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# taz.de -- Problemfall AfD-Beamtinnen und Beamte: Sag mir, wo die Staatsfeinde…
> Können Mitglieder der vielleicht bald auch offiziell „gesichert
> rechtsextremen“ AfD noch als Lehrkräfte arbeiten? Länder wollen
> Konsequenzen prüfen.
Bild: AfD macht blöd: Proteste auf der „Didacta“ in Stuttgart, Februar 2025
Berlintaz | Für den Fall einer endgültigen Einstufung der AfD als
„gesichert rechtsextremistisch“ fordern Lehrerverbände und Gewerkschaften
Konsequenzen für Parteimitglieder im Staatsdienst: „Nach dem Gutachten des
Verfassungsschutzes kann es nicht einfach so weitergehen“, sagt
Lehrerverbandschef Stefan Düll der taz. Bund und Länder müssten nun für den
gesamten öffentlichen Dienst prüfen, wie sie mit entsprechenden Beamtinnen
und Beamten umgingen.
Das gelte im besonderen Maße auch für Lehrkräfte, die einen staatlichen
Bildungsauftrag erfüllen sollen: „Wenn wir die Arbeit des
Verfassungsschutzes ernst nehmen, gehört die AfD auf die Liste
extremistischer Organisationen, die Referendaren vor der Vereidigung
vorgelegt wird“, meint Düll. In Bayern, wo Düll Schulleiter ist, sind
[1][das rund 180 Organisationen]. Eine Mitgliedschaft löst eine
Eignungsprüfung durch den Verfassungsschutz aus. Auch bereits beschäftigte
Lehrkräfte müssten gegebenenfalls neu auf ihre Verfassungstreue hin geprüft
werden, so Düll.
Ähnlich äußert sich auch Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der
Bildungsgewerkschaft GEW. „Die Politik muss nun dringend handeln, um den
Schulen Klarheit im Umgang mit der AfD zu verschaffen“, sagte
Bensinger-Stolze der taz. Aus ihrer Sicht ist es nach der Neubewertung des
Verfassungsschutzes kaum vorstellbar, dass ein Mitglied einer als
„gesichert rechtsextremen“ Partei als Lehrkraft ihrem demokratischen
Bildungsauftrag nachkommen könne.
Ein pauschales Berufsverbot für AfD-Mitglieder hält Bensinger-Stolze aber
für „schwierig“, erst recht solange die Partei nicht verboten sei. Jeder
Einzelfall müsse geprüft werden. Dazu bedarf es aus ihrer Sicht eines
systematischen Beschwerde- und Meldeverfahrens, das Schüler:innen und
Lehrkräfte nutzen können, um Schulverwaltungen auf menschenverachtende oder
demokratiefeindliche Äußerungen und Inhalte oder ein solches Verhalten
hinzuweisen.
## Ist AfD-Mitgliedschaft und Beamtentätigkeit vereinbar?
Welche Konsequenzen Bund und Länder aus der Neubewertung des
Verfassungsschutzes ziehen, ist noch unklar. Der [2][Weg eines möglichen
Parteiverbots] – das AfD-Mitglieder im Staatsdienst vor ernsthafte Probleme
stellen würde – hat aktuell keine politische Mehrheiten. Zunächst wird es
wohl auch keine automatischen Folgen für Beamt:innen haben, die sich in
oder für die AfD engagieren.
Das jedenfalls haben diese Woche der neue Bundesinnenminister Alexander
Dobrindt (CSU) [3][sowie mehrere Innenminister:innen der Länder
klargestellt]. Auf der Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven wollen
sie sich auf einen gemeinsamen Umgang zu dieser Frage verständigen.
Aktuell prüfen nach Informationen der taz mehrere Länder, ob eine
AfD-Mitgliedschaft noch mit einer Beamtentätigkeit vereinbar ist, darunter
Bayern, Hessen, Thüringen und Hamburg. Ein Blick nach Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen, wo die AfD bereits länger als gesichert
rechtsextremistisch geführt wird, zeigt aber, dass sich vielleicht nicht
viel ändert. Eine automatische Eignungsprüfung von AfD-Mitgliedern findet
auch dort nicht statt.
Auch die Bildungsministerien halten pauschale Konsequenzen für
AfD-Mitglieder im Schuldienst für den falschen Weg, wie eine Umfrage der
taz unter den Ländern zeigt. So heißt es beispielsweise aus dem
SPD-geführten Bremer Bildungssenat: „Die Berufsverbote der 70er Jahre haben
alle gelehrt, dass man nicht vorschnell handeln darf.“ [4][Damals wurden
schätzungsweise zwischen 1.200 und 2.500 Personen wegen ihrer
Mitgliedschaft vor allem in als linksextremistisch eingeschätzten
Organisationen und Parteien wie der DKP, der SEW oder des KBW vom
Staatsdienst ausgeschlossen]. Insgesamt gab es zwischen 1972 und 1985 rund
3,5 Millionen Regelanfragen.
