# taz.de -- Stolperstart der schwarz-roten Koalition: Eine links-grüne Blockad… | |
> Die Merz-Regierung wird weiter auf Grüne und Linke angewiesen sein. Sie | |
> müssen die Chance strategisch nutzen, ohne sich erpressen zu lassen. | |
Bild: Auf Grüne und Linke angewiesen: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, re.) … | |
Die neue schwarz-rote Koalition hat ein großes Interesse daran, ihren | |
verstolperten Start der Kanzlerwahl vergessen zu machen. Doch der Gefallen, | |
den Grüne und Linke Friedrich Merz, seiner Union und der SPD getan haben, | |
war dafür viel zu bemerkenswert: Indem die beiden kleinen | |
Oppositionsfraktionen [1][einen zweiten Wahlgang am selben Tag] | |
ermöglichten, haben sie eine grauenvolle Blamage verhindert und dafür | |
gesorgt, dass Merz seine symbolträchtigen Reisen nach Paris und Warschau | |
antreten konnte. | |
Damit könnte der Ton für ein Leitmotiv der Legislaturperiode gesetzt worden | |
sein. Schon die Aufweichung der Schuldenbremse Mitte März funktionierte nur | |
dank der Grünen. Nun brauchten Union und SPD für das Prozedere des | |
Kanzlerwahltags auch noch die Stimmen der Linksfraktion. CDU und CSU haben | |
damit endlich ihr albernes [2][Kooperationsverbot mit der Linkspartei | |
abgeräumt]. Und: Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die | |
kleine Koalition auf Grüne und Linke angewiesen ist, damit die AfD außen | |
vor bleibt. Ja, diese wird das für ihre Wir-gegen-alle-anderen-Erzählung | |
nutzen. Ebendas ist das Dilemma, in das die Rechtsextremen die | |
Demokrat*innen weltweit gestürzt haben. | |
Grüne und insbesondere die Linke lassen sich damit auf eine Form der | |
Zusammenarbeit ein, die sich anfühlen wird wie das eher von der | |
Sozialdemokratie sattsam bekannte, zähneknirschende Mitmachen um des großen | |
Ganzen willen. Das spiegelt einen unter außerparlamentarischen Linken | |
weitverbreiteten und zugleich widersprüchlichen Impuls: Als am Dienstag | |
zunächst unklar blieb, wie es nach dem verpatzten ersten Wahlgang | |
weitergehen würde, waren viele von sich selbst verblüfft – denn statt | |
Schadenfreude verspürten sie eher Entsetzen darüber, dass die neue | |
Koalition einen Fehlstart hingelegt hatte. | |
Jetzt muss man diesem Kanzler und seinen Leuten, die jüngst mangels eigener | |
Ideen vor allem gegen links und grün gepöbelt haben, auch noch einen | |
reibungslosen Geschäftsbetrieb wünschen? Diesen Leuten, die stets behauptet | |
hatten, Ordnung und Disziplin für sich gepachtet zu haben – und nun bei den | |
simpelsten Beschlüssen ihre Truppen nicht beisammenhaben? | |
## Es braucht alle Demokrat*innen | |
Doch genau so sieht es aus. [3][Merz, Klingbeil und ihr Hühnerhaufen] | |
brauchen Hilfestellung aus dem linken Spektrum, um das Chaos zu vermeiden, | |
das aktuell nur der AfD nützt. Dabei geht es nicht nur um | |
Geschäftsordnungen. Grüne und Linke sollten sich jedoch nicht erpressen | |
lassen – so, wie es sich in der Rhetorik des neuen Unionsfraktionschefs | |
Jens Spahn andeutet, Motto: Macht ihr nicht mit, müssen wir halt mit der | |
AfD arbeiten. | |
Denn die Geschichte funktioniert natürlich nur andersherum: Wenn diese | |
Koalition den Aufstieg des nächsten Faschismus bekämpfen will, braucht sie | |
dafür alle Demokrat*innen – linke, grüne, andere. Und die können dafür | |
auch Forderungen stellen, vernünftige Forderungen: für Klimaschutz, für | |
sozialen Schutz, für demokratischen Zusammenhalt – zum Beispiel. | |
9 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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