# taz.de -- Neue temproräre Infrastruktur in Berlin: Radspuren mit Corona-Antr… | |
> Jetzt bekommt auch die Kantstraße eine Pop-up-Bikelane. | |
> Friedrichshain-Kreuzberg hat die Nase vorn, Pankow und | |
> Tempelhof-Schöneberg ziehen nach. | |
Bild: Schön breit und ansteckungssicher: Radspur auf der Zossener Straße in K… | |
BERLIN taz | Jetzt also doch: Um in Corona-Zeiten ansteckungssicheres | |
Radfahren zu ermöglichen, bekommt die Charlottenburger Kantstraße aller | |
Voraussicht nach ab Montag eine temporäre Radspur. Das bestätigte Stadrat | |
Oliver Schruoffeneger (Grüne) der taz. Es ist quasi ein Vorgeschmack auf | |
das, [1][was RadaktivistInnen seit dem tödlichen Unfall auf dem | |
Savignyplatz Anfang Februar fordern] – bis zum aktuellen | |
Demonstrationsverbot mit einer Kundgebung an jedem Montagmorgen. | |
Ganz ohne ist so eine Maßnahme auf einer Verkehrsader wie der Kantstraße | |
nicht: „Es wird über die ganze Länge ungefähr zehn verschiedene Varianten | |
geben“, so Schruoffeneger. „Die Grundlinie ist aber immer: Es gibt eine | |
Fahrspur für das Fahrrad.“ Die von der Senatsverkehrsverwaltung angeordnete | |
Umgestaltung hat allerdings ein Verfallsdatum: Sie ist bis zum 31. Mai | |
befristet und ausschließlich mit der epidemiologischen Situation begründet. | |
„Wie es danach weitergeht, muss man schauen“, sagt Schruoffeneger. Er hatte | |
der Senatsverwaltung eine Liste von insgesamt sechs Straßenzügen vorgelegt. | |
„Liebend gerne“ hätte der Stadtrat zum Beispiel die Anordnung einer | |
temporären Radspur auf der Kaiser-Friedrich-Straße zwischen Schlossstraße | |
und Ku'damm. „Damit ergäbe sich eine halbwegs gesicherte Radinfrastruktur | |
in der Bezirksmitte.“ | |
Bei den „Pop-up-Bikelanes“ beziehungsweise der „pandemieresilienten | |
temporären Radinfrastruktur“, die dem ansteckungsfreien Radeln dienen soll, | |
hat aber weiterhin Friedrichshain-Kreuzberg die Nase vorn. Ab kommendem | |
Dienstag sollen dort schon die nächsten 4,5 Kilometer ausgewiesen werden. | |
Wie der Leiter des Straßen- und Grünflächenamts Felix Weisbrich der taz | |
bestätigte, geht es nun auf Möckernstraße, Kottbusser Damm / Kottbusser | |
Straße und Tempelhofer Ufer weiter. Letzteres wird manche RadaktvistInnen | |
besänftigen: Sie hatten kritisiert, dass nördlich des Landwehrkanals auf | |
dem Halleschen Ufer schon Ende März eine breite und geschützte Radspur | |
angelegt wurde – südlich davon aber nicht. | |
## De-facto-Parkspur wird legalisiert | |
Bei der Spur auf dem Kottbusser Damm handelt es sich laut Weisbrich wie bei | |
den meisten neuen Anlagen um „Planungen, die wir ohnehin in diesem Jahr | |
umgesetzt hätten“. Die rechte Fahrspur, die schon jetzt schon de facto als | |
Parkspur genutzt wird, soll künftig als Haltespur für den Lieferverkehr | |
„legalisiert“ werden. „Dort, wo jetzt noch Parkplätze sind, wird sich da… | |
der geschützte Radstreifen befinden“, erklärt Weisbrich. | |
Da somit etliche Parkplätze wegfallen, soll den AnwohnerInnen mit Pkw | |
zumindest der Übergang erleichtert werden: Das Parkhaus am Hermannplatz | |
bietet ihnen in den kommenden drei Monaten an, einen Stellplatz für | |
monatlich 15 Euro zu mieten – ein deutlicher Rabatt. „Es werden jetzt | |
gerade Flugblätter an die Windschutzscheiben geklemmt“, sagt Weisbrich. Die | |
Hälfte der Differenz zum Normalpreis übernehme der Bezirk. | |
## Straßen für Kinder | |
Weisbrichs Amt hat aber noch mehr in petto: Es bastelt gerade an bis zu 30 | |
temporären verkehrsberuhigten Straßen im Bezirk, vor allem in besonders | |
dicht besiedelten Bereichen wie SO 36 oder dem Samariterkiez. Solange die | |
Kontaktsperre gilt, passiert aber noch nichts: „Es sind Überlegungen für | |
ein künftiges Lockerungsszenario“, so Weisbrich. „Es geht uns darum, mehr | |
Bewegungsmöglichkeiten für die EinwohnerInnen herzustellen.“ In jedem Fall | |
