| # taz.de -- Senator Tjarks über die Mobilitätswende: „Deutlich mehr Radverk… | |
| > Mehr Radwege, eine autoarme Innenstadt, besserer öffentlicher Nahverkehr: | |
| > Anjes Tjarks (Grüne) will den Straßenraum umverteilen. | |
| Bild: Verkehrswende selbst gemacht: Pop-up-Radspur auf der Hamburger Stresemann… | |
| taz: Herr Tjarks, wie fühlt man sich als Verkehrssenator, der im Hafen und | |
| Flughafen nichts zu sagen hat? | |
| Anjes Tjarks: Erst mal fühle ich mich total gut. Wir haben den Auftrag, die | |
| [1][Mobilitätswende] zu organisieren. Dafür ist die Behörde gut | |
| ausgestattet mit dem Amt für Verkehr, dem Landesbetrieb Verkehr, dem | |
| Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer und auch der Zuständigkeit für | |
| das Verkehrsrecht. Wir glauben, dass wir damit viel bewegen können. | |
| Die Zuständigkeit für das Verkehrsrecht ist neu … | |
| Aus der Innenbehörde kommt ein Teil zu uns, ja. Da nehmen wir die Trennung | |
| zwischen der konzeptionellen Steuerung in der neuen Verkehrsbehörde und der | |
| praktischen Anwendung durch die Innenbehörde vor. Zu uns gehören dann | |
| zukünftig zum Beispiel die Straßenverkehrsordnung und die Steuerung des | |
| Landesbetriebes Verkehr, der unter anderem für das Parkraummanagement | |
| zuständig ist. | |
| Die Bezirksversammlungen fühlten sich mit ihren Vorschlägen ja oft | |
| ausgebremst durch die Polizei. | |
| Dabei geht es um die Straßenverkehrsbehörde. Die bleibt bei der | |
| Innenbehörde. Wir werden kooperieren und mit Innensenator Andy Grote (SPD) | |
| gute Lösungen finden. | |
| In der vergangenen Legislaturperiode konnten Bürger Tempo-30-Zonen | |
| vorschlagen. Oft fühlten sie sich dabei von der Polizei ausgebremst. Wird | |
| sich das ändern? | |
| Das Programm liegt weiterhin bei der Innenbehörde. Wir haben verabredet, | |
| deutlich mehr Tempo-30-Strecken vor besonders schützenswerten Einrichtungen | |
| zu schaffen. Es wird darüber hinaus weitere Wünsche aus der Bevölkerung | |
| geben, die man sich dann ansehen muss. | |
| Es soll eine Senatskommission für Klimaschutz und Mobilitätswende geben, | |
| der der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vorsitzt. Ist die | |
| Kommission der Aufpasser für die beiden grünen Senatoren für Umwelt und | |
| Verkehr? | |
| Fachlich sind die jeweiligen Behörden zuständig. Sie erarbeiten auch die | |
| Vorschläge. Ich empfinde es eher als starkes Signal vom gesamten Senat bei | |
| diesem wichtigen Thema. [2][Klimaschutz] darf nicht nur ein Thema der | |
| Grünen sein, sondern muss eines des ganzen Senats, der ganzen Gesellschaft | |
| sein. Ohne die Einsicht der Gesellschaft werden wir den Klimaschutz nicht | |
| mit der nötigen Kraft vorantreiben können. Das Gleiche gilt für die | |
| Mobilitätswende. Wir werden viele Milliarden Euro ausgeben müssen. Deshalb | |
| ist es sehr wichtig, dass sich auch der Erste Bürgermeister um diese Themen | |
| kümmert. | |
| Trauen Sie Wirtschaftssenator Michael Westhagemann zu, dass er den Lärm und | |
| CO2-Ausstoß des Flughafens stabilisiert? | |
| Wir haben vereinbart, dass die Belastungen nicht über das Niveau von 2019 | |
| hinausgehen sollen. Im Moment haben wir andere Probleme, nämlich dass | |
| zurzeit praktisch kein Flugverkehr stattfindet. | |
| Die Grünen haben in den Koalitionsverhandlungen sowohl eine neue | |
| Köhlbrandquerung als auch die parallele A26 Ost geschluckt. Was haben Sie | |
| dafür eingehandelt? | |
| Für uns war es wichtig, dass es für beide Querungen einen Bundeszuschuss | |
| gibt. Wir wollen prüfen, ob wir in einem Köhlbrand-Straßentunnel innovative | |
| schienengebundene Systeme mit einbauen können. Damit würden wir eine | |
| weitere Querung der Süderelbe jenseits des Autoverkehrs schaffen. Wir haben | |
