# taz.de -- Situation auf den griechischen Inseln: Schlimmer als in Moria | |
> 450 Hilfsorganisationen und 160.000 Unterstützer:innen appellieren an die | |
> EU: Die Lage auf den Inseln Chios, Samos und Lesbos sei weiterhin | |
> menschenunwürdig. | |
Bild: Für die Geflüchteten auf Lesbos hat sich die Lage nach dem Brand in Mor… | |
BERLIN taz | Mehr als 450 Hilfsorganisationen, Netzwerke und Gruppen sowie | |
160.000 weitere Personen fordern ein Umsteuern im Umgang mit Geflüchteten | |
auf den griechischen Inseln. „Genug ist genug! Wir bekräftigen unsere | |
Forderung danach, diese Menschen in sichere und menschenwürdige Unterkünfte | |
zu bringen. Auch andere europäische Staaten müssen die Schutzsuchenden | |
aufnehmen, um [1][die Situation auf den griechischen Inseln] zu entlasten“, | |
fordern sie in dem unter anderem von Legal Centre Lesvos, Ärzte ohne | |
Grenzen und Refugee Rights Europe initiierten Appell. | |
Der Aufruf an die Politiker*innen der EU und ihre Mitgliedsländer kommt | |
einen Monat nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria auf der Insel | |
Lesbos. Dort hatten in den vergangenen Jahren zeitweise in schlimmsten | |
Umständen bis zu 20.000 Menschen gelebt – in einer Einrichtung, die nur auf | |
rund 2760 Menschen ausgelegt war. Derzeit leben noch mehr als 7500 | |
Schutzsuchende [2][in einem neu errichteten Camp bei Kara Tepe] an der | |
Küste von Lesbos, unter unmenschlichen Bedingungen, wie die Organisationen | |
betonen. | |
“Die Zustände in dem neuen Lager erinnern uns stark an Moria. Unsere | |
Patienten erzählen uns, dass ihre Situation dort sogar noch schlechter | |
ist“, zitiert die Organisation Ärzte ohne Grenzen Marco Sandrone, ihren | |
Einsatzleiter auf Lesbos. „Bewohner sagen, dass einige Zelte keinen Boden | |
haben und sie auf Fels und Staub auf dem Boden schlafen müssen, dass viele | |
Familien ihr Zelt mit anderen Familien teilen müssen und dass es nur 345 | |
Toiletten gibt.“ | |
Zwar konnten in den vergangenen Wochen knapp 2000 anerkannte Flüchtlinge | |
die griechischen Inseln verlassen. Doch auch in den Registrierlagern der | |
Inseln Chios und Samos ist die Lage weiterhin katastrophal. Im Lager Vial | |
von Chios mit einer Kapazität für 1000 Menschen fristen zurzeit knapp 3300 | |
Migranten ihr Dasein. Auf Samos leben knapp 4400 Menschen in und um ein | |
Lager, das regulär 650 Menschen aufnehmen kann. | |
## Hitze, Rattenbisse und ein Corona-Ausbruch | |
Um die ursprüngliche Struktur des sogenannten Reception and Identification | |
Centre (RIC) an einem Berghang des Dorfes Vathy wohnen hier etliche | |
Menschen in behelfsmäßigen Zelten ohne Elektrizität und ausreichende | |
sanitäre Anlagen. Die Bewohner*innen, darunter ein Drittel Kinder, sind dem | |
Wetter hilflos ausgeliefert: Sonne und Hitze über 32 Grad Celsius wie am | |
Anfang der Woche sowie nun dem Regen, der am Donnerstag einsetzte. Viele | |
leiden unter Rattenbissen, berichten von Skorpionen sowie Schlangen. | |
Zudem gibt es einen Corona-Ausbruch im Lager von Vathy: Mehr als 90 | |
Menschen sind bereits positiv auf das Virus getestet worden. Seit dem | |
Ausbruch steht das Camp unter einer Art Lockdown: Bewohner*innen sind dazu | |
angehalten, sich zu isolieren, dürfen das Lager aber grundsätzlich | |
verlassen. | |
Polizist*innen kontrollieren Ein- und Ausgänge am Haupteingang des Camps. | |
Leider sei es auch schon dazu gekommen, dass Geflüchtete wegen des | |
Lockdowns davon abgehalten worden seien, zu Arztterminen zu kommen, | |
erklärte Jonathan Vigneron, Ärzte-ohne-Grenzen-Projektkoordinator auf | |
Samos. Die Organisation betreibt dort nahe des Lagers zwei Standorte, in | |
denen sie psychologische Hilfe leisten oder im Bereich sexuelle und | |
reproduktive Gesundheit arbeiten. | |
8 Oct 2020 | |
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[1] /Gefluechtete-in-Griechenland/!5715343 | |
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## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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