# taz.de -- Sicherheit am Hamburger Hauptbahnhof: Quattro-Streifen als Allzweck… | |
> Um den Hauptbahnhof sicherer machen, kooperieren Hamburger Polizei und | |
> Bundespolizei und zwei Sicherheitsdienste. Nach vier Monaten ziehen sie | |
> Bilanz. | |
Bild: Schinden Eindruck: Polizisten im Hamburger Hauptbahnhof | |
HAMBURG taz | Wie gefährlich der Hamburger Hauptbahnhof ist, kommt auf die | |
Betrachtungsweise an. Er ist jedenfalls „gefährlich“ genug, um Hamburgs | |
rot-grünen Senat und insbesondere die SPD zu größter Vorsicht zu nötigen – | |
schließlich wollen sie vermeiden, dass ihnen das Thema „Innere Sicherheit“ | |
noch einmal mit Wumms auf die Füße fällt wie 2001. Bei der | |
Bürgerschaftswahl damals kam der Rechtspopulist Ronald Schill mit seiner | |
Partei aus dem Stand auf 19 Prozent. | |
Nun droht sich die Geschichte zu wiederholen: „Hamburger Hauptbahnhof ist | |
[1][Deutschlands gefährlichster Bahnhof]“, titelte der NDR im Januar unter | |
Verweis auf Zahlen aus dem Vor-Corona-Jahr 2019. Die gleiche Schlagzeile | |
lieferte das Hamburger Abendblatt im März unter Verweis auf Zahlen aus | |
2022. | |
Der rot-grüne Senat reagierte und schmiedete die „Allianz sicherer | |
Hauptbahnhof“. Dazu gehören die Hamburger Innenbehörde und die Polizei, die | |
Bundespolizei, [2][der Sicherheitsdienst der Bahn (DB Sicherheit)] sowie | |
die Hamburger Hochbahnwache. Deren Vertreter, allen voran Innensenator Andy | |
Grote (SPD), stellten am Donnerstag nach knapp vier Monaten ein | |
Zwischenfazit vor. | |
Es zeichne sich ab, dass die Allianz wirke, hieß es bei der | |
Pressekonferenz. Zwar sei die Zahl der erfassten Straftaten auf einem hohen | |
Niveau geblieben, darunter sei aber der Anteil der „Kontrolldelikte“ stark | |
gewachsen, also von Delikten, die nur durch die verstärkten | |
Personenkontrollen ans Licht komme, etwa Verstöße gegen das | |
Aufenthaltsrecht, das Betäubungsmittelgesetz oder das Hausrecht der Bahn. | |
Raube, sexuelle Übergriffe und Taschendiebstähle hätten leicht abgenommen. | |
## Keine Zuständigkeitsgrenzen mehr | |
Die Beteiligten lobten, wie gut ihre Zusammenarbeit funktioniere. Seit | |
April sind im Hauptbahnhof sogenannte Quattro-Streifen unterwegs, die sich | |
aus Vertretern der Hamburger Polizei, der Bundespolizei sowie der | |
Sicherheitsdienste der Bahn und der Hamburger Hochbahn zusammensetzen. | |
„Wir sind im Rahmen unserer Aufgaben mit unseren Möglichkeiten und | |
Befugnissen oft an Grenzen gestoßen“, sagte Arndt Malyska von der | |
Hochbahnwache. Für eine Quattro-Streife gebe es durch deren Zusammensetzung | |
keine Zuständigkeitsgrenzen mehr: Wo der Bereich des einen endet, beginnt | |
der des anderen, sodass immer einer aus der Streife handeln kann. Bei | |
seinen Kollegen, aber auch bei den Pächtern im Bahnhof, komme das gut an, | |
sagte Christian Huppertz von der DB Sicherheit. | |
„Es geht um mehr als Kriminalität“, sagte Polizeipräsident Ralf Martin | |
Meyer, „es geht um das subjektive Sicherheitsempfinden.“ Wichtig sei dafür | |
die „erkennbare uniformierte Präsenz“. Aber auch die Sauberkeit und die | |
Präsenz von Randgruppen spiele eine Rolle. | |
Zur Frage, wie unsicher der Hauptbahnhof tatsächlich ist, geben | |
[3][Vergleichszahlen mit anderen Bahnhöfen Auskunft, welche die AfD im | |
Bundestag erfragt hat]. Dabei verzeichnet der Hamburger Hauptbahnhof 2022 | |
am meisten Gewalt- und Eigentumsdelikte. Bei Sexual-, Betäubungsmittel- und | |
Waffendelikten rangierte er nicht unter den Top Drei. Zu beachten ist dabei | |
allerdings, dass der Hamburger Hauptbahnhof mit Abstand die meisten | |
Reisenden und Besucher verzeichnet. [4][Hannover lag bei Gewalttaten] auf | |
Platz zwei. | |
Diese Zahlen, darauf wies Polizeipräsident Meyer hin, könnten allerdings | |
nur einen Trend andeuten. Denn es handele sich nur um die von der Polizei | |
erfassten, nicht um die ausermittelten und an die Staatsanwaltschaft | |
weitergereichten Fälle, wie sie in der polizeilichen Kriminalstatistik | |
auftauchen. | |
## Videoüberwachung und Waffenverbot | |
Zudem sei der Vergleich zwischen Bahnhöfen auch deshalb schwierig, weil die | |
Zahlen auch durch die Kontrolldichte und die Art der erfassten Delikte | |
bestimmt würden. Wenn etwa jemand mit Drogen erwischt würde, der | |
widerrechtlich eingereist sei und sich zu unrecht im Bahnhof aufhalte, dann | |
wären das drei Straftaten. | |
Trotzdem müsse angesichts der Lage am Hauptbahnhof gehandelt werden. „Was | |
wir in Hamburg erleben, geht auch auf eine bundesweite Entwicklung zurück“, | |
sagte Meyer. Nach dem Ende der Coronapandemie habe sich das öffentliche | |
Leben wieder belebt. Auch sei die Beschaffungskriminalität gewachsen. Die | |
Drogenszene, die wegen einer zentralen Drogenhilfeeinrichtung in der Nähe | |
sehr präsent ist, sei im Begriff, sich zu wandeln, indem zunehmend die | |
stark abhängig machende Droge Crack konsumiert werde. | |
Um die Kriminalität stärker zu unterdrücken und das Sicherheitsgefühl zu | |
verbessern, soll die [5][Videoüberwachung im Umfeld des Bahnhofs] ausgebaut | |
werden, wie Senator Grote ankündigte. Ab dem 1. Oktober plant der Senat im | |
Bahnhof und dessen Umgebung ein Waffenverbot. | |
20 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Repressive-Drogenpolitik-in-Hamburg/!5902050 | |
[2] /Protest-gegen-rassistische-Gewalt/!5922691 | |
[3] https://dserver.bundestag.de/btd/20/057/2005705.pdf | |
[4] /Drogen-und-Obdachlosigkeit-in-Hannover/!5910946 | |
[5] /Intelligente-Videoueberwachung-in-Hamburg/!5944949 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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