| durchgesetzt, dass die Bundesstraße 73 in Harburg nicht nur zu einer | |
| Stadtstraße herabgestuft wird, sondern deren Umplanung noch in dieser | |
| Legislaturperiode beginnt. Hier können wir Stadtentwicklung an Magistralen | |
| ausprobieren. | |
| Beim Radverkehrsausbau hat der vorige Senat seine Ziele verfehlt. Wie soll | |
| das diesmal anders werden? | |
| Der Radverkehr wird eines der ersten Themen sein, das wir angehen. Wir | |
| wollen den Radwegeausbau verdoppeln. Dafür haben wir durch die Einigung mit | |
| der [3][Volksinitiative Radentscheid] die Grundlagen geschaffen. Wir wollen | |
| vier Programme umsetzen: die Velorouten fertigbauen, die Radschnellwege | |
| anpacken, ein Schulradwegnetz bauen und ein Programm für Nebenflächen | |
| starten, indem wir Radwege einfach mal sanieren – ohne gleich die ganze | |
| Straße umzubauen. | |
| In der vergangenen Legislaturperiode hat der Senat davon profitiert, dass | |
| man Radwege einfach auf die Straße pinseln konnte. Nach dem Radentscheid | |
| ist das nicht mehr möglich. | |
| Wer sagt, die Radwege seien aufgepinselt worden, hat das nicht verstanden. | |
| Es wurden Straßen mit einem kompletten Unterbau angelegt. Bei den alten | |
| Radwegen kamen ja schon nach ein paar Jahren die Baumwurzeln durch. Wir | |
| werden uns aber auch mit Pop-up-Bikelanes befassen, also damit, einen Teil | |
| des Straßenraums provisorisch abzutrennen und zu schauen, ob sich dort | |
| Radverkehr entwickelt. Diese Umverteilung von Straßenraum planen wir für | |
| eine Strecke in der Hafencity, in der Max-Brauer-Allee und vom Schlump zur | |
| Hallerstraße. | |
| Über mehr Platz für den Radverkehr könnte man auch an der Sternbrücke über | |
| der Stresemannstraße reden. Ist das Thema durch? | |
| Um die Leistungsfähigkeit der Deutschen Bahn zu sichern und den | |
| Deutschland-Takt zu ermöglichen, ist es unerlässlich, dass diese Brücke | |
| ersetzt wird. In Langenfelde liegt das ICE-Einsetzwerk für halb | |
| Deutschland. Wenn die Züge nicht über diese Brücke fahren können, geht | |
| nichts mehr. Das ist der entscheidende Punkt. Den Vorschlag der Bahn werden | |
| wir uns genau ansehen. | |
| Wie die Brücke aussehen soll, ist noch nicht entschieden? | |
| Momentan gibt es den Entwurf der Bahn. | |
| Gibt es Vorstellungen, wie das Nadelöhr für Fußgänger und Radfahrer unter | |
| der Brücke beseitigt werden soll? | |
| Dazu müssen wir Pläne entwickeln. Aber als Radfahr-Fan muss ich sagen: Den | |
| Hauptbeitrag für den Umweltverbund leistet an dieser Stelle der Linienbus | |
| 3, der da alle fünf Minuten mit 100 Menschen durchfährt. Die | |
| Leistungsfähigkeit dieser Linie müssen wir unbedingt erhalten. | |
| Geplant ist auch eine autoarme Innenstadt. An welchen Stellen und von wem | |
| erwarten Sie den größten Gegenwind? | |
| Wir haben mit diesen Plänen für eine autoarme und lebendige Innenstadt vor | |
| allem Begeisterung erzeugt. Viele Städte, die etwas auf sich halten – | |
| London, Paris, Wien – haben das. Das ist eine Riesenchance für eine | |
| Innenstadt, sich neu zu erfinden. Der Burchardplatz am Chilehaus etwa ist | |
| Hamburgs einziger Platz, der vollständig von Backstein eingerahmt ist – und | |
| wir benutzen den als ebenerdigen Parkplatz! Das wollen wir ändern und | |
| gleichzeitig die Sorgen der Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ernst | |
| nehmen. | |
| Was sind die drei Ziele, die Sie in dieser Legislaturperiode unbedingt | |
| erreichen wollen? | |
| Deutlich mehr Radverkehr, insbesondere mehr Radwege, den öffentlichen | |
| Nahverkehr im Hamburg-Takt angebotsorientiert ausbauen und eine autoarme | |
| und lebendige Innenstadt. | |
| 16 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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