# taz.de -- UN-Ozeankonferenz in New York: Themen, so weit wie das Meer | |
> Mehr Plastik als Fisch im Meer? So weit könnte es 2050 sein. Die UN | |
> sprechen über Plastikmüll, Fischerei, Klimawandel und Rohstoffabbau. | |
Bild: Beschäftigt der Meeresschutz jetzt endlich die Weltgemeinschaft? | |
BERLIN/STOCKHOLM taz | 2018 soll es losgehen, endlich. Schon im ersten | |
Quartal kommenden Jahres wolle man in der See vor Papua-Neuguinea damit | |
beginnen, Kupfer, Gold, Silber und Zinn abzubauen, teilte „Nautilus | |
Minerals“ vor einiger Zeit mit. Allerdings hatte das kanadische Unternehmen | |
das ganz enthusiastisch auch 2013 und 2008 schon mal angekündigt und war | |
dann doch an der Finanzierung und Rechtsstreitigkeiten gescheitert. Bergbau | |
in der Tiefsee ist eben tückisch und teuer. | |
Wie die gewaltigen Ressourcen der Meere erhalten und möglichst nachhaltig | |
genutzt werden können, darüber diskutieren bis Ende der Woche Politiker, | |
Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen, Wissenschaftler und | |
Institutionen auf der ersten großen Ozean-Konferenz der Vereinten Nationen. | |
Die Ozeane seien weltweit „bedroht wie nie zuvor“, sagte UN-Generalsekretär | |
António Guterres in seiner Eröffnungsrede am Montag. Die Zahl der Tonnen | |
Plastik könnte im Jahr 2050 in den Ozeanen größer sein als die Zahl der | |
Tonnen Fisch, warnte Guterres. Das werde geschehen, wenn sich am Betrieb | |
und Umgang mit den Weltmeeren nichts ändere. Er forderte Präsidenten, | |
Minister und Diplomaten von fast 200 Ländern auf, territoriale und | |
rohstoffbedingte Interessen zu überwinden. Sonst werde sich der Zustand der | |
Ozeane weiter verschlechtern. | |
Die Konferenz tagt ausgerechnet in der Woche nach dem großen Knall, mit dem | |
US-Präsident Donald Trump sein Land aus der internationalen Klimapolitik | |
verabschiedet hat. „Die Bedeutung der Ozeankonferenz nimmt seit der | |
Ankündigung des US-Präsidenten, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, | |
durchaus zu“, urteilt das Bundesumweltministerium. | |
So sollte beispielsweise die klimaregulierende Rolle der Meere klar | |
thematisiert werden. Die Themen der Konferenz sind so weit wie das Meer: | |
Vom Plastikmüll über nachhaltige Fischerei und die großen Gefahren des | |
Klimawandels gerade für die Weltmeere bis eben zum Rohstoffabbau reichen | |
sie. | |
## „Gemeinsames Erbe der Menschheit“ | |
Der häufig beschriebene „Run“ der Unternehmen auf die Erzschätze des | |
Meeresgrundes sei allerdings eher ein vorsichtiges, in die Zukunft | |
gerichtetes Interesse, sagt Ulrich Schwarz-Schampera, der den | |
Arbeitsbereich Lagerstätten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und | |
Rohstoffe (BGR) leitet. So wie die Erzreste in den Überbleibseln | |
mittelalterlichen Bergbaus stellten Kupfer, Gold, Zinn und Seltene Erden | |
der Tiefsee eine Art stille Reserve dar, sollten die Erze auf der Erde | |
tatsächlich einmal knapp werden. | |
„Immer, wenn wichtige Rohstoff-Förderländer wie China damit drohen, die | |
Versorgung einzustellen, oder wenn die Preise steigen“, so | |
Schwarz-Schampera, „dann kommt der Tiefseebergbau wieder auf die | |
Tagesordnung von Politik und Wirtschaft.“ Die Unternehmen verschicken | |
Absichtserklärungen, und die Staaten verstärken ihre Anstrengungen, ein | |
nationales Recht zum Bergbau im Meer zu schaffen. Das brauchten sie | |
nämlich, um bei der Internationalen Meeresbodenbehörde eine Lizenz zu | |
erwerben, mit der sie dann nach Manganknollen oder Massivsulfiden suchen | |
