| # taz.de -- Pop-up-Radstreifen in Berlin: Aufgeploppt, um zu bleiben | |
| > Die eigentlich temporären Pop-up-Bikelanes werden bis Ende des Jahres | |
| > Sicherheit bieten. Und viele von ihnen für immer, so die | |
| > Verkehrssenatorin. | |
| Bild: So einfach kann sicher sein: Pop-Up-Radstreifen in Kreuzberg | |
| Berlin taz | Temporär ist ein fließender Begriff in doppeltem Sinne: An | |
| sich schon enthält er einen Verlauf, und der ist auch noch in seiner | |
| Geschwindigkeit undefiniert, also variabel. Wer also etwa gefürchtet hatte, | |
| dass die inzwischen in mehreren Bezirken vorhandenen Pop-up-Bikelanes – | |
| also provisorisch eingerichtete Radstreifen auf Hauptstraßen – nur zur | |
| Hochphase der Coronapandemie Bestand haben werden, der hatte eine andere | |
| Vorstellung des Begriffs als die Senatsverwaltung für Verkehr: Am | |
| Freitagabend hat sie entschieden, dass die temporären Radstreifen bis „Ende | |
| des Jahres“ bleiben dürfen, wie sie in einer Mitteilung schrieb. | |
| Und auch die vielleicht ketzerisch gemeinte Frage „welches Jahr?“ ist nicht | |
| so falsch. Denn angestrebt wird von der Senatsverwaltung die Umwandlung in | |
| dauerhafte Radspuren und zwar „möglichst überall möglichst schnell“, wie | |
| Sprecher Jan Thomsen am Montag der taz sagte. Dann wären es zwar keine | |
| temporären Wege mehr, aber Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) wäre | |
| dem Ziel, mehr Sicherheit für RadfahrerInnen, ein bisschen näher gekommen. | |
| Die Bezirke würden jetzt darüber informiert. Ursprünglich waren die | |
| Radstreifen bis Ende Mai befristet gewesen. | |
| Günther begründet die Verlängerung damit, dass laut Straßenverkehrsordnung | |
| die Voraussetzungen für eine solche spontane Umnutzung weiterhin vorliegen. | |
| In allen Streckenabschnitten mit derzeit nur temporären Radfahrstreifen | |
| bestehe Bedarf für „die sichere Führung von Radfahrenden“. | |
| Zugleich sollten die bisherigen gelben Markierungen und Warnbaken – sprich | |
| mobile Warnzeichen – auf möglichst vielen Strecken durch dauerhafte | |
| Verkehrszeichen ersetzt werden oder auch baulich abgetrennt werden. Und | |
| Sprecher Thomsen betont: „Wir werten laufend die Erfahrungen und | |
| Rückmeldungen zu den Pop-up-Bikelanes aus, selbstverständlich [1][auch | |
| kritische].“ | |
| ## Premiere in Kreuzberg | |
| Die erste Pop-up-Bikelanes waren [2][Ende März in Kreuzberg angelegt] | |
| worden, initiiert vom Leiter des Straßen- und Grünflächenamts des Bezirks, | |
| Felix Weisbrich. Wenige Tage zuvor war die erste Coronaverordnung des | |
| Landes vom Senat beschlossen worden. Sie lieferte Weisbrich die Begründung, | |
| wie er damals der taz erklärte: „Mit den bestehenden Radverkehrsanlagen | |
| lässt sich die Eindämmungsverordnung gegen das Coronavirus momentan nicht | |
| gefahrlos einhalten.“ | |
| Und so entwickelte sich der Bezirk in dieser Hinsicht mit aktuell neun | |
| solcher Radstreifen [3][zum Vorreiter in Sachen Radsicherheit] – nachdem er | |
| lange nicht mit der Pflege oder gar dem Ausbau von Radinfrastruktur | |
| aufgefallen war. | |
| Andere Bezirke, darunter Pankow und Mitte, haben nachgezogen. Inzwischen | |
| sind laut Senatsverwaltung gut 15 Kilometer der neuartigen Radstreifen | |
| umgesetzt; 7,2 Kilometer in der Kantstraße sind aktuell in Arbeit. Und es | |
| sollen noch mehr werden: Die Senatsverwaltung stehe in Abstimmung mit | |
| mehreren Bezirken wie Neukölln und Steglitz-Zehlendorf, die Vorschläge für | |
| weitere temporäre Radstreifen vorgelegt hätten, heißt es in der Mitteilung. | |
| Diese würden derzeit geprüft. | |
| ## Berlin ist bundesweit Vorreiter – endlich mal | |
| Berlin ist endlich bundesweit Vorreiter, lobt Heinrich Strößenreuther, | |
| Initiator des Volksentscheids Fahrrad und des Radstreifens an der | |
| Kantstraße. „Die Entwicklung ist großartig. Sie zeigt, was einzelne Akteure | |
| vorantreiben können und vor allem, was Verwaltung kann, wenn sie nur will“, | |
| sagte er am Montag der taz. Das Beispiel Charlottenburg-Wilmersdorf stehe | |
| aber auch dafür, dass manche Bezirke noch Luft nach oben hätten. | |
| Bei der Senatsverwaltung kennt man diese Kritik. „In einigen Bezirken sind | |
| die Abläufe teils längerwierig, teils sind auch die Örtlichkeiten | |
| komplizierter“, erklärt dazu Sprecher Thomsen. | |
| 1 Jun 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kritik-an-temporaeren-Radstreifen/!5678529 | |
| [2] /Mehr-Radwege-dank-der-Coronakrise/!5684794 | |
| [3] /Neue-temproraere-Infrastruktur-in-Berlin/!5676782 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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