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# taz.de -- Urteil zu Angriff vor Querdenkerdemo: Nah am Tötungsdelikt
> Wegen des Angriffs auf Coronademonstranten verurteilt ein Stuttgarter
> Gericht zwei Männer zu vier und fünf Jahren Haft. Ein Opfer lag
> wochenlang im Koma.
Bild: Einer der Angeklagten wird vor der Verkündung des Urteils in den Gericht…
Stuttgart taz | Das Landgericht Stuttgart hat sein Urteil über zwei linke
Aktivisten gesprochen. Das Strafmaß dürfte wohl kaum noch jemanden
überrascht haben, auch nicht die beiden Angeklagten. Fünf Jahre und sechs
Monate Haft für Diyal A. und vier Jahre und sechs Monate für Joel P. wegen
schwerer Körperverletzung und Landfriedensbruch in einem besonders schweren
Fall. Damit blieb das Gericht nur wenige Monate unter der Forderung der
Staatsanwaltschaft. Die beiden jungen Männer nahmen es ohne sichtbare
Regung auf.
Die Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart sah es als erwiesen an, dass
die beiden 21- und 26-jährigen Männer im Mai vergangenen Jahres drei
Mitglieder [1][der rechtsextremen Gewerkschaft Automobil angegriffen] und
so schwer verletzt haben, sodass einer der Angegriffenen einen Schädelbruch
erlitt, lebensgefährlich verletzt wurde und mehrere Wochen im Koma lag. Der
Zweite ist nach Schlägen auf Kopf und Gesicht auf einem Auge fast Blind.
Ein Dritter erlitt leichtere Verletzungen.
Richter Johannes Steinbach sprach bei den Angeklagten von einem „traurigen
Fall von ideologischer Verblendung“. Joel P. habe sich [2][in seinem
Schlusswort am letzten Prozesstag] zu „den alten Parolen“ der linken Szene
bekannt, Diyal A. habe zwar geschwiegen, aber sei schon früher im Kampf um
die kurdische Unabhängigkeit aufgefallen. Die beiden hätten es nicht beim
Versuch belassen, andere von ihrer Meinung zu überzeugen. Sie hätten
Andersdenkende als vermeintliche Faschisten bekämpft.
Der Angriff auf die rechten Aktivisten des Zentrums Automobil, für den P.
und A. nun verurteilt wurden, fand im Vorfeld einer
Querdenker-Demonstration im Mai 2020 in Stuttgart statt. 20 bis 40
maskierte Antifas seien in „fast militärischer Formation“ auf ihre Opfer
losgegangen, so das Gericht. Es sei nicht die Absicht der linken Formation
gewesen, die Mitglieder des Zentrums Automobil umzubringen, aber vor allem
so genannte „Stampftritte“ auf den Kopf von Andreas Z. brächten die Tat in
die Nähe eines Tötungsdelikts.
## Schwierige Beweislage
Die Beweislage bezeichnete Richter Steinbach als „kompliziert“. Besonders
bei Diyal A., der von einem V-Mann der Polizei belastet wurde, sowie von
einem Haar auf einer Reizgaswaffe, die beim Angriff benutzt wurde. Joel P.
wurde nach Ansicht des Gerichts durch eine DNA-Spur eines Angegriffenen auf
seinen Handschuhen überführt.
Da der linke Trupp wie eine Militärformation agiert habe, sei es für das
Gericht möglich, auf eine Mittäterschaft der Angeklagten für alle aus der
Gruppe begangenen Taten zu schließen. Dabei sei man aber zugunsten der
Angeklagten davon ausgegangen, dass sie mit brutalen Tritten auf den Kopf
des einen Opfers nicht einverstanden gewesen seien, so Steinbach.
Die Kammer erlaubte sich in ihrem Urteil einen Seitenhieb auf den
destruktiv agierenden Nebenklagevertreter Dubravko Mandic. Sie sprach den
Opfern des Angriffs zwar einen Schmerzensgeldanspruch zu, legte aber keine
konkrete Summe fest. Der Anwalt und frühere AfD-Politiker hatte den Prozess
mit politisch motivierten Beweisanträgen über viele Prozesstage
verschleppt. Ein konkretes Schmerzensgeld hätte nähere Ermittlungen
verlangt, so Richter Steinbach, auf die man wegen einer befürchteten
weiteren Verzögerung des Prozesses verzichtet hätte. Die
Schmerzensgeldsumme muss nun in einem gesonderten Verfahren ermittelt
werden.
13 Oct 2021
## LINKS
[1] /Nach-Angriff-auf-Rechte-in-Stuttgart/!5762708
[2] /Angriff-vor-Querdenkerdemo-in-Stuttgart/!5807787
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Verschwörungsmythen und Corona
"Querdenken"-Bewegung
Gerichtsprozess
Urteil
Antifaschismus
Schwerpunkt Neonazis
Prozess
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