# taz.de -- Nach der Bundeskanzlerwahl: Beschluss zur Unvereinbarkeit weicht auf | |
> Die Kanzlerwahl zeigte eine erste Annäherung der Union an die Linke. | |
> Thorsten Frei (CDU) plädiert für eine Neubewertung, Fraktionschef Spahn | |
> bremst. | |
Bild: Huch, nur nicht zu nah kommen! Jens Spahn (CDU) und Alexander Dobrindt (C… | |
Berlin taz/AFP | Nicht nur das Scheitern von [1][Friedrich Merz] im ersten | |
Wahlgang bei der Kanzlerwahl am Dienstag war historisch – auch die | |
Tatsache, dass die Union für die kurzfristige Wiederholung der Abstimmung | |
mit der Linkspartei kooperierte, markierte einen Bruch mit ihrer bisherigen | |
Linie. Das Vorgehen löst nun eine Debatte über den künftigen Umgang mit der | |
Linken aus. | |
Um mit Zustimmung der demokratischen Parteien einen [2][zweiten Wahlgang] | |
noch am selben Tag zu beschließen, war die CDU auf die Stimmen der | |
Linkspartei angewiesen. Damit wurde der sogenannte | |
Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU faktisch aufgeweicht – jener | |
Parteitagsbeschluss von 2018, der jegliche Zusammenarbeit mit der | |
Linkspartei ausschließt. Dort heißt es wörtlich, es dürfe „keine | |
Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ geben. | |
Kommt nun also die Kurskorrektur der Union? Kanzleramtsminister Thorsten | |
Frei (CDU) zeigte sich am Mittwoch in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“ offen | |
für eine Überprüfung des Beschlusses. „Wir werden darüber sprechen müsse… | |
sagte er. Zwar könne man einen Parteitagsbeschluss nicht einfach aufheben, | |
doch es sei an der Zeit, manche Position neu zu bewerten. | |
Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt äußerte sich in diese Richtung: | |
Bei ntv erklärte er, in der aktuellen Situation sei es richtig gewesen, den | |
Kontakt zur Linkspartei zu suchen. Dort, wo es künftig | |
Zweidrittelmehrheiten brauche, werde man das auch wieder tun. | |
Ganz anders klingt es nun aber vonseiten des Unions-Fraktionschefs Jens | |
Spahn (CDU). Gegenüber dem [3][RedaktionsNetzwerk Deutschland] bekräftigte | |
er am Mittwochmittag, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss auch in Zukunft | |
noch gelte. Bei der Kanzlerwahl sei es „um einen geschäftsmäßigen Antrag | |
zur Tagesordnung“ gegangen. „Das verstößt weder gegen den | |
Unvereinbarkeitsbeschluss noch hebt es ihn auf.“ | |
## Linke ist offen für Annäherung | |
Die Zweidrittelmehrheit hätte die neue Koalition rein rechnerisch auch mit | |
der AfD erreichen können. Die vom Verfassungsschutz als [4][gesichert | |
rechtsextrem] eingestufte Partei hatte früh signalisiert, der Änderung des | |
Zeitplans auf Bitte von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner zuzustimmen. | |
Doch um nicht auf AfD-Stimmen angewiesen zu sein, war die Spitze der | |
Unionsfraktion gezwungen, sich nach links zu wenden. | |
Aufseiten der Linken wird diese Entwicklung begrüßt. | |
Co-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek sagt auf Anfrage der taz, der | |
Unvereinbarkeitsbeschluss der Union sei ohnehin immer unangebracht gewesen, | |
nun sei er für sie auch nicht mehr praktikabel. „Wenn es um konkrete | |
Verbesserungen für den Alltag der Menschen geht, haben wir schon immer | |
gesagt, dass wir zu konstruktiven Gesprächen mit allen demokratischen | |
Fraktionen bereit sind – so auch mit der Merz-Regierung.“ | |
Die Union werde „ihre ideologischen Scheuklappen ablegen müssen.“ Dem neuen | |
Kanzler dürfe klar sein, dass er in einigen Fragen nicht an einer | |
Zusammenarbeit mit der Linken vorbeikommen werde. „Wir sind zu Gesprächen | |
auf Augenhöhe bereit, wenn es um reelle Veränderungen im Sinne der Mehrheit | |
geht, etwa bei der Reform oder besser noch Abschaffung der Schuldenbremse, | |
aber auch bei Wahlen für Richter:innen am Bundesverfassungsgericht.“ | |
7 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Friedrich-Merz-Kanzlerwahl/!6083359 | |
[2] /Kanzlerwahl-von-Friedrich-Merz/!6086558 | |
[3] https://www.rnd.de/politik/spahn-betont-cdu-unvereinbarkeitsbeschluss-zur-l… | |
[4] /Einstufung-als-gesichert-rechtsextrem/!6083525 | |
## AUTOREN | |
Kai Vogt | |
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