| # taz.de -- Kriminalitätsstatistik in Niedersachsen: Weniger Einbrüche, mehr … | |
| > In Niedersachsen gibt es weniger Einbrüche, zeigt die | |
| > Kriminalitätsstatistik. Trotzdem haben Einwohner mehr Angst davor, dass | |
| > Täter in die eigene Wohnung eindringen. | |
| Bild: Befördern die Angst: dunkle Ecken wie hier in Hannover | |
| HANNOVER taz | Um eine Tür oder ein Fenster aufzubrechen, brauchen | |
| routinierte Einbrecher nur wenige Sekunden. Kaum in der Wohnung, | |
| durchwühlen sie private Schubladen und stehlen den Familienschmuck oder | |
| gern auch externe Festplatten mit vielen Fotos und Erinnerungen darauf. | |
| Vor dieser Situation haben in Niedersachsen immer mehr Menschen Angst. Laut | |
| einer Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes (LKA) schätzen rund 23 | |
| Prozent der Befragten das Risiko, in den nächsten zwölf Monaten Opfer eines | |
| Einbruchs zu werden, als sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich ein. | |
| Tatsächlich sinkt die Zahl der Einbrüche in Niedersachsen jedoch. | |
| Innenminister Boris Pistorius (SPD) stellte gestern gemeinsam mit der | |
| Studie auch die niedersächsische Kriminalitätsstatistik für 2017 vor. „Die | |
| Kriminalitätsbelastung ist so gering wie seit über 35 Jahren nicht mehr“, | |
| sagte Pistorius. In fast allen Deliktsfeldern ist die Zahl der Straftaten | |
| und auch die der Opfer gesunken. Raub, Diebstahl oder Betrug gibt es | |
| weniger. Auch die Aufklärungsquote verbesserte sich leicht. | |
| Die Polizei in Niedersachsen registrierte im vergangenen Jahr 526.120 | |
| Straftaten. Das sind 35.843 Taten weniger als 2016. Besonders deutlich wird | |
| der Rückgang am Beispiel der Einbrecher: Im Jahr 2016 gab es rund 16.400 | |
| Fälle, 2017 waren es nur noch 13.600, ein Rückgang um rund 17 Prozent. | |
| Trotzdem wirkt sich diese Entwicklung noch nicht auf das Sicherheitsgefühl | |
| der Menschen aus: „Die Furcht, Opfer eines Einbruchs zu werden, ist etwa | |
| 250 Mal höher als die tatsächliche Betroffenheit“, sagte Pistorius. | |
| Die Dunkelfeldstudie wurde bereits zum dritten Mal vom LKA erhoben, um zu | |
| erfahren, wie Bürger die Sicherheit in ihrer Nachbarschaft, die Furcht vor | |
| Kriminalität oder die Arbeit der Polizei bewerten. | |
| Im ganzen Bundesland wurden 40.000 Einwohner angeschrieben. Rund 45 Prozent | |
| der Menschen nahmen tatsächlich teil. Das Ergebnis, so sagte es | |
| LKA-Präsident Uwe Kolmey, sei repräsentativ für Niedersachsen. Allerdings | |
| bezieht sich die Befragung auf das Jahr 2016 während die gesunkenen | |
| Einbruchszahlen aus dem Jahr 2017 stammen. | |
| Pistorius ist bei der Frage, ob diese Furcht der Polizei nützt, ambivalent. | |
| Denn fast vier von zehn Einbrüchen bleiben beim Versuch, weil die Täter | |
| gestört werden oder sie die Türen nicht aufbrechen können. „Jemand, der | |
| sich fürchtet, ergreift natürlich eher Vorsichtsmaßnahmen“, sagte Pistorius | |
| (siehe Kasten). | |
| Gleichzeitig definiere er Sicherheit nicht nur objektiv. Nur Menschen, die | |
| sich sicher fühlten, könnten frei leben. Er wolle künftig die | |
| Zusammenarbeit mit den angrenzenden Bundesländern und den EU-Nachbarstaaten | |
| intensivieren, um die Einbruchszahlen noch weiter zu senken. | |
| Niedersachsens neuer Polizeipräsident Axel Brockmann ging bei der | |
| Vorstellung der Kriminalitätszahlen explizit auf Straftaten von | |
| Geflüchteten ein. Diese seien rückläufig. | |
| Ohne Einreise- und Aufenthaltsverstöße zählte die Polizei rund 17.400 | |
| Straftaten, die von Geflüchteten begangen wurden. Das sind rund 1.250 Taten | |
| weniger als im Vorjahr. „Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge wird | |
| nicht straffällig“, sagte Brockmann. Besonders häufig begingen Geflüchtete | |
| Diebstähle oder würden beim Schwarzfahren erwischt. „Typische | |
| Armutskriminalität“, sagte Brockmann. | |
| ## Mehr minderjährige Täter | |
| Gestiegen ist laut Kriminalitätsstatistik hingegen die Zahl minderjähriger | |
| Täter. Die Polizei ermittelte in 35.900 Fällen Kinder und Jugendliche als | |
| Täter – vier Prozent mehr als im Vorjahr. Auch hier ist Diebstahl ein | |
| häufiges Delikt. Es handele sich überwiegend um deutsche Kinder, sagte | |
| Brockmann, „um Vorurteilen vorzubeugen“. | |
| Pistorius sieht den Anstieg mit Besorgnis: Es gelte, „das Entstehen | |
| krimineller Karrieren schon im Ansatz zu verhindern“. | |
| Dem Trend entgegen verläuft die Zahl der sexuellen Übergriffe und | |
| Vergewaltigungen. Insgesamt hat sich die Zahl der Sexualdelikte um 523 | |
| Taten auf 5.749 Fälle erhöht. Brockmann führt dies auf eine Verschärfung | |
| des Sexualstrafrechts zurück. Die Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern | |
| seien hingegen um rund neun Prozent zurückgegangen. | |
| ## Mehr Polizisten unter den Opfern | |
| Der Innenminister sieht jedoch noch eine weitere Gruppe, die stärkerer | |
| Gewalt ausgesetzt sei: Polizisten. Während 2016 noch 3.057 Polizisten zu | |
| Opfern wurden, waren es vergangenes Jahr 3.179. Gefasst werden darunter | |
| sowohl Widerstand gegen die Festnahme als auch Körperverletzungen. „Diese | |
| Entwicklung ist nicht hinnehmbar“, sagte Pistorius. Wer gewalttätig gegen | |
| Beamte werde, greife „unsere gesamte Gesellschaft“ an. | |
| Polizeipräsident Brockmann lieferte für den Anstieg allerdings schon eine | |
| mögliche Erklärung: Eine Änderung im Strafrecht vom vergangenen Jahr. | |
| Seitdem gilt es als „tätlicher Angriff“, wenn etwa ein Demonstrant einen | |
| Polizisten schubst – auch dann wenn der sich dabei nicht verletzt. | |
| 27 Feb 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrea Scharpen | |
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