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# taz.de -- Bundesverfassungsschutz zu AfD: Keine Partei wie jede andere
> Der Bundesverfassungsschutz stuft die AfD auf Bundesebene als gesichert
> rechtsextremistisch ein. Kommt nun das Verbot der Partei?
Bild: Sitzung des Bundestags Ende Januar zum Zustrombegrenzungsgesetz: Ändert …
Berlin taz | Was [1][Beobachter*innen der AfD] längst wussten, ist nun
amtlich: Am Freitag erklärte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), es
stufe die Partei ab sofort „aufgrund der die Menschenwürde missachtenden,
extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische
Bestrebung ein“.
Nach taz-Informationen legte das Bundesamt für Verfassungsschutz das
Gutachten, rund 1.100 Seiten stark, am Montag final dem
Bundesinnenministerium von Nancy Faeser vor. Die Sozialdemokratin soll
danach keinerlei Änderungen vorgenommen haben – auch um keinen Eindruck
einer politischen Einflussnahme zu erwecken. Bei ihrem CSU-Vorgänger Horst
Seehofer war das noch anders: Er hatte den ersten Entwurf des Gutachtens
zur damaligen Einstufung der AfD als Verdachtsfall abschwächen lassen.
CSU-nahe Äußerungen ließ er entfernen, etwa, dass der Islam nicht zu
Deutschland gehöre.
Für Faeser ist die Hochstufung die wohl letzte Amtshandlung, bevor
Neu-Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) übernimmt. Nach
taz-Informationen soll die Sozialdemokratin den CSU-Mann vorab über ihren
Schritt informiert haben, ebenso wie Kanzler in spe Friedrich Merz und
Noch-Kanzler Olaf Scholz. Faeser nimmt Merz und Dobrindt damit einerseits
[2][die Entscheidung über die AfD-Einstufung] aus der Hand. Andererseits
übernimmt sie nun noch die rechtliche Verantwortung für die Einstufung.
Denn dass die AfD klagen wird, ist klar – sie tat es bisher bei fast jedem
Schritt des Verfassungsschutz.
Das Gutachten enthält nach taz-Informationen noch alle AfD-Aktivitäten bis
hin zur Konstituierung der neuen Bundestagsfraktion, in der sich erneut
etliche [3][Parteiradikale wie Maximilian Krah] oder [4][Matthias
Helferich] befinden. Berücksichtigt sind auch noch die Wahlkämpfe der
Partei für den Bundestag und die Landtage in Sachsen, Thüringen und
Brandenburg. Das Gutachten führt vor allem völkische, rassistische und
muslimfeindliche Aussagen der Partei an, die bis hoch in der Parteispitze
vertreten werden.
## Zahlreiche Beispiele als Belege
Zitiert wird etwa AfD-Chefin Alice Weidel, die Migranten pauschal
„Messerkriminalität“ vorwarf und von „Menschen aus kulturfremden Kontext,
aus gewaltbereiten Kulturen“ sprach. Die Partei spreche von „Umvolkung“ u…
einer „Deutschlandzerstörung“, indem das „Wahlvolk ausgetauscht“ werde…
ein rechtsextremer Mythos. Das Gutachten wirft der AfD vor, immer wieder
„Fremdenfeindlichkeit“ anzuheizen. So veröffentlichte die Partei eine
„Karte des Schreckens“, wie „überfremdet“ Deutschland angeblich bereits
sei.
Der Bundesvorstand schrieb, „halb Afrika darf widerstandslos über die
deutsche Grenze spazieren und sich unser Land als Beute nehmen“. Angeführt
werden auch die Forderungen nach einer „Remigration“ und „umfassenden
Abschiebekultur“ aus den jüngsten Wahlkämpfen sowie muslimfeindliche
Stimmen in der Partei, die etwa vor einem drohenden „Kalifat Deutschland“
warnen.
Allen voran Weidel sprach martialisch von einem „Dschihad“, es werde ein
„Glaubenskrieg gegen die deutsche Bevölkerung bereits geführt“. Als
Aussagen gegen das Demokratieprinzip wertet der Verfassungsschutz
AfD-Attacken gegen die „Altparteien“, welche als die wahren
„Verfassungsfeinde“ deklariert würden. Oder Aussprüche von AfD-Chef Tino
Chrupalla, der CDU- und Grünenpolitiker*innen als „Vasallen
Amerikas“ schmähte und erklärte, Deutschland sei „nicht souverän“.
Es sei eine „äußerst sorgfältige gutachterliche Prüfung“ erfolgt, erkl�…
die Verfassungsschutz-Vizepräsident*innen Sinan Selen und Silke Willems am
Freitag. Maßgeblich sei dabei das „die AfD prägende
ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis, das ganze Bevölkerungsgruppen
in Deutschland abwertet und in ihrer Menschenwürde verletzt“.
## „Keinerlei politischen Einfluss auf das Gutachten“
Das neue Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD hätte eigentlich schon
Ende letzten Jahres fertig werden sollen. Doch trotz voranschreitender
Radikalisierung der AfD und obwohl viele Expert*innen die Hochstufung
vom Verdachtsfall zur gesichert rechtsextremen Bestrebung erwarteten, ließ
diese auf sich warten. Ein Grund war die vorgezogene Bundestagswahl. Dazu
kam, dass der Posten des Verfassungsschutzchefs vakant ist, weil der
bisherige Behördenleiter Thomas Haldenwang für die CDU in den Bundestag
wollte.
Die neue Bewertung der AfD als gesichert rechtsextrem sei „klar und
eindeutig“, erklärte Innenministerin Faeser am Freitag. Die Partei verfolge
„erwiesenermaßen Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische
Grundordnung“. Es habe „keinerlei politischen Einfluss auf das neue
Gutachten gegeben“. Sie gehe davon aus, dass die Einstufung so wie zuvor
schon die zum rechtsextremen Verdachtsfall juristisch überprüft werde.
