# taz.de -- Kleiner Parteitag der Grünen: Grünes Licht für die Ampel | |
> Mehrheitlich stimmen die Grünen für die Aufnahme von | |
> Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP. Mit nur zwei Neinstimmen und | |
> einer Enthaltung. | |
Bild: Für die Ampel: Robert Habeck, Annalena Baerbock und Katrin Göring-Eckar… | |
BERLIN taz | Gegen halb zwei trat Robert Habeck, blaues Hemd, auf die Bühne | |
und sprach davon, „grüne Geschichte“ schreiben zu wollen. Im WECC, einer | |
schick gemachten alten Lagerhalle am Berliner Westhafen, trafen sich die | |
Grünen am Sonntag zum kleinen Parteitag. Nach [1][dem Sondierungspapier, | |
das am Freitag veröffentlicht wurde], ging es um die Frage: Soll die Partei | |
tatsächlich in rot-grün-gelbe Koalitionsgespräche eintreten? | |
„Wir haben Verluste zu verzeichnen“, sagte Habeck und verwies darauf, dass | |
die Grünen kein Tempolimit durchsetzen konnten und auch keine Erhöhung des | |
Spitzensteuersatzes. Dennoch wirbt er darum, den Weg frei zu machen für | |
Ampel-Koalitionsverhandlungen. | |
Es sei ja dennoch ein „gutes Sondierungspapier“, sagte der | |
Grünen-Vorsitzende und nannte die Errungenschaften: eine | |
Kindergrundsicherung etwa, die Erhöhung des Mindestlohns, ein modernes | |
Einwanderungsrecht bis hin zum Ausbau der erneuerbaren Energien und den | |
früheren Ausstieg aus der Kohle. „Wir muten uns etwas zu, den anderen aber | |
auch“, so Habeck. Die Grünen seien eine „reife Partei“, die nun die Chan… | |
habe, Regierungsverantwortung zu tragen und künftig „nicht nur Papier für | |
Parteitage zu schreiben“. | |
Er griff auch die Kritik auf, dass das Sondierungspapier zu wenig über die | |
[2][Finanzierung nötiger Maßnahmen enthalte.] Habeck versicherte, dass alle | |
notwendigen Investitionen gestemmt werden, auch innerhalb der bestehenden | |
Schuldenbremse. Es sei in den Sondierungsgesprächen mehr besprochen worden, | |
als sich im Papier finde. „Die Korridore sind gesetzt, buchstabieren wir es | |
also aus“, sagte er. | |
Insgesamt war die Stimmung harmonisch bis euphorisch auf dem kleinen | |
Parteitag, auch wenn durchaus ein paar Nachbesserungen gefordert wurden. | |
Susan Sziborra-Seidlitz, Landesvorsitzende der Grünen in Sachsen-Anhalt und | |
selbst Krankenpflegerin, mahnte in Verhandlungen etwa, „die Pflegekrise im | |
Blick zu behalten“. Der Sozialpolitiker Sven Lehmann forderte, dass die | |
Regelsätze steigen müssen und künftig niemand Angst vor Sanktionen haben | |
sollte. Etwas mäkeln konnten alle, aber irgendwie schienen auch alle | |
fröhlich. | |
## Zweimal nein, eine Enthaltung | |
Scharfe Kritik gab es erst, als Cansin Köktürk aus dem Kreisverband Bochum | |
auf die Bühne trat. Sie habe bei dem Sondierungspapier das Gefühl, „dass | |
die FDP die Bundestagswahl gewonnen“ habe. „Wo“, fragte sie „steht darin | |
die wahrhaftige Bekämpfung von Armut?“. Sie kritisierte, dass keine | |
Bürgerversicherung geplant sei, keine gerechte Steuerpolitik, keine | |
richtige Pflegereform – das klang nach einer echten Absage. | |
Ganz zum Schluss hielt Annalena Baerbock ihre Rede und warb dennoch gut | |
gelaunt für einen „Aufbruch, der wirklich was verändert“. „Ich glaube, … | |
spüren eine gemeinsame Lust, das jetzt anzupacken“, sagte sie. In den | |
Koalitionsverhandlungen müsse noch vieles konkretisiert werden: „Das wird | |
noch ein dickes, hartes Brett.“ Aber die Vereinbarungen zum Klimaschutz im | |
Sondierungspapier für eine Ampelkoalition nannte sie einen „echten Erfolg“ | |
der Grünen. Zum Schluss ihrer Rede: Standing Ovations. Keine Gegenrede. | |
Dann folgte die Abstimmung: Mit großer Mehrheit stimmte der Länderrat der | |
Grünen am Sonntag dafür, gemeinsame Koalitionsgespräche mit SPD und FDP | |
aufzunehmen. Nur eine Enthaltung und zwei Neinstimmen gab es. Aber | |
Revolutionen waren ohnehin nicht zu erwarten. Sehr brav, sehr geschlossen | |
und diszipliniert traten die Grünen bereits im Wahlkampf auf. Und in neuer | |
Harmonie zeigte sich das grüne Spitzenduo [3][Annalena Baerbock und Robert | |
Habeck zuletzt mit dem einstigen politischen Feind namens FDP.] | |
Fridays-for-future-Aktivist Jakob Blasel bezeichnete das Sondierungspapier | |
gegenüber der taz in vielen Punkten als „tragbar“. Er wies aber auf die | |
Finanzierbarkeit von Klimaschutz hin. „Ich sehe einen großen Widerspruch | |
zwischen der angestrebten Finanz- und Klimapolitik“, sagte er. Man sei auf | |
„massive öffentliche Investitionen angewiesen, wenn es zum Beispiel um die | |
Bahn, Gebäudesanierungen und andere Aspekte der Klimaneutralität“ ginge. | |
„Alle verhandelnden Parteien müssen über sich hinauswachsen, damit die | |
nächste Regierung der Klimakrise gerecht wird.“ | |
17 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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