# taz.de -- Nachrichten zur Regierungsbildung: FDP für Ampel-Verhandlungen | |
> Nach SPD und Grünen geben auch die Liberalen grünes Licht für | |
> Koalitionsverhandlungen. Ein möglicher Streitpunkt: Die FDP will keine | |
> Frauenquote im Kabinett. | |
Bild: Dem Mann geht es nur um die Knete: Christian Lindner will Finanzminister … | |
## FDP-Parteigremien einstimmig für Ampelverhandlungen | |
Der FDP-Bundesvorstand und die Mitglieder der Bundestagsfraktion haben | |
Insidern zufolge der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und | |
Grünen geschlossen zugestimmt. Dies verlautete am Montag aus Parteikreisen | |
am Rande einer Sitzung der Gremien in Berlin. Damit ist der Weg frei für | |
die formalen Gespräche zur Bildung einer Ampelkoalition. Die Gremien von | |
Grünen und SPD haben bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. | |
Möglicher Startpunkt der Verhandlungen wäre Donnerstag, hieß es in | |
Verhandlungskreisen der Parteien. Dies sei aber noch nicht endgültig | |
geklärt. Die Sondierungsteams der drei Parteien hatten sich am Freitag auf | |
ein gemeinsames Papier verständigt, das Grundlage für | |
Koalitionsverhandlungen sein soll. Ziel ist, dass die neue Bundesregierung | |
vor Weihnachten vereidigt wird. (rtr) | |
## FDP gegen paritätisch besetztes Kabinett | |
Führende FDP-Politiker lehnen die von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz | |
angekündigte strikt paritätische Besetzung des Kabinetts einer | |
rot-grün-gelben Bundesregierung ab. „Bei der Besetzung von Kabinettsposten | |
sollte immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu | |
führen, eine Hauptrolle spielen“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki den | |
Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Starre Quotenregelungen sind in der | |
Regel kontraproduktiv, weil sie Menschen auf äußere Merkmale reduzieren.“ | |
Es sei deshalb auch möglich, dass mehr Frauen als Männer im Kabinett säßen. | |
Auch FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann betonte, fachliche | |
Qualifikation müsse das wichtigste Kriterium bei der Besetzung der | |
Ministerien sein. „Wenn man die gesellschaftliche Realität im Kabinett | |
abbilden möchte, macht es natürlich Sinn, Minister und Ministerinnen | |
gleichermaßen im Kabinett zu haben. Aber zuallererst muss die fachliche | |
Kompetenz eine Rolle spielen, denn die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht“, | |
sagte sie. | |
Die Frage, wer welches Ministerium übernehme, werde erst ganz am Ende von | |
Koalitionsverhandlungen beantwortet, sagte Kubicki. Scholz hatte im | |
Wahlkampf stets betont, sein Kabinett werde zu gleichen Teilen mit Frauen | |
und Männern besetzt sein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ihr Kabinett | |
2018 nicht ganz paritätisch aufgestellt: Es bestand zu Beginn der | |
Legislaturperiode aus sieben Ministerinnen und neun Ministern. (dpa) | |
## FDP vs. Grüne: Streit um Finanzministerium absehbar | |
Zwischen FDP und Grünen bahnt sich ein Konflikt über die Besetzung des | |
Finanzministeriums in der angestrebten Ampelkoalition für Deutschland an. | |
FDP-Chef Christian Lindner sprach sich zwar gegen öffentliche Debatten über | |
Ministerposten aus, signalisierte aber zugleich sein Interesse an dem | |
Schlüsselressort. Grünen-Co-Chef Robert Habeck kritisierte | |
Personalspekulationen als „nicht hilfreich“. Die stellvertretende | |
Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang plädierte dafür, dass ihre Partei das | |
Finanzministerium selbst übernimmt, weil es eine zentrale Rolle etwa bei | |
Entscheidungen über Zukunftsinvestitionen spiele. | |
