# taz.de -- Tag der Befreiung: Man trifft sich in Berlin | |
> Kriegsgegner und Putinisten treffen am Sonntag und Montag in Berlin | |
> aufeinander. Zentrale Anlaufstelle sind die sowjetischen Ehrenmäler der | |
> Stadt. | |
Bild: Prorussische Fahnenschwenkerin am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow… | |
BERLIN taz | Eine Gedenkveranstaltung der Berliner Landesregierung für das | |
Ende des Zweiten Weltkrieges wird es in diesem Jahr nicht geben. Auch keine | |
öffentliche Kranzniederlegung. Die Senatsmitglieder werden vielmehr „still | |
und nichtöffentlich“ des Kriegsendes gedenken, sagt Berlins Regierende | |
Bürgermeisterin [1][Franziska Giffey] (SPD) der dpa. „Die Lage ist sehr | |
bedrückend, und dem muss ein solches Gedenken auch gerecht werden.“ Sie | |
will eine Provokation vermeiden, „die missverstanden werden könnte“. | |
Auch die Berliner Linke, die sich vor zwei Jahren noch dafür starkgemacht | |
hat, den 8. Mai zu einem [2][Feiertag zu erklären], will in diesem Jahr | |
„still gedenken, erinnern und mahnen“. „Wir werden uns an allen | |
Veranstaltungen, die den Krieg Russlands gegen die Ukraine legitimieren | |
wollen, nicht beteiligen.“ | |
Aber auch ohne die offizielle Politik werden am 8. und 9. Mai zahlreiche | |
Veranstaltungen mit Bezug zum Tag der Befreiung 1945 sowie zum Ukrainekrieg | |
stattfinden. Laut Polizei gibt es 51 Anmeldungen, viele darunter von | |
russischen Initiativen und Einzelpersonen. Am Sonntag und Montag werden | |
exilrussische Gruppen das Ehrenmal im Tiergarten ganztägig mit Musik, | |
Videoinstallationen und Kundgebungsbeiträgen bespielen. Am Sonntagmittag | |
will dort die Botschaft der Ukraine Kränze niederlegen. Unter dem Motto | |
„Nein zum Krieg in der Ukraine“ führt am Sonntag eine Demonstration vom | |
Brandenburger Tor aus durch das Regierungsviertel. | |
Am 9. Mai, der in Russland als [3][Tag des Sieges] begangen wird, soll die | |
angebliche „Entnazifizierung“ der Ukraine [4][in eine Reihe mit dem Sieg | |
über den deutschen Faschismus 1945] gestellt werden. Vom Roten Platz in | |
Moskau abgesehen eignen sich dafür die Sowjetischen Ehrenmale in Berlin am | |
besten. Von hier sollen Bilder nach Moskau gesendet werden, die von | |
russischem Heldentum erzählen – oder auch von der Unterdrückung | |
russischsprachiger Menschen in Berlin. | |
Für die Mittagsstunden ist im Tiergarten ein | |
„[5][Rotarmisten-Gedächtnis-Aufzug] zum Gedenken an die gefallenen | |
sowjetischen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs“ mit 1.300 Teilnehmern | |
angemeldet. Im russischsprachigen Internet wird er beworben als | |
Veranstaltung des „unsterblichen Regiments“. Das ist eine NGO, die sich | |
einmal gründete, um der gefallenen Rotarmisten zu gedenken, die aber seit | |
2015 von Putin massiv politisch vereinnahmt wird und bereits in den | |
Vorjahren an den Ehrenmalen russische Fahnen schwang. | |
Die Putinisten haben sich auch in Telegram-Gruppen verabredet, um ohne | |
Anmeldung Blumen und Kränze niederzulegen. Bereits ab 9.30 Uhr haben sich | |
Putins Berliner Vasallen mit einem Autocorso am Ehrenmal am Treptower Park | |
verabredet. Um 11 Uhr soll es dann im Tiergarten weitergehen. Ab 14 Uhr | |
folgen Putins Anhänger aus anderen deutschen Städten, die mit Autocorsos | |
oder als Bikerformationen in die Hauptstadt fahren. | |
Die Verabredung in der Bikergruppe Bratskaja Motopomoschtsch (brüderliche | |
Bikerhilfe) erinnert dabei in ihrer Ästhetik und ihrem Regelwerk fatal an | |
die Nachtwölfe, den nationalistischen russischen Rockerclub. Es scheint | |
auch personelle Überschneidungen zu geben. | |
Niklas Schrader, Mitglied der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, weiß von | |
dem Gerücht, dass auch die Nachtwölfe nach Berlin kommen, die Innenbehörde | |
halte sich aber bedeckt. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sprach von | |
einer „sehr sensiblen Gefährdungslage“. Auf einer Senatssitzung sagte sie: | |
„Jede Darstellung oder Billigung des russischen Angriffskriegs wird | |
unterbunden und strafrechtlich verfolgt werden.“ | |
Etwaige Kriegspropaganda sowie gewalttätige Auseinandersetzungen will die | |
Berliner Polizei mit harten Auflagen verhindern. Die Auflagenliste war zu | |
Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Durchgesickert ist: Es gibt an | |
zahlreichen Orten Berlins ein generelles Flaggenverbot, selbst das Zeigen | |
der ukrainischen Flagge bei Solidaritätsveranstaltungen für die Ukraine ist | |
untersagt. | |
Verboten seien weiterhin das Zeigen von Uniformen, Uniformteilen und | |
militärischen Abzeichen mit einer Ausnahme für Weltkriegsveteranen. Das | |
beträfe auch das Georgsband, eine militärische Auszeichnung aus dem | |
Zarenreich, an dem sich Putinanhänger untereinander erkennen. Auch Karten, | |
in denen die sogenannten Volksrepubliken als nicht zur Ukraine gehörig | |
gezeigt werden, sind untersagt. Autocorsos soll das Hupen verboten werden, | |
Marschmusik darf nicht gespielt werden. | |
Im April hatte das Berliner Verwaltungsgericht Einschränkungen für einen | |
[6][prorussische Autocorso] für zulässig erklärt. Ein Meer russischer | |
Fahnen und Symbole könne als Unterstützung des russischen Kriegs in der | |
Ukraine wahrgenommen werden und den inneren Frieden gefährden, schrieben | |
die Richter. Dass nunmehr generell Fahnen verboten werden sollen, hat | |
vermutlich den Zweck, die Verordnung gerichtsfest zu machen. | |
7 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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