| # taz.de -- Schöffen wurde zu Recht abgesetzt: Nazirocker darf nicht Richter s… | |
| > Weil er Gitarrist einer rechtsextremen Rockband ist, wurde ein Schöffe | |
| > des Stuttgarter Landesarbeitsgerichts von seinem Amt ausgeschlossen. | |
| > Verfassungstreue gilt auch für Ehrenamtliche, so das Gericht. | |
| Bild: Musik eines Schöffen auf der NPD-Schulhof-CD? Nee!, befand das BVerfG. | |
| FREIBURG taz Auch ehrenamtliche Richter und Schöffen müssen treu zur | |
| Verfassung stehen. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem | |
| gestern veröffentlichten Beschluss. Es billigte die Amtsenthebung eines | |
| Stuttgarter Arbeitsrichters, der in der Freizeit Nazirock spielt. | |
| Oliver Hilburger ist seit 1989 Bassist, später Gitarrist der schwäbischen | |
| Nazi-Band Noie Werte. Deren Texte sind nationalistisch, ausländerfeindlich | |
| und NS-romantisch: "Deutschland den Deutschen, so soll es sein. Lasst keine | |
| Fremdlinge mehr rein in unser Land, in unsere Blocks kommt kein Gesocks", | |
| heißt es etwa im Stück "Zusammenhalt". Die Band war auch auf CDs vertreten, | |
| die die rechte Szene auf Schulhöfen verteilte. | |
| Beruflich arbeitete Hilburger als Facharbeiter bei Daimler. Für die | |
| Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) wurde er zum Betriebsrat gewählt. Die | |
| CGM hat ihn auch als ehrenamtlichen Arbeitsrichter vorgeschlagen. Sein | |
| rechtes Doppelleben wurde erst bekannt, als Hilburger auch noch in den | |
| CGM-Landesvorstand gewählt wurde. | |
| Das Landesarbeitsgericht Stuttgart setzte Hilburger im Januar 2008 als | |
| Arbeitsrichter ab. Er habe sich mit seiner Band gegen die Verfassung | |
| gestellt. Die einzelnen Texte von Noie Werte seien zwar nicht strafbar, | |
| doch das "Gesamtwerk" der Band könne man nur als "gewaltverherrlichend" und | |
| verfassungsfeindlich interpretieren". | |
| Dagegen erhob Hilburger Verfassungsbeschwerde. Er sah seine Kunst- und | |
| Meinungsfreiheit verletzt. Was er in der Freizeit mache, habe keine | |
| Auswirkungen auf seine Tätigkeit am Arbeitsgericht und gehe deshalb den | |
| Staat nichts an. | |
| Das sah das Bundesverfassungsgericht anders. Ein Richter müsse sich durch | |
| "sein gesamtes Verhalten" zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung | |
| bekennen. "Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal | |
| korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, distanzierte Haltung gegenüber | |
| dem Staat und seiner Verfassung", zitierten die Richter ausgiebig aus ihrer | |
| eigenen Berufsverbote-Rechtsprechung der 70er-Jahre. | |
| Diese Pflichten gelten auch, so Karlsruhe, für ehrenamtliche Richter. Denn | |
| am Arbeitsgericht bilden zwei Ehrenamtliche und ein Berufsjurist zusammen | |
| das "staatliche Gericht". Der Staat habe "streng darauf zu achten", dass | |
| keine Verfassungsfeinde zum ehrenamtlichen Richter ernannt werden. Die | |
| Amtsenthebung von Hilburger sei zwar "nicht zwingend" gewesen, aber die | |
| Verstöße gegen seine Amtspflichten auch "nicht unerheblich". Deshalb wurde | |
| die Verfassungsbeschwerde abgelehnt. | |
| Das Urteil gilt auch für Schöffen an Strafgerichten. Erst jüngst hat die | |
| Berliner NPD ihre Anhänger dazu aufgerufen, sich als Schöffen zu bewerben ( | |
| (s. "Mehr zum Thema). Az.: 2 BvR 337/08 | |
| 29 May 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Bestechung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bestechlicher Schöffe: „Eine gute Gelegenheit“ | |
| Ein Schöffe wollte einen Freispruch gegen Geld verkaufen. Nun hat ihn das | |
| Hamburger Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. | |
| Rechtsextremismus: Neonazis wollen Recht sprechen | |
| Die NPD ruft ihre Anhänger auf, sich als Schöffen zu bewerben. | |
| Linke-Parteichef Klaus Lederer und Ver.di zeigen sich besorgt. Die | |
| Justizverwaltung gibt sich hingegen gelassen. Bekannte Neonazis hätten bei | |
| der Wahl keine Chance. |