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# taz.de -- Sahra Wagenknechts neue Partei: Bankrott der Dialektik
> Die Spaltung kommt zur Unzeit. Statt möglichst viele Menschen mit ihrer
> Politik mitzunehmen, scheitert die Linke mal wieder an inneren
> Widersprüchen.
Bild: Wenn alles auf eine Person ausgerichtet ist, gibt es keine Widersprüche …
Die Dialektik, das Jonglieren mit Widersprüchen, möchte man meinen, ist das
Metier der Linken. Widersprüche, so lernen es Philosophie-Student*innen,
werden besser nicht negiert, sie werden produktiv genutzt. Doch indem Sahra
Wagenknecht nun ernst macht und eine eigene Partei gründet, zeigt die
Linke, dass sie mit ihren eigenen Widersprüchen nicht umgehen kann, sondern
an ihnen zugrunde geht. [1][Es ist für alle eine Bankrotterklärung].
Für viele in der Linkspartei mag Wagenknechts Parteigründung eine Erlösung
sein. Zu sehr haben sie und ihre Jünger*innen sich in den letzten Jahren
vom linken Grundkonsens verabschiedet, als dass es noch gemeinsam hätte
weitergehen können. Zu sehr fischte Wagenknecht seit Jahren
migrationspolitisch am rechten Rand, zu sehr schwurbelte sie in der
Coronakrise, zu sehr gerierten sie und ihre Anhänger*innen sich seit
dem Angriff Russlands auf die Ukraine als Putin-Versteher*innen. Doch mal
weg von Wagenknecht und ihren Positionen: Was bedeutet die Gründung ihrer
Partei? Die Antwort: Die Linke ist keine Meisterin der Dialektik, sondern
des Spaltens. Mindestens so lang wie die Geschichte ihrer Zusammenschlüsse
ist die Geschichte ihrer Zerwürfnisse. Wagenknechts Schritt ist da nur die
nächste Etappe.
Dass die Linke nun auseinandergeht, dass sie es nicht geschafft hat, wie
andere Parteien unterschiedliche Positionen auszuhalten, gemeinsam
vielstimmig zu sprechen, um möglichst viele Milieus anzusprechen, ist ein
Problem für die gesamte Gesellschaft. Denn die Spaltung kommt zur Unzeit:
Die AfD liegt in Umfragen bei 20 Prozent, die Menschen spüren weiterhin die
Folgen der Corona- und Energiepreiskrise, während der Klimawandel mit dem
Vorschlaghammer an die Tür klopft.
## Alle Widersprüche beseitigt
Für all diese Krisen bräuchte es progressive Lösungen, für die die Linke
steht. Doch weil diese sich gerade pulverisiert, ist die Bundesregierung
nur von Rechts unter Druck. Wie gefährlich das ist, zeigt die jüngste
Asylrechtsdebatte, in der auch noch die letzten Reste Humanismus geschleift
wurden.
Ob sich eine Linke ohne Wagenknecht erfolgreicher gegen diesen Rechtsruck
stemmen kann, muss sie erst noch zeigen. Auch bei Wagenknecht ist fraglich,
ob sie halten kann, was Umfragen versprechen. [2][Am Ende klauen sich beide
Parteien bei Wahlen womöglich nur entscheidende Stimmen], sodass es bald in
keinem Parlament mehr eine Partei [3][links von SPD und Grünen] gibt.
Eins muss ein Bündnis Sahra Wagenknecht allerdings nicht fürchten: an den
eigenen Widersprüchen unterzugehen. Denn wenn alles auf eine Person
ausgerichtet ist, gibt es keine Widersprüche mehr. Doch ob das dann noch
eine linke Partei ist, steht auf einem anderen Blatt.
21 Oct 2023
## LINKS
[1] /Sahra-Wagenknechts-neue-Partei/!5963952
[2] /Sahra-Wagenknechts-eigene-Partei/!5966512
[3] /Neue-Partei/!5959283
## AUTOREN
Simon Poelchau
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