soll die Verkehrsberuhigung temporär sein, nämlich stunden- oder tageweise. | |
In Pankow steht dagegen gerade die erste temporäre Radspur vor der | |
Umsetzung: Auf 850 Metern Länge der Danziger Straße soll dann jeweils die | |
rechte Kfz-Spur für RadlerInnen umgewidmet werden. Dafür lägen bereits die | |
Grundlagen der Bauplanung vor, so Vollrad Kuhn, grüner Bezirksstadtrat für | |
Stadtentwicklung: „Wir hoffen, dass das dann auch auf Dauer so bleiben | |
kann.“ | |
Die Anhörungsfrist für das Projekt läuft noch bis kommenden Donnerstag; er | |
rechne dann mit einer Umsetzung bis zum Ende des Monats. Dass es nicht ganz | |
so schnell gehe wie etwa in Kreuzberg, liege daran, dass es sich bei der | |
Danziger um eine große Hauptverkehrsstraße mit vielen Ampelanlagen handele, | |
sagt Kuhn. | |
## Radspur nur für die halbe Schönhauser | |
Das zweite Projekt, das Anfang Mai zustande kommen könnte, ist die | |
Umwidmung einer Fahrspur auf der unteren Schönhauser Allee zwischen | |
Schwedter und Torstraße. Mit dem [2][von AktivistInnen geforderten | |
Abschnitt zwischen Eberswalder und Wichertstraße], insbesondere im Bereich | |
der Schönhauser Allee Arcaden, gehe das leider nicht, so Kuhn: „Der ist zu | |
komplex und zu umfangreich für eine schnelle temporäre Lösung.“ | |
Auch an der Prenzlauer Promenade, die im Gespräch war, geschieht erst | |
einmal nichts, dort gibt es dem Stadtrat zufolge aber bei weitem nicht so | |
viel Radverkehr. | |
Beim Verein Changing Cities ist man insgesamt [3][ziemlich begeistert von | |
der Entwicklung]: „Da werden gerade ordentlich Kilometer gemacht. Es geht | |
also, wenn der Wille da ist!“, findet Sprecherin Ragnhild Sørensen. | |
Friedrichshain-Kreuzberg habe gezeigt, wie es funktioniert. Somit gebe es | |
für die anderen Bezirke nun „keine Ausreden mehr, diese Maßnahmen zum | |
Schutz der Bevölkerung zu verweigern“. | |
Wenn bald wieder SchülerInnen unterwegs seien, müssten sich aber | |
StadträtInnen vieler Bezirke den Vorwurf gefallen lassen, nicht alles für | |
die Gesundheit der Menschen zu tun, weil sie die Einrichtung | |
pandemietauglicher Infrastruktur weiter „mit fadenscheinigen Argumenten | |
verzögerten oder gar ablehnten“, ergänzt Denis Petri vom | |
Changing-Cities-Vorstand. Das betreffe PolitikerInnen von der CDU wie in | |
Marzahn-Hellersdorf bis zu den Grünen in Steglitz-Zehlendorf und | |
Tempelhof-Schöneberg. | |
Allerdings geht es in Tempelhof-Schöneberg mittlerweile voran: Sie habe am | |
Freitag die Finanzierungszusagen für temporäre Radinfrastruktur von der | |
Senatsverwaltung erhalten, sagte Stadträtin Christiane Heiß (Grüne) zur | |
taz. Welche Straßen nun genau umgebaut werden, werde aber noch abgestimmt. | |
Die Grünen in der BVV hatten zuletzt öffentlich drei Straßenabschnitte | |
benannt. „Für die Schöneberger Straße in Tempelhof sehe ich ganz gute | |
Chancen“, so Heiß, „dagegen sieht es für den Innsbrucker Platz nicht so g… | |
aus. Es ist nun mal einer der verkehrsreichsten Plätze dieser Stadt. Die | |
Unfallkommission diskutiert bereits über eine mögliche Umgestaltung, da | |
sollten wir nicht dazwischengrätschen.“ | |
Grundsätzlich finde sie die Ad-hoc-Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gut, sagt | |
Heiß. „Sie lösen allerdings das zentrale Ressourcenproblem beim Radverkehr | |
nicht.“ Die Planung im Bezirksamt, aber auch in den beauftragten | |
Planungsbüros müsse schlanker organisiert werden. „Da bin ich auch sehr | |
engagiert mit der Koordinierungsstelle Radverkehr in der Senatsverwaltung | |
im Gespräch.“ | |
17 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Berlin-sucht-die-Mobilitaetswende/!5668404 | |
[2] /Neue-Rad-Infrastruktur-gegen-Corona/!5673510 | |
[3] https://changing-cities.org/von-null-auf-fairestrassen/ | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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