Die AfD-Co-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten am Mittag
dann auch, die Einstufung sei „ein schwerer Schlag für die bundesdeutsche
Demokratie“ und man werde sich „juristisch zur Wehr setzen“. Brandenburgs
AfD-Chef René Springer sprach von einem „beispiellosen Missbrauch
staatlicher Macht“ und einer „politisch beeinflussten Entscheidung“.
Allerdings haben zahlreiche Gerichte die Einstufungen des
Verfassungsschutzes zur AfD bisher getragen – vor allem in den Ländern, wo
die AfD schon als gesichert rechtsextrem eingestuft ist.
Der EU-Parlamentarier und wegen mutmaßlicher Zahlungen aus Russland
[5][unter Korruptionsverdacht stehende Petr Bystron] übte sich in
Verschwörungsideologie: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat damit
bestätigt, dass Deutschland ein Deep State ist.“
## „Keine Ausreden mehr“
Währenddessen forderten zahlreiche Politiker*innen von Grünen,
Linkspartei und SPD einen neuen Anlauf für ein AfD-Verbotsverfahren. Dieses
hatte zuletzt keine Mehrheit im Bundestag gefunden, auch, weil viele
Abgeordnete zuerst die Bewertung des Bundesamts für Verfassungsschutz
abwarten wollten.
„Das entscheidende Gutachten liegt endlich vor“, sagte der taz die
Integrations-Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD). „Wir dürfen diese
Partei nicht normalisieren, denn sie ist eine Gefahr für unser friedliches
Zusammenleben und unsere Demokratie“. Es gebe „keine Ausreden mehr“,
sondern brauche entschlossenes Handeln „mit aller Härte des Rechtsstaats
und allen zur Verfügung stehenden Mitteln“. Nun müsse die „ernsthafte und
gründliche Vorbereitung“ eines Parteiverbotsverfahrens eingeleitet werden.
„Die Beweislage ist mehr als erdrückend“, sagte Alabali-Radovan.
Der Grüne Till Steffen sagte der taz, es gebe „Grund zur Sorge um unsere
Demokratie. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, etwas zu tun“. Steffen hatte
schon in der vergangenen Legislatur den Verbotsantrag mit eingebracht. Auch
die Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann schrieb auf Bluesky,
Parlament und Bundesregierung müssten sich nun erneut der „Frage eines
Verbotsverfahrens stellen“.
Ähnlich äußerten sich die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek und
Parteichef Jan van Aken: „Keine Demokratin und kein Demokrat im Bundestag
kann es akzeptieren, dass eine gesichert rechtsextremistische Partei unsere
Demokratie von innen bekämpft und zerstört.“ Ebenso forderte die Kampagne
„AfD-Verbot jetzt“ mit run 60 Unterstützer-Organisationen, das
Verbotsverfahren „unverzüglich“ einzuleiten.
## Koalition muss sich abstimmen
Auch Teile der Union sind [6][für ein Verbotsverfahren].
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte im
Spiegel ebenfalls, der Bund müsse ein solches „jetzt zügig“ einleiten, �…
unsere Demokratie zu schützen“. Der Arbeitnehmerflügel der CDU spricht sich
ebenfalls für ein „sofortiges Verbotsverfahren“ aus. So sagte der
geschäftsführende CDA-Bundesvorstand dem Magazin Stern, die Einschätzung
des Verfassungsschutzes liefere dafür jetzt „die notwendige Grundlage“.
CSU-Chef Markus Söder nannte das Gutachten auf X einen „finalen Weckruf“
und bekräftigte, für „Feinde der Demokratie“ könne es „null Toleranz u…
null Zusammenarbeit“ geben. Zur Frage eines Parteiverbots äußerte er sich
nicht. Still blieb es bis Redaktionsschluss von Seiten des designierten
Bundeskanzlers und CDU-Chefs Friedrich Merz.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast,
erklärte hingegen, notwendig sei eine „klare, gemeinsame Antwort des
Rechtsstaats“. Man werde sich mit den Koalitionspartnern zum weiteren
Umgang mit der AfD abstimmen.
Dazu gehören dürfte auch die Frage, [7][ob die Abgeordneten
Vertreter*innen der AfD in Ausschussvorsitze wählen werden.] Der
CDU-Politiker und womöglich künftige Fraktionsvorsitzende Jens Spahn hatte
Mitte April für Empörung gesorgt, als er sagte, man solle mit der AfD
umgehen „wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch“.
Kritiker*innen dieser Aussage hat das Gutachten des Verfassungsschutzes
nun den Rücken gestärkt – auch in den eigenen Reihen. Die AfD sei „keine
Partei wie jede andere und sollte auch nicht so behandelt werden“, schrieb
am Freitag die CSU-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Andrea
Lindholz auf Twitter. „Eine Wahl ihrer Vertreter in repräsentative
Funktionen ist kaum mehr denkbar.“
2 May 2025
## LINKS
[1] /taz-begutachtet-AfD/!6079393
[2] /Verfassungsschutzeinstufung-der-AfD/!6050600
[3] /Mitarbeiter-von-Maximilian-Krah/!6085253
[4] /AfD-mit-Helferich-und-Krah/!6068620
[5] /Erneute-Razzia-bei-Petr-Bystron/!6020108
[6] /AfD-Verbotsantrag-im-Bundestag/!6045745
[7] /AfD-im-Bundestag/!6074787
## AUTOREN
Dinah Riese
Konrad Litschko
Gareth Joswig
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