# taz.de -- Prioritäten einer Ampel-Koalition: Ein Herz für die Finanzeliten | |
> Die mögliche Ampel-Koalition ignoriert die Spaltung von Arm und Reich. | |
> Damit wird das Vertrauen in die Demokratie weiter erodieren. | |
Bild: Luxus in der Briennerstraße in München: Die Ampel hat ein Herz für Fin… | |
Viel ist von dem „neuen Aufbruch“ die Rede, den die Ampelkoalition | |
organisieren will. Aber schon jetzt ist klar, dass dieses Bündnis ein | |
demokratiegefährdendes Problem ignoriert: die Spaltung der Gesellschaft in | |
Arm und Reich. Die Vermögensteuer, die SPD und Grüne vor der Wahl bewarben, | |
starb in den Sondierungen einen schnellen Tod. Eine gerechtere | |
Erbschaftsteuer wird es mit der Ampel nicht geben, [1][auch beim | |
Spitzensteuersatz ändert sich nichts]. | |
Anders gesagt: Die Ampel hat ein Herz für die Finanz- und Vermögenseliten. | |
Nun könnte man diese Tatsache achselzuckend hinnehmen – machtpolitisch ist | |
sie leicht erklärbar, weil sie die Bedingung der FDP für dieses Bündnis | |
war. Aber man sollte schon darüber reden, [2][wie grundfalsch und | |
folgenschwer diese Setzung ist]. Olaf Scholz hat im Wahlkampf die Idee | |
vertreten, die wenigen Topverdiener etwas stärker zu belasten, [3][um 96 | |
Prozent der SteuerzahlerInnen zu entlasten]. Was ist daran plötzlich | |
falsch? Man weiß es nicht. | |
Dass dieses Versprechen schon vor dem offiziellen Start der | |
Koalitionsverhandlungen im Papierkorb landet, ist auch eine Botschaft an | |
die NormalverdienerInnen. Und sie hat mit Respekt, den Scholz an anderer | |
Stelle gerne betont, eher wenig zu tun. Und der Wegfall der Vermögensteuer? | |
Ist realitätsfremd. Die Vermögensungleichheit ist in Deutschland grotesk | |
hoch. Die reichsten 10 Prozent besitzen mehr als die Hälfte des gesamten | |
Vermögens, also Immobilien, Aktien und so weiter. Die ärmere Hälfte besitzt | |
fast nichts. | |
Diese Unwucht zu akzeptieren ist fahrlässig. Erstens braucht die Koalition | |
dringend Geld, sie verzichtet ohne Not auf eine Einnahmequelle. Zweitens | |
sind Gesellschaften, in denen die Spaltung weniger krass ist, glücklicher. | |
Studien zeigen, dass die Menschen gesünder sind, älter werden und weniger | |
oft kriminell. Und drittens macht es etwas mit einem Land, wenn wenige über | |
unglaublich viel Geld, viel Macht und viele Privilegien verfügen, während | |
eine Armee von Habenichtsen nicht weiß, wie sie eine Autoreparatur bezahlen | |
soll. Das Vertrauen in die Demokratie erodiert. Ein echter Aufbruch wäre | |
es, Ungleichheit endlich zu bekämpfen. | |
19 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://cms.gruene.de/uploads/documents/Ergebnis-der-Sondierungen.pdf | |
[2] /Ende-der-Sondierungsgespraeche/!5805670 | |
[3] https://www.stern.de/news/spd-kanzlerkandidat-scholz-will-96-prozent-der-st… | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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