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# taz.de -- Trump verbietet Worte: Buchstäblich ungerecht
> In den USA findet eine systematische Ausradierung von Stimmen statt, die
> dem weißen, männlichen Gesellschaftsnarrativ widersprechen.
Bild: Der in elf Meter großen Buchstaben verfasste Schriftzug „Black Lives M…
Die fetten Jahre sind vorbei, in den USA herrscht nun Maga-Sucht. Denn die
Umsetzung des Mantras „Make America Great Again“ lässt Abermillionen
Menschen in den Vereinigten Staaten den Gürtel enger schnallen. Der zum
Wundermittel aufgebauschte Wahlspruch entpuppt sich als Armutszeugnis,
hinter ihm verbirgt sich eine knallharte Austeritätspolitik, die nun, mehr
als je zuvor, eine systematische Umverteilung des Wohlstands von unten nach
oben fördert.
Doch nicht nur Programme und Mittel werden gestrichen, sondern auch Wörter.
Selbst der in elf Meter großen Buchstaben verfasste Schriftzug „Black Lives
Matter Plaza“ in Washington wird gerade entfernt. Es klingt wie ein
Orwell'scher Albtraum, ist aber Realität. In den USA vollzieht sich eine
sprachliche Säuberung.
Sie erfolgt auf Anordnung von Donald Trump, der mit einem Fingerschnipser
den Golf von Mexiko in den Golf von Amerika verwandeln kann. Wie [1][die
New York Times recherchiert hat], wurden seit Trumps Amtsantritt mehr als
200 Begriffe aus dem Vokabular der Bundesbehörden verbannt. Dazu zählen die
englischen Wörter für „Klimawandel“, „Rassismus“, „Vielfalt“ und …
„Frau“. Die Begründung? Man wolle dazu beitragen, eine neutralere und
unvoreingenommene Kommunikation auf amtlicher Ebene zu gewährleisten.
Offiziell handelte es sich dabei nicht um ein juristisches Verbot. Durch
die Androhung von Budgetkürzungen etabliert sich jedoch eine Atmosphäre der
Angst und Selbstzensur. Dieser Stil der Machtausübung, andere Menschen in
Unsicherheit und Ergebenheit zu stürzen, ist nicht nur das Markenzeichen
von Donald Trump. Er entspricht auch dem von der Heritage Foundation
[2][entworfenen Project 2025]. Enge Verbindungen dazu hat ebenfalls
US-Vizepräsident J. D. Vance, der übrigens auch als Experte für gewaltfreie
Kommunikation und ukrainische Herrenmode in Erscheinung tritt.
Sogar die Art und Weise, mit der Elon Musk etlichen Bundesbehörden den
Geldhahn zudreht, entspricht penibel dem Drehbuch der erzkonservativen
Denkfabrik. Es ist übrigens Musk, der im Podcast von Joe Rogan beteuerte:
[3][„Die grundlegende Schwäche der westlichen Zivilisation ist Empathie.“]
Trump, Vance, Musk – allesamt weiße Alphamännchen. Gerade diese
Konstellation verdeutlicht, was an der sprachlichen Säuberung so
beunruhigend ist: Sie verkörpert [4][die Angst der maskulinen, weißen
Dominanzgesellschaft davor, ihre Privilegien zu verlieren]. Im Angesicht
des demografischen Wandels setzt das Patriarchat lieber auf Demagogie als
auf Diversity, um seine bröckelnde Hierarchie weiterhin aufrechtzuerhalten.
So werden marginalisierte Menschen de facto mundtot gemacht. Ihre
Geschichten und ihre Kämpfe über Jahrhunderte hinweg, ihre Bedürfnisse,
ihre schiere Existenz – alles soll aus dem öffentlichen Bewusstsein getilgt
werden. Eine subtile, jedoch sinistere Art der Ausgrenzung, die ganze
Bevölkerungsgruppen in die Unsichtbarkeit zwingt. Ethnische Minderheiten,
alleinerziehende Mütter, kinderlose Frauen, Queere jeglicher Couleur,
Menschen mit seelischer Erkrankung oder körperlicher Behinderung und viele
mehr.
Neulich wurde sogar das Erbe der stolzen Tuskegee Airmen kurzzeitig aus dem
militärhistorischen Unterricht gestrichen. Schwarze US-Kampfpiloten, die
herausragende Einsätze gegen Hitlers Luftwaffe flogen – einfach gelöscht.
Mein afroamerikanischer Vater diente unter Beschuss im Zweiten Weltkrieg
als Angehöriger der US Air Force, und auch ich bin US-Militärveteranin. So
stieß mir diese Streichung besonders übel auf.
Mittlerweile machte Trump dort eine Kehrtwendung und suggerierte, jemand
habe aus vorauseilendem Gehorsam gehandelt. Wie dem auch sei, ein
gefährlicher Geschichtsrevisionismus ist längst im Gange.
Bereits 2021 in Southlake, Texas, regte eine Schulbezirksleiterin an,
Bücher über den Holocaust mit Büchern „auszubalancieren“, die die Schoah
leugnen. Aktuell in Florida verharmlosen Schulbücher die Sklaverei, indem
sie die Versklavten als Schwarze Immigranten bezeichnen. Beide
Bundesstaaten sind seit mehr als zwei Jahrzehnten in republikanischer Hand,
und zwar mit starker rechtsnational-evangelikaler Prägung.
Indem das weiße Patriarchat krampfhaft versucht, seine Deutung der
Wirklichkeit zu verteidigen, bestätigt es genau die Kritik, die es so
vehement zurückweist: die Kritik an seiner exklusiven und unterdrückenden
Natur.
15 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.nytimes.com/interactive/2025/03/07/us/trump-federal-agencies-we…
[2] /Project-2025-Manifest-in-den-USA/!6043014
[3] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/warum-elon-musk-so-viel-ang…
[4] /USA-nach-Trump-Wiederwahl/!6054178
## AUTOREN
Michaela Dudley
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