie „früher oder später“: Wenn im Kuhstall das Telefon klingelt | |
Eine vegane Kommune und Landwirte, die als Bestatter arbeiten. Pauline | |
Roenneberg porträtiert das Leben im Dorf Schönsee als skurrile Dokuserie. | |
„Profiling“ im Internet-Fernsehen: Ein Werbespot nur für dich | |
Wer über das Internet fernsieht, gibt zahlreiche Daten weiter und | |
ermöglicht damit personalisierte Werbespots. Ist das erlaubt? | |
Bundesanwalt gegen netzpolitik.org: Ermittlungen wegen Landesverrats | |
Dem Verfassungsschutz ist netzpolitik.org schon länger suspekt. Die | |
Betreiber veröffentlichten wiederholt geleakte Dokumente aus dem | |
Geheimdienstkomplex. | |
Die Streitfrage: Smartphone-freie Gehwege? | |
Es gibt immer mehr Verkehrsunfälle, weil Fußgänger auf ihr Handy starren. | |
Sollte Telefonieren beim Laufen verboten werden? | |
TV-Serie „Transparent“: „Maura lebt in mir“ | |
Leise, sensibel und langsam: Die Serie erzählt von einer Trans*Frau, die | |
sich ein Leben lang als Mann verkleidet hat und dies erst mit 70 Jahren | |
ändert. | |
Algorithmen im Internet: „Die Maschinen entscheiden für uns“ | |
Sie regulieren immer mehr Bereiche unseres Lebens – ohne dass wir | |
verstehen, was genau Algorithmen tun. Nicht gut, sagt Techniksoziologin | |
Zeynep Tufekci. | |
Griechischer Film „A Blast – Ausbruch“: Unkontrollierte Energie | |
Syllas Tzoumerkas' neuer Spielfilm handelt, wie sein Vorgänger, vom inneren | |
Zerfall einer Familie. Eine Krise in Zeiten der ökonomischen Krise. | |
Arte-Doku über Jean-Paul Gaultier: Am Anfang war der Flohmarkt | |
Er ist das Enfant terrible des Pariser Prêt-à-porter, einer der größten | |
Modemacher unserer Zeit: Jean Paul Gaultier. Arte hat ihn portraitiert. | |
EU-Kommission vs. Google: Unfaire Suchmaschine | |
Erneut nimmt die EU-Kommissarin Vestager den Suchmaschinenkonzern ins | |
Visier. Der Vorwurf lautet auf „unfairen Wettbewerb“. | |
„Guardian“ auf Platz Eins beim Tracking: Wächter mit offener Haustür | |
Die überwachungskritische britische Zeitung „Guardian“ gewährt offenbar | |
ungewöhnlich vielen Drittanbietern Zugriff auf die Daten ihrer | |
Website-Nutzer. | |
Tracking auf Nachrichtenseiten: Das Lesen der Leser | |
Onlinejournalismus hat ein Problem: die Werbung. Mit ihr sammeln | |
Trackingsysteme Daten über das Leseverhalten der Besucher von Newsportalen. | |
Browser-Erweiterung „Lightbeam“: Das Ende des Cookies | |
Der Widerstand gegen neugierige Onlinedienste zwingt die Werbeindustrie, | |
beim Schnüffeln kreativ zu werden. Neuester Schrei: der digitale | |
Fingerabdruck. | |
Schutz gegen Tracking: Spione kommen hier nicht rein | |
Werbedienste sammeln heimlich Daten über unser Surfverhalten. Die Tracking | |
Protection List des Fraunhofer-Instituts kappt die Verbindung zu den | |
Schnüffel-Websites. |