| # taz.de -- Trumps erste Amtshandlungen: Grauen in Hülle und Füller | |
| > Mit rund 100 Dekreten bringt Donald Trump seinen Umbau der USA ins | |
| > Rollen. Was steht in den Beschlüssen – und wie stehen ihre Aussichten auf | |
| > Erfolg? | |
| Bild: Autogrammstunde beim Autokraten: Trump werden in Washingtons Capitol One … | |
| Klima: Raus aus Paris | |
| Die USA steigen aus dem Pariser Klimaabkommen aus. Das teilte US-Präsident | |
| Donald Trump den Vereinten Nationen am Montag mit, nachdem er seinen | |
| Amtseid abgelegt hatte. Wirksam wird der angekündigte Austritt im Januar | |
| 2026, weil im Abkommen eine einjährige Frist vorgeschrieben ist. | |
| Das Pariser Abkommen wurde 2016 verabschiedet. Die Vertragsstaaten | |
| verpflichten sich darin, die Erderhitzung auf unter 2 Grad und möglichst | |
| unter 1,5 Grad zu begrenzen. Schon während Trumps erster Präsidentschaft | |
| von 2017 bis 2021 waren die USA aus dem Pariser Abkommen ausgetreten. Unter | |
| Biden traten die USA sofort wieder bei. | |
| Unmittelbare Auswirkungen auf Deutschland hat der Austritt der USA nicht. | |
| Internationale Klimaverhandlungen könnten aber für die EU schwieriger | |
| werden, vermutet Ole Adolphsen, Klimadiplomatie-Experte der Stiftung | |
| Wissenschaft und Politik. Bisher habe die EU versucht, durch eine Koalition | |
| besonders ambitionierter Länder beim Klimaschutz Fortschritte zu erzielen. | |
| „Es wird schwierig, diese Taktik weiterzuführen“, sagt Adolphsen. | |
| Stattdessen würden große Staaten des Globalen Südens wie Indien und | |
| Brasilien größeren Einfluss auf die Verhandlungen haben. Ob China die | |
| US-amerikanische Lücke in der internationalen Klimadiplomatie einnehmen | |
| wird, sei bislang unklar, so Adolphsen. Tim Bosch, Experte für | |
| internationale Klimapolitik des Deutschen Zentrums für Auswärtige Politik, | |
| weist darauf hin, dass das Pariser Abkommen heute viel besser dastehe als | |
| während Trumps erster Amtszeit. „Die grüne Transformation ist viel weiter�… | |
| sagt er. | |
| Neben dem Austritt aus dem Pariser Abkommen stoppte Trump auch den | |
| US-amerikanischen Beitrag zur finanziellen Unterstützung ärmerer Länder bei | |
| Klimaschutz und -Anpassung. 2023 trugen die USA eigenen Angaben zufolge | |
| knapp 10 Milliarden US-Dollar bei, etwa doppelt so viel wie Deutschland. | |
| Die Klimaschutz-Ambitionen der USA werden unter Trump wohl ebenfalls | |
| geringer ausfallen. Tim Bosch betont aber, dass die US-Bundesstaaten | |
| erheblichen Einfluss auf den Klimaschutz haben. „Von den Demokraten | |
| regierte Staaten werden den Klimaschutz weiterhin vorantreiben.“ | |
| Der [1][New York Times zufolge] erhielt Trump von fossilen Konzernen | |
| Wahlkampfspenden in Höhe von 75 Millionen US-Dollar. | |
| Jonas Waack | |
| Migration: Soldaten an die Grenze | |
| Der Großteil von Trumps Dekreten des ersten Tages beziehen sich auf | |
| Migration und Grenzsicherung. „Alle illegalen Grenzübertritt werden sofort | |
| gestoppt und wir werden den Prozess beginnen, Millionen und Abermillionen | |
| krimineller Fremder dahin zurückzubringen, wo sie hergekommen sind“, sagte | |
| Trump in seiner Antrittsrede. Dazu erklärte er den Ausnahmezustand an der | |
| US-mexikanischen Grenze und kündigte an, Militär und Nationalgarde zu | |
| ihrer Sicherung zu schicken, erteilte der Armee zudem den Auftrag, die | |
| Grenzmauer, deren Bau die Biden-Regierung gestoppt hatte, sofort weiter zu | |
| errichten. Den Einsatz des Militärs im Landesinnern begründet Trump nicht | |
| nur damit, dass er Grenzübertritte als „ausländische Invasion“ definiert; | |
| ebenfalls per Dekret erklärt er mexikanische Drogenkartelle zu | |
