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# taz.de -- Polizei verliert Maschinenpistole: „Das wird Konsequenzen haben“
> In Niedersachsen sucht die Polizei eine MP5-Maschinenpistole samt
> Munition. Es ist die vierte Sicherheitspanne in kurzer Zeit.
Bild: Wie sucht man eine MP5? Die taz nord möchte helfen und hat diesen Zettel…
Hamburg taz | Die Polizeiinspektion Celle hat eine Maschinenpistole vom Typ
MP5 des Herstellers Heckler & Koch mit zwei Magazinen samt Einsatzmunition
verloren. Das berichtete der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius
(SPD) am Donnerstag im Innenausschuss. Das Fehlen der Waffe war Ende März
aufgefallen. Die zuständige Polizeidirektion wurde allerdings erst im Mai
informiert. Anlass für die Sondersitzung des Innenausschusses war
eigentlich die Unterrichtung über Regeln für den Umgang mit sensiblen Akten
im Landeskriminalamt (LKA). Denn erst vor kurzem wurde bekannt, dass im LKA
ein vertrauliches Dokument vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) seit
einem Jahr verschwunden ist.
Dass eine MP5 im Bestand fehlt, wurde laut Landespolizeipräsident Axel
Brockmann nur durch eine anlasslose Stichprobe bemerkt. Der letzte Verweis
auf den Verbleib der Waffe sei im November 2018 zu finden, als sie
ausgeliehen und auch wieder zurückgegeben wurde. „Es gibt Defizite bei der
Beachtung von Regeln und bei der Kontrolle“, sagte Brockmann.
„Der Vorfall ist nicht zu akzeptieren“, erklärte Pistorius. Der Verbleib
müsse ständig registriert werden, Abhandenkommen müsste sofort gemeldet
werden. Allerdings wurde die zuständige Polizeidirektion Lüneburg erst nach
internen Untersuchungen informiert. Daraufhin wurden laut Brockmann
sämtliche Waffenbestände der Polizeidirektionen durchsucht. Die
Maschinenpistole konnte jedoch nicht gefunden werden. Die Überprüfung habe
aber gezeigt, dass weitere Bestände vollständig seien, sagte Brockmann.
Anders als die persönliche Dienstwaffe ist eine MP5 keinem Beamten
zugeordnet und wird als sogenannte Poolwaffe verwendet: Mehrere Polizisten
nutzen die Waffe, die Beamten müssen den Erhalt und die Rückgabe
quittieren. „Die Kontrollfunktion hat hier versagt“, sagte der
Polizeipräsident. Es seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden,
außerdem liefen strafrechtliche Ermittlungen. Der Vorfall werde
Konsequenzen nach sich ziehen, sagte Brockmann.
Die oppositionellen Grünen und FDP nannte den Vorfall „erschreckend“.
FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte, dass der Innenausschuss über
die vermisste MP5 erst jetzt informiert wurde. Auch
Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel erklärte: „Wie und wann das Parlament
informiert wird, können Groko, Innenministerium und Sicherheitsbehörden
nicht willkürlich entscheiden.“ Als politischer Leiter der Behörde sei
Pistorius in der Pflicht, die Sicherheitsprobleme öffentlich darzulegen.
Birkner sieht zudem systematische Mängel bei den Sicherheitsbehörden beim
Umgang mit geheimen Daten. „Das ist ein Alarmsignal dafür, dass etwas in
den Abläufen nicht in Ordnung ist“, sagte Birkner. „Die Pannenserie, die
Minister Pistorius zu verantworten hat, ist mittlerweile deutlich zu lang.“
Denn die vermisste Maschinenpistole ist nicht die erste und nicht die
einzige Panne im Landeskriminalamt: Einem LKA-Mitarbeiter wurde im August
2018 gegen Unterschrift ein als „VS-Vertraulich“ eingestuftes Dokument des
Bundesamtes für Verfassungsschutz ausgehändigt – jedoch nie zurückgegeben.
Dabei handele es sich um einen wöchentlichen Informationsbrief
„BfV-aktuell“ mit der zweitniedrigsten von vier Geheimhaltungsstufen, sagte
ein Sprecher des Innenministeriums.
## Von einem Angler aus einem Teich gefischt
Bekannt wurde der Fall erst durch eine Anfrage der FDP an die
Landesregierung. Die Liberalen erfragten, ob es im Innenministerium geheime
Akten gibt, deren Verbleib unklar ist.
Zudem war wenige Wochen zuvor einem Beamten der Polizeibehörde eine
Aktentasche mit sensiblen Dokumenten aus seinem Privatwagen gestohlen
worden. Diese wurde wenig später von einem Angler aus einem Teich gefischt.
Vergangene Woche wurden auch Sicherheitslecks beim niedersächsischen
Verfassungsschutz bekannt. 2017 wurden aus Privatautos zweier Mitarbeiter
der Behörde Diensthandys gestohlen. Zudem verschwand eine vertrauliche
Akte, die sich laut einem Sprecher aber mittlerweile wieder in den Händen
des Verfassungsschutzes befindet. Gegen einen Beamten wurde ein Verweis
ausgesprochen.
Ende 2018 wurde aufgrund organisatorischer Mängel beim niedersächsischen
Verfassungsschutz ein V-Mann enttarnt. Als Antwort auf ein
Auskunftsersuchen hatte der Geheimdienst versehentlich sensible
Informationen offengelegt. Behördenchefin Maren Brandenburger gab daraufhin
ihren Rücktritt bekannt.
Eine Verkettung von Sicherheitsmängeln im organisatorischen Ablauf sieht
Pistorius dennoch nicht: „Wir haben es hier mit einer Reihe von
Einzelfällen in verschiedenen Behörden zu tun, die geschehen sind, obwohl
die Regelungen klar sind“, sagte er am Donnerstag.
Wie die geheime Informationsbroschüre verloren gehen konnte, sollen jetzt
Fachleute aufarbeiten. Das Innenministerium lasse Kontrollmechanismen des
LKAs durch erfahrene Beamte aus anderen Behörden überprüfen, sagte ein
Sprecher des Ministeriums. Im LKA seien wegen der aktuellen
Sicherheitspanne bereits Disziplinarverfahren gegen drei Personen
eingeleitet worden. Eine dieser Personen wurde aus der Polizeibehörde in
einen anderen Aufgabenbereich versetzt.
9 Aug 2019
## AUTOREN
Katharina Gebauer
## TAGS
LKA
Polizei Niedersachsen
Innenministerium
Boris Pistorius
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Kriminalität
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