Lindner machte kurz vor der Entscheidung der FDP über die Aufnahme von | |
Koalitionsverhandlungen deutlich, welche Rollenverteilung er [1][in einer | |
künftigen Ampelregierung] sieht. „Wichtig ist mir nur eins, jeder der drei | |
Partner muss wirken können, muss Einfluss nehmen können“, sagte er am | |
Sonntagabend in der ARD. „Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das | |
Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der | |
Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch | |
zu wirken.“ | |
Nach SPD [2][und Grünen] will an diesem Montag auch die FDP über die | |
Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Das Thema Klimaschutz | |
gilt als Kernthema der Grünen; ins Kanzleramt wird im Fall einer | |
Ampel-Koalition SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz einziehen, der das | |
Finanzressort bisher geführt hat. | |
Lindner hatte im Bundestagswahlkampf keinen Hehl daraus gemacht, dass er | |
Finanzminister werden möchte. Dabei hatte er allerdings auf eine Koalition | |
mit der Union gesetzt. In einem SPD-geführten Ampel-Bündnis könnten aber | |
auch die Grünen als zweitstärkste Partei das Finanzministerium für sich | |
beanspruchen. Mehrere FDP-Politiker wie Parteivize Wolfgang Kubicki und | |
Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann hatten am Wochenende offen für | |
Lindner als Finanzminister geworben. | |
Bei „Bild TV“ erklärte Lindner, dass nicht die Stärke der Fraktionen von | |
Grünen und Liberalen darüber entscheide, wer den nächsten | |
Bundesfinanzminister stellt. „Es ist auch nicht so, dass es einfach danach | |
geht, welche Prozentpunkte erreicht worden sind“, sagte er auf eine | |
entsprechende Frage. | |
Habeck reagierte verärgert auf solche Personalspekulationen. „Es gehört zur | |
Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht | |
zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe“, sagte er am | |
Sonntagabend in der ARD. „Wir haben sehr unterschiedliche finanzpolitische | |
Vorstellungen. Die Konkurrenz ist da, ohne Frage. Das Vertrauen, dass das | |
dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in | |
den Koalitionsgesprächen.“ (rtr) | |
## Scholz weist Vorwurf der Unfinanzierbarkeit zurück | |
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass bei | |
den Ampel-Sondierungen keine Antwort auf die Frage nach der | |
Finanzierbarkeit der Pläne geliefert worden sei. Es gehe um einen großen | |
Aufbruch, die Modernisierung des Landes, sagte Scholz am Sonntagabend in | |
der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Dabei gehe es zu einem erheblichem Anteil | |
darum, privatwirtschaftliche Investitionen zu ermöglichen. | |
Klar sei aber auch, dass man zusätzliche Mittel für öffentliche | |
Investitionen bereitstellen müsse. „Es geht also darum, die Dinge richtig | |
zu kombinieren“, betonte Scholz. „Was wir uns vorgenommen haben, ist, sehr | |
solide zu wirtschaften und zugleich ein Jahrzehnt der Investitionen in | |
Deutschland zustande zu bringen, privat und öffentlich.“ | |
Zu Vorschlägen, öffentliche Investitionsgesellschaften einzurichten, | |
verwies Scholz darauf, dass es längst öffentliche Einrichtungen gebe, die | |
investierten. Als Beispiel nannte er die Deutsche Bahn und die KfW. | |
„Insofern ist das nur die Beschreibung eines Prinzips, das es schon gibt | |
und das in den Rahmen der Handlungsmöglichkeiten mit einbezogen werden | |
muss.“ (dpa) | |
## Baerbock: Finanzfragen erst in Koalitionsverhandlungen | |
„Die genaue Finanzierungsberechnung, die wird dann in den | |
Koalitionsverhandlungen folgen“, sagt Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock im | |