| „ausländischen Terrororganisationen“ – auch die können mit dem Militär | |
| bekämpft werden. | |
| Zunächst für einen gewissen Zeitraum soll jegliche Aufnahme von | |
| Geflüchteten oder Asylbewerbern gestoppt werden, später soll die von Biden | |
| aufgegebene Politik des „Bleibt in Mexiko“ wieder aufgenommen werden, nach | |
| der Asylbewerber zwar einen Antrag stellen, die USA aber nicht betreten | |
| dürfen. Eine App, mit der Asylbewerber*innen bislang von außerhalb | |
| einen Termin für die Antragstellung vereinbaren konnten, wurde abgestellt, | |
| Termine abgesagt. | |
| Auch die Resettlement-Programme, mit denen die USA Kontingente von | |
| Geflüchteten aus bestimmten Regionen direkt im Land ansiedeln, sind | |
| zunächst gestoppt. Unmittelbar betroffen sind Tausende von afghanischen | |
| Ex-Ortskräften, die schon für die Ansiedlung in den USA ausgewählt sind. | |
| 1.600 von ihnen hatten bereits ein Flugticket – jetzt gestrichen –, | |
| Tausende andere warten in Afghanistan oder im benachbarten Pakistan darauf. | |
| Seit Tagen berichten US-Medien, die angekündigte „größte Abschiebeaktion | |
| der US-Geschichte“ werde schon in diesen Tagen mit Razzien in Chicago | |
| beginnen – nicht nur dort bereiten sich papierlose Migrant*innen, die zum | |
| Teil seit Jahrzehnten in den USA leben, arbeiten und Steuern zahlen, darauf | |
| vor. | |
| Stark umstrittener Punkt aus Trumps Dekreten: Das Recht, qua Geburt auf | |
| US-Territorium die US-Staatsbürgerschaft zu erwerben, will er abschaffen. | |
| Aber das beruht auf dem 14. Verfassungszusatz von 1866, der nicht per | |
| Dekret abgeschafft werden kann. | |
| Bernd Pickert | |
| Entwicklungshilfe: Nur bei Trump-Treue | |
| In der Entwicklungspolitik geht es schnell. „Unverzüglich“ werden „alle | |
| neuen Verpflichtungen und Auszahlungen von Entwicklungsgeldern an fremde | |
| Länder, Durchführungsorganisationen und Vertragspartner pausiert“, heißt es | |
| [2][in einem Dekret]. Vor der Wiederaufnahme werden binnen 90 Tagen alle | |
| Programme darauf überprüft, ob sie im Einklang mit der US-Außenpolitik | |
| stehen. | |
| Die „Entwicklungshilfsindustrie und -bürokratie“ der USA „steht in vielen | |
| Fällen im Gegensatz zu amerikanischen Werten“, so die Begründung. „Sie | |
| dient dazu, den Weltfrieden zu destabilisieren, indem sie in fremden | |
| Ländern Ideen fördert, die harmonischen und stabilen Beziehungen in und | |
| zwischen den Ländern direkt zuwiderlaufen“. | |
| Zukünftig müssen Auslandshilfen „in vollem Einklang mit der Außenpolitik | |
| des Präsidenten stehen“ – also nicht mit der der USA im Allgemeinen, | |
| sondern mit der Trumps im Besonderen. Diese, [3][so ein weiteres Dekret], | |
| wird „Amerika und amerikanische Bürger immer an erste Stelle setzen“. Alle | |
| Tätigkeiten des US-Außenministeriums sollen, „sobald praktikabel“, in | |
| Einklang „mit einer America-First-Politik“ gebracht werden. | |
| Die 90-Tage-Suspendierung von Hilfsgeldern betrifft in erster Linie die | |
| US-Entwicklungsagentur USAID (United States Agency for International | |
| Development), über die staatliche Entwicklungshilfe läuft. Kommentatoren | |
| sehen den humanitären und medizinischen Bereich besonders gefährdet. Für | |
| ihre Wiederaufnahme müsste wohl jeder Bezug zu LGBT-Rechten gestrichen | |
| werden. | |
| In vielen afrikanischen Ländern stößt das auf Zustimmung. Trump habe | |
| „Afrika von den satanischen Machenschaften der LGBT-Industrie befreit“, | |
| lobt Kommentator Kondwani Kondowe in Malawi. Adaeze Adeyemi in Nigeria | |
| meint: „Zum ersten Mal stimmen wir Afrikaner mit Trump überein. Die | |
| Biden-Administration hat LGBTQIIA+ als Waffe benutzt, um afrikanische | |
