# taz.de -- Videoüberwachung in Hamburg: Polizei rüstet am Hauptbahnhof auf | |
> In Hamburg gibt es ab kommender Woche 27 neue Überwachungskameras. Sie | |
> sind Teil einer größeren Strategie des Innensenators. Die Linke ist | |
> dagegen | |
Bild: Wird in Zukunft auch von 27 neugierigen Kameras unterstützt: „Quattro-… | |
Hamburg taz | Freudige Begrüßungen und tränenreiche Abschiede, Menschen, | |
die zum Zug rennen, rumhängen oder sich eine Bratwurst kaufen – all das | |
wird am Hamburger Hauptbahnhof von knapp 200 Videokameras Tag für Tag | |
beäugt und aufgezeichnet. | |
Unbeobachtet konnten sich die Menschen bisher auf dem ans Bahnhofsgebäude | |
angrenzenden Hachmannplatz fühlen – einem Platz, der vor allem als | |
Parkplatz und Taxistand genutzt wird. Ab Mitte nächster Woche ist damit | |
Schluss. Dann nimmt die Hamburger Polizei 27 neue Kameras in Betrieb, die | |
dort das Geschehen überwachen sollen. Das teilte die Hamburger Innenbehörde | |
am Montag mit. Zuerst hatte das Hamburger Abendblatt berichtet. | |
19 starr ausgerichtete und acht schwenk- und zoombare Kameras werden dann | |
vor dem Bahnhof in Betrieb genommen. Gesichtet werden sollen die Aufnahmen | |
laut Polizei in einem eigens dafür eingerichteten Raum im nahegelegenen | |
Polizeikommissariat 11 am Steindamm. | |
Laut dem Hamburgischen Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei müssen | |
die Daten spätestens einen Monat nach der Erhebung gelöscht werden. Das | |
gilt allerdings nicht, wenn die Daten zur Strafverfolgung benötigt werden | |
oder es die gerechtfertigte Annahme gibt, dass die Daten für die Bekämpfung | |
möglicher zukünftiger Straftaten erforderlich sind. | |
In Hamburg wird die Videoüberwachung an sogenannten | |
Kriminalitätsschwerpunkten bereits seit 2016 sukzessive ausgebaut: zunächst | |
an der Reeperbahn, dann am Jungfernstieg und zuletzt auf dem Hansaplatz | |
nahe des Hauptbahnhof. Die Installation der 27 neuen Kameras am | |
Hachmannplatz ist Teil einer größeren Strategie, die Hamburgs Innensenator | |
Andy Grote (SPD) seit 2023 am Hauptbahnhof verfolgt. | |
Nachdem Anfang vergangenen Jahres viele Medien darüber berichtet hatten, | |
wie gefährlich es am Hauptbahnhof sei, hatte Grote die „Allianz sicherer | |
Hauptbahnhof“ ins Leben gerufen. Neben der Innenbehörde und der Polizei | |
gehören der Allianz auch die Bundespolizei, der Sicherheitsdienst der Bahn, | |
sowie die Hamburger Hochbahnwache an. | |
Erste Maßnahme waren im März 2023 [1][die sogenannten Quattro-Streifen]: | |
Teams aus vier Beamt*innen, darunter jeweils ein*e Vertreter*in der | |
vier Institutionen. Die Idee: Wenn die vier zusammen durch die jeweiligen | |
Zuständigkeitsbereiche patrouillieren, ist immer eine*r von ihnen | |
handlungsfähig. | |
Im Oktober [2][folgte dann ein Waffenverbot] und im April ein | |
Alkoholkonsumverbot im Bereich des Hauptbahnhofs. Die Innenbehörde feiert | |
die bisherigen Maßnahmen als Erfolg. Allein zwischen Januar und Juni seien | |
durch die Quattro-Streifen „mehr als 330 Strafanzeigen gefertigt“ worden. | |
In 1.680 Fällen sei „das Hausrecht durchgesetzt“, mehr als 7.000 Menschen | |
seien überprüft worden. | |
„Nach polizeilicher Einschätzung ist jedoch seit Herbst 2023 ein leichter | |
Rückgang der Kriminalitätsbelastung im Hauptbahnhof zu verzeichnen“ | |
schreibt die Innenbehörde der taz. Diesen Trend wolle man nun fortführen. | |
Dafür sei ein „nachhaltiges, intensives sowie geschlossenes weiteres | |
Vorgehen der Sicherheitspartner angezeigt“. | |
Die ausgeweitete Videoüberwachung sei „ein weiterer Baustein“ im Rahmen der | |
„Allianz sicherer Hauptbahnhof“, zur „Verbesserung der Sicherheitslage und | |
der Aufenthaltsqualität“ am Hauptbahnhof. | |
Videoüberwachung im öffentlichen Raum sei aus „datenschutzrechtlicher | |
Perspektive grundsätzlich kritisch zu sehen“, sagt Martin Schemm. Schemm | |
ist Referent bei der Hamburger Behörde für Datenschutz und | |
Informationsfreiheit. | |
Ende Juli habe seine Behörde das neue Videoüberwachungssystem geprüft und | |
dabei vor allem darauf geachtet, ob, wie gesetzlich gefordert – auf die | |
Überwachung angemessen hingewiesen werde und etwa keine privaten Haushalte | |
erfasst würden. „Durchgreifende datenschutzrechtliche Bedenken in Bezug auf | |
die konkrete Ausgestaltung“ habe man derzeit nicht. | |
## Die Linke hält nichts von Überwachung | |
Deniz Celik, findet hingegen klare Worte zu den neuen Kameras: „Wir halten | |
nicht viel davon“, sagt der innenpolitische Sprecher der Linken in der | |
Hamburger Bürgerschaft. Die Überwachung sei „mal wieder ein Eingriff in die | |
Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger“ die sich in dem Bereich | |
aufhalten, dabei gebe es „ein Recht auf Anonymität“. | |
Celik geht nicht davon aus, dass Probleme, wie die „[3][Verelendung und | |
Verarmung]“ der Menschen, die sich täglich am Hauptbahnhof aufhalten durch | |
Überwachung gelöst werden und nennt diese deshalb „unverhältnismäßig“. | |
Am Bahnhof kämen verschiedene marginalisierte Gruppen, [4][wie etwa | |
drogengebrauchende oder obdachlose Menschen] ins Visier der | |
Sicherheitsbehörden und würden von dort verdrängt, so Celik. Statt der | |
[5][Überwachung und Repression] solle man sich lieber überlegen, „wie man | |
die Menschen unterstützen kann“. | |
6 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Sicherheit-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!5945319 | |
[2] https://www.polizei.hamburg/services/recht/waffenverbotsgebiet/waffenverbot… | |
[3] /Helfer-ueber-Elend-am-Hamburger-Hbf/!6024172 | |
[4] /Drogenkranke-an-Hamburgs-Hauptbahnhof/!6016719 | |
[5] /Unerwuenschte-Klientel/!5960136 | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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