Deutschlandfunk. Es gab zuletzt Kritik am Sondierungspapier der | |
Ampel-Partner, weil es bei der konkreten Finanzierung von Projekten noch | |
ungenau ist. „Das war eines der härtesten Themen“, so Baerbock. Hier hätt… | |
Grüne und FDP weit auseinander gelegen. Allein für die Modernisierung der | |
Infrastruktur seien aber 50 Milliarden Euro pro Jahr notwendig – zu stemmen | |
„über Gesellschaften“. Details zu dieser Form von Nebenhaushalten nennt | |
Baerbock nicht. (rtr) | |
## Baerbock zu Tempolimit: Keine Mehrheit gefunden | |
Für ein generelles Tempolimit gab es laut Grünen-Co-Chefin Annalena | |
Baerbock in den Ampel-Sondierungen mit SPD und FDP keine Mehrheit. „Das hat | |
uns geschmerzt“, sagt sie im Deutschlandfunk. Es wäre allerdings nur eine | |
kleine Maßnahme für das Klima gewesen, eigentlich wichtiger für die | |
Verkehrssicherheit. Ansonsten hätten die Grünen im Klimabereich aber viel | |
erreicht – einen wohl vorgezogenen Kohleausstieg, einen Ausbau der | |
erneuerbaren Energien, eine Solardächerpflicht und klare Leitplanken für | |
die Industrie. Damit gebe es künftig die Chance, die Klimaziele | |
einzuhalten. Die Sondierungen hätten zunächst die Eckpfeiler festgelegt. | |
„Natürlich muss das alles unterfüttert werden.“ (rtr) | |
## IW fordert Ausbau von Ökostrom | |
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) fordert von der neuen Regierung | |
einer Zeitung zufolge einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien. Werde | |
das bisherige Tempo beibehalten, drohe eine massive „Grünstrom-Lücke“, | |
zitiert die Welt aus einer IW-Studie. „Die bisherigen Ausbauziele, die erst | |
zu Beginn des Jahres verabschiedet wurden, reichen bei Weitem nicht aus. | |
Ein daraus resultierendes Verpassen der Klimaziele hätte nicht nur | |
politische Folgen, sondern vor allem ökologische Kosten“, heißt es in einem | |
Vorabbericht. (rtr) | |
18 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ende-der-Sondierungsgespraeche/!5805670 | |
[2] /Kleiner-Parteitag-der-Gruenen/!5805799 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Koalitionsverhandlungen | |
Ampel-Koalition | |
Sondierung | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Ampel-Koalition | |
Sondierung | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Tilman Kuban | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ministerpräsident gegen Berliner Pläne: Sachsen gegen Kohleausstieg 2030 | |
CDU-Ministerpräsident Kretschmer warnt Koalitionäre in Berlin. Das | |
anvisierte Jahr 2030 für den Kohleausstieg wäre der „Gnadenstoß“ für die | |
Lausitz. | |
Neue Bundestagspräsidentin: SPD will Bärbel Bas nominieren | |
Die Vizevorsitzende der SPD-Fraktion soll nächste Bundestagspräsidentin | |
werden. Rolf Mützenich soll Fraktionschef bleiben. | |
Prioritäten einer Ampel-Koalition: Ein Herz für die Finanzeliten | |
Die mögliche Ampel-Koalition ignoriert die Spaltung von Arm und Reich. | |
Damit wird das Vertrauen in die Demokratie weiter erodieren. | |
Linkspartei in der Krise: Mehr Pellmann wagen | |
Beinahe wäre die Linke aus dem Bundestag geflogen. Auch dank Sören Pellmann | |
kam es nicht dazu. Was lässt sich aus seinem Erfolg für die Partei lernen? | |
Deutschlandtag der Jungen Union: Parteinachwuchs auf Zukunftssuche | |
Die Junge Union will in Münster ein Aufbruchssignal senden. Zudem steht ein | |
Schaulaufen möglicher Kandidaten für den CDU-Vorsitz an. | |
Koalitionen in Schwerin und Berlin: Kleine linke Renaissance | |
Für die Linkspartei ist die Aussicht auf eine zweifache | |
Regierungsbeteiligung ein gutes Zeichen. Eine Lebensversicherung ist es | |
nicht. |