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# taz.de -- Bündnis Sahra Wagenknecht: Regieren statt Sektieren
> In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern blieb das Beben nach dem
> Wagenknecht-Abgang aus. Im restlichen Norden haben einige Promis die
> Partei verlassen.
Bild: Landet bei manchen frisch ausgetretenen Mitgliedern nun wohl im Müll: Bu…
Hamburg taz | Als am Montagvormittag um 10 Uhr in Berlin [1][der Bruch der
Linkspartei öffentlich besiegelt wurde,] war wenige Minuten später klar,
dass das noch junge „Bündnis Sahra Wagenknecht“ nun schon zum zweiten Mal
aus dem niedersächsischen Oldenburg angeführt wird: „Ich bin die
Vorsitzende dieses Vereins“, sagte die Bundestagsabgeordnete und aktuell
noch amtierende Linken-Fraktionschefin Amira Mohammed Ali.
In der Bundespressekonferenz hatte sie erklärt, am Morgen aus der Partei
ausgetreten zu sein und mit Wagenknecht eine neue politische Initiative
angehen zu wollen.
An der Spitze dieses vorerst als Verein organisierten Projekts löst sie
damit den ebenfalls aus Oldenburg stammenden Ratspolitiker Jonas Höpken ab,
der dem Vereinsregister zufolge seit der Eintragung vor wenigen Wochen als
sein Vorsitzender fungiert. Höpken war 2021 Linken-Kandidat für die Wahl
zum Oldenburger Oberbürgermeister und hatte, seit vor einigen Tagen bekannt
wurde, dass er bei Wagenknechts Neugründung hilft, Kritik und die Forderung
nach einem Parteiaustritt auf sich gezogen.
Zwar war er bis Redaktionsschluss für Nachfragen nicht erreichbar, jedoch
steht auch sein Name unter der Stellungnahme mehrerer
Bundestagsabgeordneter, die die Partei verlassen haben und Wagenknecht
folgen.
## Abgang von Hamburgerin Nastić überrascht nicht
Dass dort auch der Name der [2][Hamburger Bundestagsabgeordneten Żaklin
Nastić] auftaucht, überrascht hingegen kaum: Mit ihrem Landesverband liegt
sie schon seit Längerem im Clinch. In den öffentlich ausgetragenen
Schlammschlachten führte Nastić sogar schon strafrechtlich relevante
Vorwürfe an, ihr Wahlkreisbüro hat sie seit einigen Monaten nicht mehr in
den Parteiräumen.
Vor allem in der Außen- und Friedenspolitik gehörte Nastić, seit 2017 im
Bundestag, innerhalb des Hamburger Landesverbands einer Minderheit an. Auch
die Hamburger Bürgerschaftsfraktion steht weitgehend geschlossen inhaltlich
nicht hinter der Bundestagsabgeordneten. Bitter ist für die Landespartei
dennoch, dass das einzige Hamburger Linkenmandat in Berlin damit weg ist:
Bei der Vorstellung erklärten die Abtrünnigen um Wagenknecht und Mohammed
Ali, ihre Bundestagsmandate behalten zu wollen.
In beiden Landesverbänden dürfte es nun zu einer moderaten Austrittswelle
kommen: Sowohl in Hamburg als in Niedersachsen hatten sich in den
vergangenen Monaten schon Netzwerke gebildet, die sich ziemlich klar von
der Partei distanzierten und offen über eine Alternative nachdachten.
Hamburgs Landesgeschäftsführer Christoph Tiemann teilte am Nachmittag aber
auf Nachfrage mit, dass bislang lediglich eine einstellige Zahl an
Austrittserklärungen eingegangen sei.
Während es in Niedersachsen und Hamburg nun also prominente
Linkenabtrünnige gibt, sieht es in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern anders
aus. Im Gegensatz zu jenen Landesverbänden, die entweder nicht einmal im
Parlament vertreten sind oder in der Opposition sitzen, regiert die Linke
hier mit. Zumindest am Montag zeigte sich, dass die Spaltung der Partei
kurzfristig keine Folgen in den beiden Nordländern haben wird.
„Wir bleiben alle in der Linken“, gaben die Bremer Fraktionsmitglieder, die
Senator:innen und die Mitglieder des Landesvorstands in einer
gemeinsamen Stellungnahme bekannt. „Die Linke hat im Land Bremen immer den
Kurs einer sozialistischen Partei verfolgt, die konkrete Politik für
universelle Gerechtigkeit macht, statt benachteiligte Gruppen gegeneinander
auszuspielen“, heißt es in der Stellungnahme. „Diesen Kurs werden wir
weiterverfolgen.“
## Mecklenburg-Vorpommerns Landesvorsitzende tritt zurück
Und in Mecklenburg-Vorpommern ist mit Simone Oldenburg eine
Linkenpolitikerin stellvertretende Ministerpräsidentin, die sich den
Abtrünnigen offenbar nicht anschließt. In der Vergangenheit galt Oldenburg
zwar nicht als entschiedene Gegnerin Wagenknechts und [3][unterstützte zum
Teil ihren innerparteilichen Kurs,] gehörte aber auch nicht zu ihrem
engeren Umfeld.
Bereits am Wochenende kritisierte der Landesvorstand in
Mecklenburg-Vorpommern die sich abzeichnende Abspaltung. Zeitgleich zur
Pressekonferenz von Wagenknecht am Montagmorgen gab allerdings die
Landesvorsitzende der dortigen Linken ihren Rücktritt bekannt. Vanessa
Müller war erst im Frühjahr 2022 Co-Vorsitzende geworden.
„Mit nur 21 Jahren wurde ich Landesvorsitzende dieser Partei und es war
eine durchwachsene Reise seitdem“, teilte sie am Montag mit. Mit der
Wagenknecht-Partei habe ihr Rücktritt nichts zu tun. Sie wolle auch
Mitglied der Linken bleiben. „Aus persönlichen Gründen ist es mir nicht
möglich, dieses Amt bis zum Ende meiner Legislaturperiode auszuführen.“
Wie sich der Zulauf zum Wagenknecht-Projekt im Norden entwickeln wird,
dürfte sich frühestens im kommenden Jahr zeigen. Bis dahin wollen
Wagenknecht und ihr Umfeld weiter innerhalb der Vereinsstruktur arbeiten,
erst dann soll eine Partei samt Landesverbänden gegründet werden, um bei
der Europawahl im kommenden Juni anzutreten.
23 Oct 2023
## LINKS
[1] /Spaltung-der-Linkspartei-vollzogen/!5968643
[2] /Angeblich-Strafanzeige-erstattet/!5935241
[3] /Krise-der-Linkspartei/!5928190
## AUTOREN
André Zuschlag
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