könnten, die die begehrten Metallerze enthalten. | |
Deutschland besitzt derzeit Lizenzen für zwei Gebiete im Indischen Ozean | |
und im Pazifik, genau wie China, Russland, Japan und andere Staaten, die | |
sich den Erstzugriff in anderen Gebieten gesichert haben. 2021 laufen die | |
Lizenzen aus, bis dahin müssen sich die Staaten entschieden haben, ob sie | |
tatsächlich konkrete Förderprojekte auf den Weg bringen wollen. | |
Sollten Unternehmen auf dem Grund der Tiefsee, der als „gemeinsames Erbe | |
der Menschheit“ bestimmt ist, nach Rohstoffen suchen, müssen sie einen Teil | |
der Gewinne an die Meeresbodenbehörde mit Sitz im jamaikanischen Kingston | |
abführen. Die Behörde wird das Geld dann an die Mitglieder verteilen. | |
„Es wird noch interessant werden, ob das wirklich funktioniert“, sagt Nele | |
Matz-Lück, Professorin für Seerecht an der Universität Kiel. Die Regime | |
seien zwar entwickelt, müssten aber noch nicht angewendet werden – | |
schließlich fördert bislang keine Firma Gold oder Kupfer. | |
Mit einer zentralen Behörde dem Tiefseebergbau einen rechtlichen Rahmen zu | |
geben, hält Matz-Lück für einen guten Ansatz. Überhaupt gebe es einige gute | |
gesetzliche Regelwerke für die See, etwa für Abfallmanagement von Schiffen | |
oder das Seerechtsabkommen für eine nachhaltige Fischerei. | |
## Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane | |
„Es hält sich nur leider niemand daran“, so Matz-Lück. Es gebe keine | |
zentrale Kontrollinstanz, vielen Staaten fehlten der Wille oder die | |
Mittel, um illegale Fangflotten oder Müllverklappungen zu bekämpfen. In der | |
Praxis würden noch die Regeln der „Freiheit der Schifffahrt“ aus dem 17. | |
Jahrhundert gelten. Von der Ozean-Konferenz in New York erwartet Matz-Lück | |
zwar keine konkreten Ergebnisse wie Geldzusagen oder rechtsverbindliche | |
Beschlüsse, aber immerhin: „Das Thema gelangt weltweit wieder prominent auf | |
die Tagesordnung“, sagt die Juristin, „und das ist wichtig, vor allem wenn | |
es zurück auf die Ebene der Staaten spielt.“ | |
Die UNO hatte die Konferenz auf Initiative Schwedens und der Fidschi-Inseln | |
organisiert. Im Zentrum steht die Frage, wie die [1][Nummer 14 der Ziele | |
für Nachhaltige Entwicklung] (SDG für Sustainable Development Goals) | |
umgesetzt werden kann: die Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, | |
Meere und maritimen Ressourcen. Es ist eins von 17 Zielen, auf die sich 193 | |
Staaten in der UN-Generalversammlung 2015 im Rahmen der „Agenda 2030“ | |
geeinigt haben. | |
Am Ende der Fünftagekonferenz soll laut Peter Thompson, dem Vorsitzenden | |
der UN-Generalversammlung, eine politische Erklärung, eine „Call for | |
action“, stehen. Bislang geht dem Bundesumweltministerium die aktuelle | |
Fassung des Dokuments nicht weit genug, „hier möchten wir weitere | |
Verbesserungen erreichen“, so ein Sprecher. | |
Während sich Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zur Plenardebatte | |
nach New York begibt – dort wird sie am Donnerstag sprechen –, lädt die BGR | |
nach Hannover zu einem „Umwelt- und Ressourcen-Symposium“ ein. Die dem | |
Bundeswirtschaftsministerium nachgeordnete Behörde will dort die Ergebnisse | |
ihrer Rohstofferkundung in der Tiefsee vorstellen. | |
6 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.undp.org/content/undp/en/home/sustainable-development-goals/goal… | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
Reinhard Wolff | |
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