| # taz.de -- Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?: Phantom der Opas | |
| > Der schwerste Gegner von Friedrich Merz, die zwei Irrtümer der Linken und | |
| > warum es keine Musik mehr beim ESC braucht. | |
| Bild: Merz kann Lotto spielen, wem er es künftig recht und noch rechter machen… | |
| taz: Was war diese Woche schlecht? | |
| Friedrich Küppersbusch: Lage in Gaza. | |
| taz: Und was wird diese Woche besser? | |
| Küppersbusch: Drüber reden. | |
| taz: Habemus Papam in Berlin. Wird Merz die 18 Aufsässigen unter Kontrolle | |
| kriegen? | |
| Küppersbusch: Schreibt man alle, die nicht Minister wurden, nicht Minister | |
| blieben, einen anderen Kanzler wollen oder ein anderer Kanzler sein wollen, | |
| auf einen Zettel, kommt man locker über 18. Merz kann Lotto spielen, wem er | |
| es künftig recht und noch rechter machen will. Und hat sich zudem mit Spahn | |
| und Linnemann außerhalb der Kabinettsdisziplin eine Lösung gebastelt, die | |
| wie ein Problem aussieht. Sozis mag Merz’ Flirt mit der AfD zu viel sein, | |
| manchem der Seinen zu wenig. Kurz – es wird ein bisschen ungemütlicher und | |
| der eigentliche Witz daran ist, dass es das 75 Jahre lang nicht war. Diese | |
| Kanzlerwahl war kein Ritual. Na und? | |
| taz: Tag 1 der neuen deutschen Regierung und es herrscht Chaos an den | |
| Grenzen. Ist das die Wende in der Migrationspolitik? | |
| Küppersbusch: Merz und Dobrindt zocken auf einen „Notstand“, den | |
| europäische Gerichte etwa auch Ungarn nicht durchgehen ließen. Tatsächlich | |
| sind Zuwanderungszahlen seit den drakonischen Einschnürungen noch der Ampel | |
| klar rückläufig und derzeit ein Phantom der Opas. Merz könnte also die | |
| Ergebnisse der Vorgänger als seinen Erfolg verkaufen und gelassen zuwarten. | |
| Da begegnet ihm wieder mal sein schwerster Gegner: sein loser Mund. | |
| taz: Der Verfassungsschutz (VS) stuft [1][die AfD als „gesichert | |
| rechtsextremistisch“] ein. Steilvorlage für die Propaganda der Disruption? | |
| Küppersbusch: Ja, ich mag es, wenn das Gericht bezüglich der AfD einen | |
| „Hängebeschluss“ fasst. Sorry. Die juristische Rochade, dass der | |
| Verfassungsschutz vorerst nichts mehr zu seiner Einstufung sagt, die jetzt | |
| eh jeder kennt, war erwartbar. Im Verfahren um die vorherige Einstufung | |
| „Verdachtsfall“ lief es genauso. Die Partei soll formal nicht benachteiligt | |
| werden, bis ein amtlicher Beschluss sicher steht. In dieser Zeit werden die | |
| Debatten weitergehen – um Berufsverbote für AfD-Hooligans, um den Umgang | |
| der Medien, das Parteiverbot, die Märtyrerei, um den werbendsten Umgang mit | |
| der AfD-Wählerschaft: Mit „guter Politik“ oder mit dem Gegenteil – dem, … | |
| die AfD für „gute Politik“ hält. Und das ist von allem Schlechte das Best… | |
| keine Ruhe geben. | |
| taz: Die Hochstufung der AfD in Brandenburg als „rechtsextremistisch“ | |
| [2][kostet dem dortigen Verfassungsschutzchef seinen Job]. Ein Schritt | |
| gegen die Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes? | |
| Küppersbusch: Raus mit der Wahrheit! Rein mit der Taktik. Die Ministerin | |
| wollte in den Windschatten der bundesweiten Einstufung, in Brandenburg | |
| liegen ihre SPD und die AfD fast gleichauf um die 30 Prozent. Dem | |
| Verfassungsschützer war offenbar sein Gutachten wichtiger als die Frage, | |
| wie unbeliebt die Landes-SPD sich damit bei Teilen der Wählerschaft machen | |
| würde. In einigen Bundesländern ist der Verfassungsschutz eine Behörde, in | |
| anderen wie Brandenburg eine Abteilung des Innenministeriums. Ergebnis: Die | |
| Ministerin kann den VS-Chef feuern, ihm aber vorher nicht den Mund | |
| verbieten. Gut eigentlich. | |
| taz: Das Motto des Linken-Parteitags in Chemnitz war „Die Hoffnung | |
| organisieren“. An welchen Punkten könnte die Partei die Hoffnung | |
| enttäuschen? | |
| Küppersbusch: „Wir sind die Einzige, die die AfD schlagen kann“, sagt | |
| Parteichefin Schwerdtner. Das sind zwei Irrtümer zum Preis von einem. | |
| Erstens hat die Linke sich darauf besonnen, eine Linke zu sein, | |
| kapitalismuskritisch und internationalistisch, und so was gibt es | |
| unabhängig vom globalen Rechtstrend derzeit immer schon. Sie braucht zur | |
| Selbstbegründung keine AfD. Zweitens versucht sie es neuerdings mit einem | |
| erfrischend personell besetzten Linkspopulismus, und Überraschung: Jeeeht | |
| och. Das stellt natürlich das Prinzip des Populismus gerade nicht infrage. | |
| Die Linke kann den anderen „demokratischen Parteien“ Druck machen, den | |
| Rechten den Boden zu entziehen. Und das ist schon sehr optimistisch. Und | |
| war bis neulich immer kurz vor beleidigt, wenn man sie unter „den | |
| demokratischen Parteien“ wegsortierte. | |
| taz: Beim ESC dürfen Künstler nur mit ihren Landesfahnen auf die Bühne. Das | |
| Publikum darf sich auf seine Fahnen schreiben, was es will. Gerecht? | |
| Küppersbusch: Ach komm. Bis auf zwei, drei Titel würde es nicht schaden, | |
| wenn man die „Musik“ bei dem Haltungsfestival ganz wegließe. | |
| taz: Und was macht der RWE? | |
| Küppersbusch: Willkommen zurück in der Dritten Liga, MSV Duisburg! Wenn | |
| schon Oberhausen in der Vierten vermodert, ärgern wir uns halt über | |
| die.Fragen: Doris Akrap und Leyla Roos | |
| 11 May 2025 | |
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