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# taz.de -- Pop-up-Bikelane weicht Baustelle: Fragile Fahrrad-Awareness
> Eine Pop-up-Fahrradspur wurde wegen Bauarbeiten wieder aufgehoben. Die
> Art und Weise zeigt: Solche Maßnahmen sind noch keine
> Selbstverständlichkeit.
Bild: Sind so zarte gelbe Streifen...
Seit Monaten schießen sie quasi wie Pilze aus dem Boden, inspirieren noch
die nörgeligsten AktivistInnen zu Lobeshymnen und wecken den Neid der
internationalen Velo-Community: [1][Berlins Pop-up-Bikelanes], die sich in
Pandemiezeiten nun schon über fünf Bezirke ausgebreitet haben, viele davon
durch rot-weiße Warnbaken geschützt, wie sie auch an Baustellen stehen.
Die jüngste ihrer Art entstand Anfang Juli in der Neuköllner Blaschkoallee,
wo jetzt auf anderthalb Kilometern sicherer geradelt werden kann. Im August
soll es pop-up-mäßig auf der Hermannstraße weitergehen.
Gleichzeitig ist im Pionierbezirk Friedrichshain-Kreuzberg die
Über-Nacht-Spur an der Petersburger Straße genauso schnell verschwunden,
wie sie aufgetaucht war. Der Grund: Weil die BVG die Gleise der Tramlinie
M10 zwischen Landsberger Allee und Bersarinplatz erneuern muss und die
Tramline durch Busse ersetzt, wurde die Pop-up-Lane vom Verkehrsmanagement
– der zuständigen Abteilung in der Senatsverwaltung – aufgehoben. Die
Radsymbole auf dem Asphalt wurden wieder abgekratzt, stattdessen gibt es
nun auf dem knappen Kilometer Strecke Busspuren, die auch von Fahrrädern
benutzt werden können.
Bis zum 10. Oktober ist die Baumaßnahme terminiert, und man könnte nun
sagen: Schade, aber unvermeidlich, mehr Platz ist hier offenbar nicht.
Bloß: Die Ausführung der neuen Lenkung lässt sehr zu wünschen übrig und
zeigt, wie fragil die neue Radfahr-Awareness der Politik ist. Wer von der
Danziger Straße kommend zur Warschauer Straße will, darf zwar laut
Beschilderung auf der Busspur bleiben, aber frische gelbe Behelfsstreifen
leiten Fahrräder gleichzeitig hoch auf den alten Trottoir-Radweg – und der
ist ein Albtraum.
## Bus-Halt auf der Radspur
Wer die Lage erkannt hat und nicht auf dieser zigmal geflickten Buckelpiste
an parkenden Autos und hinter Haltestellen vorbeirollen will, muss trotzdem
aufpassen: Kurz vor dem Bersarinplatz befindet sich mitten auf der Busspur
eine Endhaltestelle für die Ersatzbusse der Tram 21, an der bis Ende
September ebenfalls gearbeitet wird. Wenn dort ein langer Gelber der BVG
parkt, müssen RadlerInnen plötzlich doch wieder über die durchgezogene
Linie auf die Kfz-Fahrspur ausweichen.
Es sei mal gemutmaßt: Wäre Pop-up-Pate Felix Weisbrich, der Leiter des
Friedrichshain-Kreuzberger Straßen- und Grünflächenamtes, nicht im Urlaub,
wäre eine derart prekäre Straßenführung gar nicht erst zustande gekommen.
Allerdings kommt von der Senatsverkehrsverwaltung auf Nachfrage schon
Entwarnung: Der bauliche Radweg soll nun eben doch gesperrt werden. Eine
entsprechende Anordnung sei von der Abteilung Verkehrsmanagement bereits
ergangen, teilt Sprecherin Dorothee Winden mit. Im Übrigen werde nach Ende
der Arbeiten am Tram-Gleisbett auch der Pop-up-Radweg wiederhergestellt.
Den AktivistInnen von Changing Cities e. V. reicht das allerdings nicht:
„Im Mobilitätsgesetz steht: Vorrang des Fuß-, Rad- und öffentlichem
Personenverkehrs“, sagt Sprecherin Ragnhild Sørensen. „Konsequenterweise
müsste das heißen, dass der Pop-up-Radweg Vorrang hat, dass eine
Schienenersatzspur Vorrang hat und dass der motorisierte Individualverkehr
dementsprechend auf seinen historisch bedingten Vorrang verzichten müsste.“
In der Petersburger Straße seien auch jetzt noch zwei Fahrspuren für Pkw
vorhanden. „Es wäre also keineswegs unmöglich gewesen, diesen Vorrang zu
realisieren.“
30 Jul 2020
## LINKS
[1] /Pop-up-Radstreifen-in-Berlin/!5686203/
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Friedrichshain-Kreuzberg
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