# taz.de -- Rechtspopulisten gründen Security-Firma: Das Geschäft mit der Ang… | |
> Zwei Wutbürger, die im Landtag sitzen, bauen zusammen eine Security-Firma | |
> auf. Sie wollen an der Furcht verdienen und zeigen Mitarbeiter, die sie | |
> nicht haben. | |
Bild: So präsentieren die beiden Politiker ihre neue Firma | |
BREMEN taz | Zwei Bürgerschaftsabgeordnete haben zusammen ein privates | |
Sicherheitsunternehmen gegründet – der eine ist Jan Timke von der | |
rechtspopulistischen Wählervereinigung „Bürger in Wut“, der andere Piet | |
Leidreiter, der 2015 für die AfD in den Landtag gewählt wurde, mittlerweile | |
aber ebenfalls ein Wutbürger ist. | |
Auf ihren Facebook-Seiten zeichnen beide immer wieder Bilder des | |
Schreckens. Viele Einträge sind von Angst geprägt – Angst vor | |
Terroranschlägen, Wohnungseinbrüchen, Zuwanderung, organisierter | |
Kriminalität oder Gewaltverbrechen. „In wenigen Jahren wurde unser schönes | |
Land ruiniert! Die Politik schweigt, das Volk tobt, die Bürger sind | |
wütend“, schreibt Piet Leidreiter da. Es ist von „Justizversagen auf ganzer | |
Linie“ die Rede, vom „Verrat am Rechtsstaat“. | |
In ihrem Programm fordern die Wutbürger drastische Gesetze und harte | |
polizeilichen Maßnahmen. Sie setzen auf „null Toleranz“ auch bei kleinen | |
Delikten. Bürger sollen die Polizei als „Sicherheitswacht“ unterstützen. | |
Kriminalität ist das zentrale Thema ihrer Agenda. Sie setzen auf die | |
Aufrüstung der inneren Sicherheit. | |
Nun wollen Jan Timke und Piet Leidreiter damit auch Geld verdienen: Im | |
Dezember vergangenen Jahres gründeten sie das private | |
Sicherheitsunternehmen Brewag GmbH. „Willkommen in unserer Welt der | |
Sicherheit“, heißt es auf der Internetseite des neuen Unternehmens. Er sei | |
vom Herzen her weniger Politiker, sondern eher Geschäftsmann, sagt | |
Leidreiter auf Nachfrage: „Als Unternehmer sucht man sich eben | |
Geschäftsfelder, die Gewinne versprechen. Innere Sicherheit ist ein | |
Problemgebiet, wo Bedarf besteht.“ | |
Lisa Hempel, die beim Lidice-Haus im Fachbereich Rechtsextremismus tätig | |
ist, wundert sich nicht über das Engagement der Wutbürger: „Das macht doch | |
total Sinn. Seit Jahren schüren Rechtspopulisten diffuse Ängste in der | |
Bevölkerung. Jetzt scheinen sie diese nicht nur politisch, sondern auch | |
beruflich nutzen zu wollen.“ | |
## Die Behauptung vom zunehmenden Verbrechen | |
Leidreiter begründet seine unternehmerischen Ambitionen mit der aktuellen | |
Gefahrenlage im Land. Er behauptet: „Verbrechen nehmen zu, dies zeigt die | |
Kriminalitätsstatistik.“ | |
Das ist ein pauschales Urteil, das so nicht belegbar ist: Schaut man sich | |
die Zahl der Gewalttaten in Deutschland an, so stimmt dies nur für 2016. | |
Erstmals stieg die jahrelang rückläufige Gewaltkriminalität laut | |
Bundeskriminalamt um 6,7 Prozent an. Auch die der Zahl der | |
rechtsmotivierten Gewalttaten bewegte sich um 14,3 Prozent nach oben. | |
Betrachtet man die Kriminalitätsstatistik hingegen über einen längeren | |
Zeitraum, dann ist Leidreiters Aussage eine Fehleinschätzung, die er mit | |
vielen Bundesbürgern teilt. Thomas Feltes, Leiter des Lehrstuhls für | |
Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der | |
Ruhr-Universität Bochum sagt dazu: „Im internationalen Vergleich erzielen | |
die Bundesbürger immer sehr hohe Werte bei der Verbrechensfurcht. Auch | |
heute noch, obwohl es noch nie so sicher war, in Deutschland zu leben, wie | |
jetzt.“ | |
## Mitarbeiter gesucht | |
Leidreiters neue Firma Brewag sucht derzeit in einer Stellenausschreibung | |
Verstärkung für ihr Team. Ansprechpartner für Bewerber ist Jan Timke. Es | |
gilt ein „festes Objekt“ in zentraler Lage von Bremerhaven zu bewachen. Das | |
Motto der Brewag lautet: „Sicherheit durch Kompetenz“. | |
Auf ihrer Internetseite präsentiert das Unternehmen Fotos unter der | |
Überschrift: „Hier sehen Sie einige unserer Mitarbeiter bei der Arbeit.“ Zu | |
sehen sind drei gut gelaunte Menschen am Schreibtisch. Doch das Bild | |
entstand vor über zehn Jahren in den USA und stammt aus der | |
Online-Fotodatenbank Fotolia, genauso wie zwei weitere Fotos: | |
Archiv-Material aus osteuropäische Ländern, die Jahre vor der | |
Unternehmensgründung gemacht wurden. | |
Auf Nachfrage gibt Leidreiter zu, dass es sich bei den Personen nicht um | |
echte Mitarbeiter der Firma handelt: „Unsere Angestellten wollen keine | |
Fotos von sich im Internet sehen. Wir würden dies zu ihrem eigenen Schutz | |
auch nie tun.“ | |
## Kontakt zu Neonazi | |
Kein Problem dagegen hat er, sich mit Mitarbeitern einer anderen Firmen im | |
Internet zu zeigen. Im September 2017 wirbt Piet Leidreiter gemeinsam mit | |
Jan Timke auf Facebook für den Einsatz von sogenannten „Bodycams“ bei der | |
Polizei. Illustriert ist der Beitrag mit zwei Fotos. Zu sehen sind Piet | |
Leidreiter und Jan Timke im Gespräch mit drei Sicherheitsmänner der Firma | |
TSK am Bremer Hauptbahnhof. | |
Wie das AfD-kritische Portal [1][afdwatchbremen.com] berichtet, soll es | |
sich bei einem der drei TSK-Mitarbeitern, um den Neonazi Lyzian B. handeln. | |
Fotos zeigen ihn bei einer Demonstration von Neonazis 2011 in Bad Nenndorf | |
und 2013 in Kirchweyhe bei Bremen. | |
Piet Leidreiter sagt, er kenne keinen der Mitarbeiter und wisse auch nicht, | |
wie diese sich privat engagieren: „Wenn ein Neonazi bei einem solchen | |
Dienst arbeitet, dann geht das natürlich nicht.“ Doch Lyzian B. ist nach | |
wie vor am Bremer Hauptbahnhof als Sicherheitsmann aktiv. Dies zeigen | |
aktuelle Filmaufnahmen, die der taz Bremen vorliegen. | |
30 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://afdwatchbremen.com/ | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heidelberger | |
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