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# taz.de -- CDU und Linkspartei: Die Befreiung vom Hufeisen
> Der Unvereinbarkeitsbeschluss der Union, nicht mit den Linken
> zusammenarbeiten, wurde bislang blumig ausgelegt. Höchste Zeit, dass sich
> CDU und CSU vom Hufeisen befreien.
Bild: Heidi Reichinnek (die Linke) gratuliert Friedrich Merz (CDU) zur Wahl zum…
Der Beschluss ist eigentlich recht dürr. Im Protokoll des CDU-Parteitags
von Anfang Dezember 2018 steht [1][im Kapitel „Sonstige Beschlüsse“]: „D…
CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit
sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland
ab.“
Blumig dagegen war seither die Auslegung. Unter „ähnliche Formen der
Zusammenarbeit“ fasst man bei der CDU vieles – nicht aber, gemeinsam mit
der Linksfraktion eine Geschäftsordnung so zu ändern, dass die Wahl eines
Bundeskanzlers im zweiten Wahlgang selbigen Tags noch möglich ist. So
geschehen am 6. Mai, und es hat dann ja auch alles im Sinne der CDU und
ihres Bundeskanzlers geklappt.
Die Führungs-Linken, die das Votum ermöglichten, haben sich auf ihrem
Parteitag in derselben Woche dagegen ganz schön Kritik anhören müssen, was
ihnen denn einfalle, Friedrich Merz die Rampe so passgerecht hinzulegen,
statt ihm wenigstens die Blamage eines zweiten Wahlgangs erst einige Tage
später zu gönnen.
Einen Mitte-Rutsch und die „Gefahr der Establishmentisierung“ [2][sah
außerdem das Jacobin-Magazin]. Allerdings hatte auch die Linkspartei einen
Zeitplan, den sie gern einhalten wollte: Schließlich ist so ein Parteitag
teuer, und er hätte geschoben werden müssen, wenn der zweite Wahlgang just
auf denselben Termin gefallen wäre.
## Ausschließen wäre blöd
Möglicherweise aber haben sich die Linken mit der Geschäftsordnungs-Aktion
wenigstens einen Anspruch darauf erstimmt, die Reform der Schuldenbremse
mit vorzubereiten, die dieses Jahr ansteht. Zur Abstimmung darüber würden
sie wegen der nötigen Zweidrittelmehrheit ohnehin gebraucht. Sie von
Vorarbeiten auszuschließen, wäre schon deshalb blöd.
Blöd war es aber [3][auch von mir, zu glauben], die CDU hätte mit der
Kanzlerwahl ihr Linken-Ächtungs-Gebot von 2018 endlich abgeräumt. Zwar
sagte der frisch ernannte Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) am Tag nach
der Merz-Wahl [4][im Deutschlandfunk]: „Wir werden uns mit der Frage
auseinandersetzen müssen, wie wir in den aktuellen Mehrheitsverhältnissen
im Bundestag damit umgehen werden“ – also, mit dem Kooperationsverbot.
Doch dafür wurde er erheblich gerüffelt, und Merz schlug gleich darauf
wieder auf das alte, längst schon scheppernde Trömmelchen. „Wenn Sie die
Linke zur politischen Mitte zählen, nur weil sie einem
Geschäftsordnungsantrag zustimmt, könnten Sie die AfD auch dazuzählen“,
[5][sagte er im Zeit-Interview].
Es sieht also aus, als bekäme die CDU frühestens auf ihrem nächsten
Parteitag Gelegenheit, sich eines Besseren zu besinnen und sich das
Hufeisen vom Hals zu laden. Ob der Schuldenbremsen-Umbau so lange warten
kann?
Nicht zuletzt harren in Karlsruhe ein paar pensionierungswillige
VerfassungsrichterInnen der Ablösung. Sollen ihre NachfolgerInnen, wie
eigentlich vorgesehen, vom Bundestag bestimmt werden, bräuchte es – genau:
die Stimmen der Linksfraktion. Ein Richter mit CDU-Ticket wartet jetzt
schon so lange, dass das Gericht beschlossen hat, sich selbst auf die Suche
nach neuem Personal zu machen, [6][wie diese Woche bekannt wurde].
Möglicherweise stimuliert das die ideologischen Umrüstungen bei der CDU ein
wenig. Denn zwar braucht sie Gegner rechts wie links, um die Mitte allein
für sich selbst zu reklamieren. Doch endet der symbolpolitische Spaß meist,
wenn es um Personalfragen geht. Denn mangels eigener Inhalte und Ideen ist
das ja der Endzweck aller Unions-Politik: Hauptsache, die eigenen Leute
sind am Ruder.
Das Verrückteste an der Sache ist, dass genau dies ihrer Wählerschaft noch
immer gereicht hat.
23 May 2025
## LINKS
[1] https://www.frauenunion.de/sites/www.frauenunion.de/files/beschluesse/sonst…
[2] https://jacobin.de/artikel/die-linke-linkspartei-merz-kanzlerwahl-unvereinb…
[3] /Stolperstart-der-schwarz-roten-Koalition/!6084177
[4] https://www.deutschlandfunk.de/fehlstart-der-kanzlerschaft-merz-interview-m…
[5] https://www.zeit.de/2025/20/friedrich-merz-bundeskanzler-donald-trump-ukrai…
[6] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundesverfassungsgericht-plenum-…
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
## TAGS
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