# taz.de -- Nach Angriff auf Rechte in Stuttgart: Zwei Antifas vor Gericht | |
> In Stuttgart sollen Mitglieder einer rechten Gewerkschaft von Linken | |
> überfallen und verprügelt worden sein. Zwei Männer stehen dafür nun vor | |
> Gericht. | |
Bild: Etwa 80 Antifas demonstrieren am Montag vor dem Gerichtsgebäude in Stutt… | |
STUTTGART taz | Vor dem Gericht direkt neben dem Stammheimer Gefängnis | |
haben sich am Montagmorgen etwa 80 Antifas eingefunden. Zwei aus ihren | |
Reihen sollen im Mai 2020 am Rande einer Querdenken-Demo drei Mitglieder | |
der [1][rechten Gewerkschaft „Zentrum Automobil“] angegriffen und einen von | |
ihnen ins Koma geprügelt haben. Die Anklage bezeichnen sie als | |
„Repression“. | |
Eine Gruppe aus der linken Szene soll die drei Rechten damals gezielt | |
angegriffen haben. Joel P. und Daiyas A. werden von der Staatsanwaltschaft | |
des versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung beschuldigt. | |
Einer von ihnen wird nach Jugendstrafrecht behandelt. Die Vorwürfe lassen | |
die beiden über ihre Verteidiger pauschal als unwahr zurückweisen. Sonst | |
schweigen sie. | |
Deshalb bekam die Darstellung der Opfer am ersten Prozesstag breiten Raum. | |
Ingo T., 47-jähriger Anlagenbediener, schilderte, wie er an jenem Samstag | |
mit mehreren Kollegen der rechten Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ [2][auf | |
dem Weg zur Kundgebung] auf dem Cannstatter Wasen angegriffen wurde. | |
Er habe noch eine vermummte Gruppe von 20 bis 40 Leuten auf der anderen | |
Straßenseite wahrgenommen, berichtet er, bevor diese ihn und Andreas Z. | |
offenbar erkannten. Zwei der Vermummten hätten ihn verfolgt und mit | |
Pfefferspray und Schlägen malträtiert. Schlimmer erwischt hat es Andreas | |
Z.: Der 64-Jährige wurde laut Anklageschrift noch am Boden liegend von | |
mehreren Männern, darunter der jüngere Angeklagte, getreten und geschlagen, | |
lag wochenlang im Krankenhaus. Er leidet noch heute unter | |
Wortfindungsstörungen. | |
## Ex-Neonazi kam an Ermittlungsakten | |
Ingo T., der als nachrückender Betriebsrat für „Zentrum Automobil“ bei | |
Daimler fungiert, beschuldigte auf Nachfrage des Gerichts die IG Metall, | |
Informationen über ihn und seine Begleiter an Antifas gegeben zu haben. Von | |
denen seien einige ja auch „links angehaucht“: „Und woher sonst sollte die | |
Antifa mich sonst gekannt haben?“ | |
T. ist mit Glatze und blauem Batikshirt mit Wolfsmotiv vor Gericht | |
erschienen. Er bezeichnet sich als weder „rechts noch gewaltbereit“. Mit | |
ihm könne jeder immer reden, sagt er. An diesem ersten Prozesstag kommen | |
jedoch auch Zweifel auf, ob die Opfer dieses fraglos brutalen Angriffs | |
selbst ganz so arglos sind, wie sie sich geben. | |
So weist etwa ein am Tatort gefundener Schlagring ausschließlich DNA des | |
attackierten Z. auf. Zudem trug er Protektoren unter seiner militärisch | |
anmutenden Camouflage-Kleidung. Möglicherweise verhinderten diese | |
schlimmere Verletzungen. | |
Der Prozess wirft ein Schlaglicht auf eine gewaltbereite Linke und ihre | |
Auseinandersetzung mit der vom [3][früheren Neonazi Oliver Hilburger] | |
gegründeten Gewerkschaft. Hilburger hatte nach dem Angriff offenbar aus | |
Polizeikreisen Ermittlungsakten zugespielt bekommen und in sozialen Medien | |
eine Belohnung für Hinweise ausgesetzt. | |
Auf der linken Plattform Indymedia wurde nach der Tat eine Erklärung | |
veröffentlicht, die den Einsatz von Gewalt gegen Rechtsextreme kühl als | |
„notwendig“, wenn auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht als taktisch klug | |
rechtfertigte. Ob den beiden Angeklagten eine Tatbeteiligung auch ohne | |
Aussage nachzuweisen ist, wird der Prozess zeigen. | |
26 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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