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# taz.de -- Hetzschriften bringen Kohle: Das Geschäft mit Rassismus
> Die Buchhandlung Thalia bewirbt in Bremen extrem rechte Bücher an
> prominenter Stelle und verteidigt das mit Meinungsfreiheit
Bild: Hass kann so vielseitig sein: Blick ins Thalia-Sortiment
BREMEN taz | Beim Gang durch den Bremer Einkaufspark Duckwitz fällt sie auf
und soll es auch: die Auslage der Thalia-Filiale. Neben harmlosen Kinder-
und Pokémon-Go-Ratgebern bewirbt die Buchhandlung dort, direkt am
Ladeneingang, seit mehreren Wochen auch extrem rechte Literatur. Unter der
Rubrik „Aktuell im Gespräch. Entdecke neue Seiten“ liegen unter anderem
Bücher aus dem Kopp-Verlag aus. Das Unternehmen steht seit Jahren wegen
seiner rassistischen, geschichtsrevisionistischen und
verschwörungstheoretischen Autoren und Texte in der Kritik. Ein Kongress
des Verlags am vergangenen Wochenende machte bundesweit Schlagzeilen.
Ist das Buchwerbung, gegen die aufgrund von Pressevielfalt und
Meinungsfreiheit nichts einzuwenden ist? Nein, sagt Max Wengel von der
Mobilen Beratungsstelle „Pro aktiv gegen rechts“. Für ihn darf der
Buchhandel geistigen Brandstiftern vor dem Hintergrund der zunehmenden
rassistischen Angriffe im Land keine Bühne bieten.
Auf dem Büchertisch bei Thalia finden sich Titel wie „Beuteland
Deutschland. Die systematische Plünderung Deutschlands seit 1945“ oder
„Grenzenlos kriminell. Was uns Politik und Massenmedien über die Straftaten
von Migranten verschweigen“ von Udo Ulfkotte. Der ehemalige Redakteur der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung war bereits 2007 der rechtspopulistischen
Partei „Bürger in Wut“ in Bremen beigetreten. Ulfkotte sieht sich selbst
als „Tabubrecher“. Als Publizist wettert er gegen angebliche politische
Korrektheit, warnt vor einem Bürgerkrieg und der „stillen Islamisierung
Deutschlands“.
Ulfkottes Themensetzung passt ins Programm des Kopp- Verlags. Neben Büchern
wie „Penis Power – der Weg zur Superpotenz“ veröffentlicht das Unternehm…
mit Sitz in der Nähe von Tübingen pseudowissenschaftliche Literatur über
Außerirdische, geheime Kräfte, Übernatürliches und vor allem allerlei
Verschwörungstheorien. Andere Kopp-Autoren beschwören angeblich
bevorstehende Krisen und Kriege oder warnen vor der „Supermacht Amerika“
oder „Flüchtlingsströmen“.
Laut dem zuständigen Innenministerium Baden-Württemberg umfasst das Angebot
des Kopp-Verlages auch Bücher, „die von rechtsextremistischen Verlagen
herausgegeben werden oder von rechtsextremistischen Autoren stammen“. Die
Schriften bedienten sich „naturgemäß rechtsextremistischer und
antisemitischer Argumentationsmuster.“
Thalia, selbsternannter „Marktführer im Sortimentsbuchhandel“, beruft sich
bei seiner Auswahl auf die Meinungsfreiheit. Die Pressesprecherin des
Unternehmens, Julia Hattrup, sieht in der Bewerbung der Bücher keine
Empfehlung. Der taz gegenüber erklärt sie: „Vielmehr geht es uns bei der
Auswahl der Titel, die in der Rubrik ‚Aktuelles‘ zu finden sind, um eine
ausgewogene Mischung verschiedenster Perspektiven zu einem aktuell
diskutierten Thema, sodass Leser die Möglichkeit haben, sich umfassend zu
einem Thema zu informieren, sich mit verschiedenen Blickwinkeln
auseinanderzusetzen und sich so eine eigene Meinung zu bilden.“ Dazu
gehörten auch Buchtitel, die „umstritten“ seien.
Der Rechtsextremismus-Experte Wengel hält das für eine Ausrede. Thalia
scheine sich von jeglicher Verantwortung freisprechen zu wollen: „Durch den
Verkauf solcher Bücher bietet Thalia den Autorinnen und Autoren die
Möglichkeit, ihre in Teilen rechtspopulistischen, rassistischen und
verschwörungstheoretischen Inhalte zu verbreiten.“
Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der Bremer Linkspartei, findet das
Verhalten von Thalia nicht überraschend angesichts eines „grassierenden
Rechtsrucks in der Gesellschaft“. Sie stellt fest: „Rechte Leserschaften
sind schließlich ein wachsender Markt.“ Vogt ist von dem Unternehmen
enttäuscht: „Von einer großen Buchhandlungskette wie Thalia wünscht man
sich schon eine Meinung und vor allem auch eine Haltung.“
9 Oct 2016
## AUTOREN
Sebastian Heidelberger
## TAGS
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