# taz.de -- Parteitag der Berliner Linken: Regieren statt resignieren | |
> Enteignen, Flüchtlinge, A100: Die Linke Berlin beschäftigt sich mit den | |
> großen Aufgaben. Die Krise der Partei bleibt auf dem Parteitag Randthema. | |
Bild: Von außen zugeschaltet: Parteichefin Katina Schubert spricht zur Berline… | |
BERLIN taz | Der Krieg in der Ukraine, der Berlin zum Flüchtlingsdrehkreuz | |
gemacht hat, Streit um die Enteignungskommission, die Ankündigung des | |
Bundes, den Bau der A100 weiter voranzutreiben, rasant steigende | |
Lebenshaltungs- und Energiekosten, Corona – ein Berg von Problemen | |
beschäftigte die Berliner Linke auf ihrem Parteitag am Samstag. | |
Für Untergangsdebatten um die Partei angesichts von katastrophalen | |
Wahlergebnissen und innerparteilichem Zwist blieb da wenig Zeit. | |
Kultursenator Klaus Lederer brachte diese Sorgen trotzdem zum Ausdruck: | |
„Ich habe nicht 30 Jahre die Partei mit aufgebaut, um jetzt zuzusehen, wie | |
sie sich selbst kaputtmacht.“ Bestimmend war nachfolgend aber der Trotz, | |
das Beschwören der eigenen Rolle als Regierungspartei für die Bewältigung | |
der Krisen und Herausforderungen der Stadt. | |
Da wäre zunächst die Frage der Enteignung. Von Wochen „harter | |
Auseinandersetzungen“ sprach [1][Justizsenatorin Lena Krec]k und meinte das | |
Ringen, vor allem mit den Sozialdemokraten, um die | |
[2][Enteignungskommission]. Trotz der Kritik der Initiative Deutsche Wohnen | |
& Co enteignen an mangelhaften Absprachen verteidigte die Parteiführung | |
einhellig das erzielte Ergebnis. Betont wurde, dass sich die Partei in | |
zentralen Fragen durchgesetzt habe: der Viertelparität zwischen Parteien | |
und Initiative bei der Besetzung, dem klar formulierten Arbeitsauftrag, der | |
auch konkrete Umsetzungsfragen stellt, der grundsätzlich transparenten | |
Arbeitsweise oder der Möglichkeit für die Kommissionsmitglieder Gutachten | |
zu bestellen. | |
„Wir sind diejenigen, [3][die alles dafür tun], dass der Auftrag des | |
Volksentscheids erfüllt werden kann“, sagte Landesparteichefin Katina | |
Schubert. Sie bat die Initiative, sich der Mitarbeit nicht zu entziehen und | |
ihrerseits „kluge Leute in die Kommission zu schicken“. Die Partei möchte | |
deren Arbeit eng begleiten; Vergesellschaftung müsse „als Hoffnungsthema | |
erhalten“ bleiben. Gleichwohl bleibe es offen, so Schubert, ob am Ende eine | |
Parlamentsmehrheit für ein Vergesellschaftungsgesetz zustande komme. Für | |
diesen Fall sagte sie: „Ob die Koalition dann noch für uns er haltbar ist, | |
werden wir dann bewerten müssen.“ | |
## Kein Lavieren um Russland | |
Klare Worte fand die an Corona erkrankte und ins Estrel-Hotel zugeschaltete | |
Schubert für Russland und den Angriffskrieg auf die Ukraine: „Wir mussten | |
erkennen, Russland ist eine imperialistische Macht, die Krieg als Mittel | |
bewusst einsetzt. Russland ist eine Diktatur, es ist ein kapitalistisches | |
System, in dem Oligarchen und Monopole Politik und Preise diktieren.“ Die | |
Linke stünde daher vor der Aufgabe, eine „neue Friedensordnung“ zu | |
erarbeiten und umzusetzen. Kritik an der Nato hätte gleichwohl eine | |
Berechtigung, nur aber sei das Militärbündnis nicht ursächlich für den | |
Krieg. | |
Sozialsenatorin Katja Kipping sprach von einem „Anschlag auf die | |
Menschlichkeit“ in der Ukraine. In persönlichen Worten schilderte sie, wie | |
sie und die Verwaltung ab Tag eins des Krieges versucht hatten, den | |
Flüchtlingen ein würdiges Ankommen in Berlin zu ermöglichen. Inzwischen | |
hätten offizielle Stellen 25.000 Geflüchtete untergebracht, 30.000 Menschen | |
seien von den Sozialämtern versorgt worden. | |
Die ehemalige Parteichefin forderte eine „bundesweite Verteilung“ der | |
Kriegsflüchtlinge und verteidigte ihre erzwungene Weiterreise. Das | |
schlimmste, was ihnen passieren könne, sei an einem anderen Ort in | |
Deutschland zu landen – „das ist keine Abschiebung“. Kipping versprach, | |
dabei darauf zu achten, dass Gruppen zusammen bleiben, spezielle Bedarfe | |
etwa für Gehörlose auch am neuen Ort sichergestellt sein müssten und | |
verwies auf größere Möglichkeiten in anderen Städten, zum Beispiel eine | |
Wohnung zu finden. Gegen eine Obergrenze oder Aufnahmestopp verwahrte sie | |
sich. In Berlin könne bleiben könne, wer Familie, einen Miet- oder | |
Untermietvertrag, Ausbildung oder Arbeit habe. | |
Einig ist sich die Partei in ihrem Widerstand gegen die Pläne, die | |
Stadtautobahn [4][A100 vom Treptower Park bis zur Storkower Straße zu | |
verlängern]. „Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die | |
Bundesregierung die A100 durch die Stadt pflügen will“, so Parteichefin | |
Schubert. Sie kündigte an, „alle Mittel und Wege zu nutzen, um diesen | |
Wahnsinn zu stoppen“. | |
2 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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