## Kein Erlass
Auch Niedersachsens Bildungsministerin Julia Hamburg (Grüne) warnt vor
einem „neuen Radikalenerlass“. Selbst eine pauschale Beobachtung oder
Überprüfung von Mitgliedern der AfD schließt ihr Ministerium aus, „weil die
Parteimitgliedschaft von Beamtinnen und Beamten nicht erhoben oder erfasst
wird“.
Tatsächlich ist den Bildungsministerien nicht bekannt, wie viele der nach
Angaben der AfD rund 60.000 Parteimitglieder als Lehrkräfte an einer Schule
arbeiten. Das bedeutet: Solange eine Lehrkraft nicht im Unterricht oder
öffentlich durch verfassungsfeindliche Äußerungen auffällt, ist sie auch
mit AfD-Parteibuch vor Disziplinarmaßnahmen ziemlich sicher.
Selbst bei prominenten Fällen wie dem in Hessen verbeamteten
AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, der offiziell „Faschist“ genannt werden dar…
ist eine Entfernung aus dem Staatsdienst kompliziert. Der Grund: Hessen
nimmt an, dass Höckes beamtenrechtliche Treuepflichten während seine
Abgeordnetenmandats ruhen – somit können keine Dienstvergehen vorliegen. Ob
die gesetzlichen Regelungen möglicherweise nun angepasst werden, ist offen.
Das CDU-geführte Bildungsministerium teilte auf Anfrage aber mit, dass
Höcke unter bestimmten Voraussetzungen schon jetzt seinen Beamtenstatus
verlieren könne. Zum Beispiel, wenn er rechtskräftig wegen Volksverhetzung
und/oder des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und
terroristischer Organisationen zu mindestens sechs Monate Haft verurteilt
würde. Das Beispiel zeigt, wie hoch die Hürden für Disziplinarmaßnahmen
sind, selbst wenn es wenig Zweifel an verfassungsfeindlichen Positionen
gibt.
Anja Bensinger-Stolze von der GEW erkennt noch ein weiteres Problem. In
vielen Lehrerzimmern, in denen die Mehrheit sich klar für eine offene
Gesellschaft und gegen menschenfeindliche Positionen ausspricht, würden
sich AfD-Sympathisant:innen mit ihrer Meinung zurückhalten. Das sei aber
nicht überall so. Aus den GEW-Landesverbänden höre sie, dass dort, wo die
AfD hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung habe, AfD-Positionen teils
auch im Kollegium weniger kritisch gesehen würden.
## Angefeindet
Wozu dies im Extremfall führen kann, habe man im brandenburgischen Burg
gesehen, so Bensinger-Stolze. Dort hatten zwei Lehrkräfte 2023 in einem
Brandbrief öffentlich gemacht, dass rechtsextreme Vorfälle wie Hitlergrüße
von Schülern ignoriert oder herunterspielt würden. Letztlich verließen die
beiden Lehrkräfte die Schule – auch weil sie im Ort für den Brandbrief
angefeindet worden sind. Jüngst wurden nach Medienberichten auch im
sachsen-anhaltischen Altmarkkreis Lehrkräfte massiv unter Druck gesetzt,
weil sie sich für eine offene Gesellschaft einsetzen.
„In solchen Fällen ist es wichtig, dass Lehrkräfte Anlaufstellen haben und
das Ministerium handelt, interveniert und deutlich macht, dass
rechtsextremes, diskriminierendes und antidemokratisches Verhalten nicht
toleriert wird“, so Bensinger-Stolze.
Neben der Frage, was juristisch möglich ist, sollte sich aber auch die
Frage stellen, was für Schüler:innen zumutbar ist. Jede:r Dritte hat
heute eine Einwanderungsgeschichte. Den Ministerien muss klar sein: Eine
Lehrkraft, die genau diese Kinder und Jugendlichen „remigrieren“ möchte,
sollte nicht verantwortlich für deren weitere schulische Laufbahn sein.
8 May 2025
## LINKS
[1] https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVV_2030_3_F_111/true#:~:t…
[2] /Bundesverfassungsschutz-zu-AfD/!6081542
[3] /Sachsens-Innenminister-zu-AfD-Einstufung/!6086507
[4] /Die-Feinde-der-Demokratie/!5786673/
## AUTOREN
Ralf Pauli
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