| Regierungen zu bestrafen. Endlich hat Gott eingegriffen.“ | |
| Trump hat auch den [4][Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation | |
| WHO] dekretiert. Dies wird als „Intention“ definiert, die in einem Jahr in | |
| Kraft tritt. Mit dem Austritt verabschieden sich die USA aus den | |
| Verhandlungen über ein internationales Pandemieabkommen, das als Lehre aus | |
| dem globalen Versagen bei Covid-19-Impfstoffen den globalen Zugang zu | |
| medizinischem Fachwissen erleichtern soll – was US-Pharmakonzerne ablehnen. | |
| Dominic Johnson, Mitarbeit: Marcus Mushonga, Harare | |
| Verwaltung: Armee von Kriechern | |
| Im Vergleich zu anderen Dekreten wirken Trumps Anordnungen zum Personal der | |
| Bundesregierung auf den ersten Blick wenig spektakulär. Ein vorübergehender | |
| Einstellungsstopp, der Zwang zur Rückkehr aus dem Homeoffice an den | |
| Arbeitsplatz und eine Lockerung des Kündigungsschutzes – na ja nun. Aber | |
| zusammen mit der Wiederherstellung der sogenannten „Schedule F“-Bestimmung | |
| aus der letzten Phase von Trumps erster Amtszeit haben diese Dekrete das | |
| Potenzial, aus einer gesetzestreuen eine Trump-loyale Verwaltung zu | |
| machen; eine autoritäre Gleichschaltung, von der Hunderttausende | |
| Regierungsmitarbeiter*innen betroffen sein könnten. | |
| Klagen über den sogenannten „Deep State“ gehören seit Jahrzehnten zum | |
| Standardrepertoire nahezu aller Verschwörungsmystiker – und seit acht | |
| Jahren auch bei Donald Trump. Auch die gesamte | |
| [5][QAnon-Conspiracy-Erzählung] baut darauf auf. Was eigentlich | |
| Mitarbeiter*innen mit Fachkenntnissen sind, die jede Verwaltung | |
| braucht, um unabhängig von Regierungswechseln reibungslos funktionieren zu | |
| können, sind für Verbreiter*innen der „Deep State“-Erzählung | |
| Beharrungskräfte der alten Eliten, die jede Veränderung unmöglich machen. | |
| In der Sprache von Trumps am Montag unterzeichneten Dekret heißt es dann: | |
| „Es gibt viele gut dokumentierte Fälle von Karrierebeamten, die sich den | |
| Politiken und Anordnungen der Führung der Exekutive widersetzen und sie | |
| untergraben.“ | |
| Deshalb, so ist es auch im „Project 2025“ formuliert, jener von der | |
| konservativen Heritage Foundation kuratierten Blaupause für eine zweite | |
| Trump-Regierung, sollen statt den üblichen rund 4.000 politisch führenden | |
| Mitarbeiter*innen nunmehr Zehntausende ausgetauscht werden können. | |
| Dazu erhält die Trump-Regierung das Recht, die Einstufung der | |
| Mitarbeiter*innen willkürlich zu ändern, so dass sie genauso wenig vor | |
| politisch motivierter Kündigung geschützt sind wie jene 4.000. Genau das | |
| ist Schedule F. | |
| Dieser Schritt, sagt Everett Kelley, Chef der American Federation of | |
| Government Employees, die 750.000 Bundesangestellte vertritt, der | |
| Washington Post, würde eine „Armee von Kriechern hervorbringen, die nur | |
| Trump gegenüber loyal sind, nicht aber gegenüber der Verfassung oder dem | |
| amerikanischen Volk.“ Trump hatte Schedule F schon zum Ende seiner ersten | |
| Amtszeit eingeführt, es war aber nicht mehr zur Umsetzung gekommen. Biden | |
| hatte es wieder aufgehoben. | |
| Bernd Pickert | |
| 21 Jan 2025 | |
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| [1] https://www.nytimes.com/2024/11/01/climate/oil-gas-donations-trump.html | |
| [2] https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/reevaluating-and-re… | |
| [3] https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/america-first-polic… | |
| [4] https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/withdrawing-the-uni… | |
| [5] /Trump-und-rechte-QAnon-Bewegung/!5702928 | |
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