| # taz.de -- Katharina Fegebank über grüne Politik: „Keine City-Maut. Das gi… | |
| > Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) über | |
| > Hochschulen, Klima und die Fortsetzung der rot-grünen Koalition nach der | |
| > Wahl 2020. | |
| Bild: Traut sich auch das Bürgermeister-Amt zu: Katharina Fegebank, noch Zweit… | |
| taz: Frau Fegebank, warum wollen Sie b ei der Bürgerschaftswahl 2020 | |
| Spitzenkandidatin der Grünen sein? | |
| Katharina Fegebank: Weil mir die politische Arbeit für die Stadt viel | |
| Freude macht. Wir haben schon viel auf den Weg gebracht, und wir haben noch | |
| mehr vor. Ich finde, dass die Grünen weiter die Geschicke dieser Stadt als | |
| starke Kraft mitgestalten sollten. | |
| Und warum treten Sie nicht Bürgermeister-Kandidatin an? | |
| Wer eine grüne Bürgermeisterin will, kann eine grüne Bürgermeisterin | |
| wählen. Ich traue mir jede Verantwortung zu, die mir die Hamburgerinnen und | |
| Hamburger übertragen. | |
| Aber warum trauen sich die Grünen nicht, Ansprüche klar zu formulieren und | |
| zu sagen: Wir wollen gewinnen? | |
| Ich nehme lieber Anlauf und springe weit statt auf die Nase zu fallen, | |
| bevor es richtig losgegangen ist. Alles zu seiner Zeit. Es wird schon | |
| erwartet, dass es einen Wettbewerb um die Spitze des Senats gibt, und wir | |
| werden zu gegebener Zeit erklären, wie wir uns da aufstellen. | |
| Höchsten Ansprüchen genügt zumindest für den Moment die Hamburger Uni. | |
| Fällt jetzt das Spardiktat für die Hochschulen? | |
| Ich bin erst mal wirklich froh, dass es der Universität gelungen ist, die | |
| Exzellenz-Auszeichnung zu erreichen. Das öffnet Türen und gibt dem Thema | |
| Wissenschaft eine enorme Strahlkraft. Die brauchen wir für den | |
| Strukturwandel der Stadt hin zur Wissensmetropole. Das schafft auch die | |
| Grundlage dafür, dass wir jetzt noch mal anders über die Finanzierung | |
| sprechen können. | |
| Uni-Präsident Dieter Lenzen sagte, er braucht perspektivisch 400 Millionen | |
| Euro im Jahr, damit die Uni exzellent bleiben kann. | |
| Er sprach von 3,5 Prozent Steigerung im Jahr. | |
| Er rechnet das um und kommt auf diese Summe. | |
| Ja, über einen langen Zeitraum gerechnet und mit einer nachhaltigen Planung | |
| unterlegt. | |
| 2023 sollte es soweit sein. | |
| Die Position des Uni-Präsidenten ist für mich gut nachvollziehbar nach so | |
| einem Erfolg. Die Uni hat mit unserer Unterstützung hart für das | |
| Exzellenz-Siegel gearbeitet, und nun fordert sie auf dieser Grundlage eine | |
| dauerhafte und strukturelle Mehrfinanzierung, um die in sie gesetzten | |
| Erwartungen einzulösen. Mein Ziel ist – und zwar nicht nur für die | |
| Universität, sondern für alle unsere staatlichen Hochschulen –, dass wir | |
| nach den im Herbst startenden Verhandlungen deutlich über den 2020 | |
| auslaufenden Hochschulvereinbarungen landen. Aber diese Verhandlungen | |
| kommen ja erst noch. | |
| Aber wie realistisch ist Lenzens Vorstellung? | |
| Wir müssen alles auf den Tisch legen und uns alles angucken. Ich habe eben | |
| mein Ziel beschrieben, und wenn ich ernsthaft will, dass es in der Stadt | |
| insgesamt ein Umdenken gibt, müssen wir investieren. In Bayern und | |
| Baden-Württemberg hat man die letzten Jahrzehnte bewusst in Wissenschaft | |
| und Innovation investiert, um gute Köpfe zu holen und zu halten und auf | |
| diese Weise auch die regionale Wirtschaft auf eine erneuerte Basis zu | |
| stellen. Und so einen Strukturwandel brauchen wir auch hier im Norden. | |
| Im Herbst kommt mit dem AfD-Gründer und Wirtschaftswissenschaftler Bernd | |
| Lucke eine ungeliebte Figur zurück an die Universität. Wie erklären Sie das | |
| den Studierenden? | |
| Es ist sein Recht zurückzukommen. Und ich gehe davon aus, dass die | |
| Studierenden eine intelligente und angemessene Weise finden werden, damit | |
| umzugehen. Natürlich kann ich verstehen, dass es bei den Studentinnen und | |
| Studenten und in Teilen des Kollegiums ein Unbehagen gibt. Aber die | |
| kontroverse Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ideen ist Teil des | |
| wissenschaftlichen Diskurses. | |
| Unbehagen ist ein zu schwaches Wort. So ein Mensch gehöre nicht an die Uni, | |
| hieß es zum Beispiel vom Asta. | |
| Man muss sich aber an Recht und Gesetz halten. Herr Lucke hat die | |
| Möglichkeit zurückzukehren, und das macht er. | |
| Und wenn niemand zu seinen Vorlesungen geht? | |
| Das wäre eine kreative Form des Protestes. Und kluger Protest ist ja auch | |
| Teil der Universität. Wo sollte man sich sonst mit schwierigen Fragen und | |
| Protestformen auseinandersetzen, wenn nicht an der Uni? | |
| Zum Beispiel an Ihrer Hauswand. Wie bewerten Sie den Farbgläser-Anschlag | |
| auf Ihr Haus am zweiten Jahrestag des G20-Gipfels? | |
| Ich habe mir eigentlich fest vorgenommen, auf diesen persönlichen Angriff | |
| keine großen Gedanken zu verschwenden. Was mich besonders ärgert, ist die | |
| Feigheit. Ich habe in so einer Situation den Impuls, dass ich mit diesen | |
| Leuten sprechen und wissen will: Was geht eigentlich in eurem Kopf vor und | |
| wieso redet ihr nicht mir, wenn ihr was an meiner Art Politik zu machen, | |
| auszusetzen habt? | |
| taz: Wären Sie auch so gelassen und gesprächsbereit, wenn eine ähnlich | |
| gelagerte Attacke aus dem rechten Spektrum käme? | |
| Bisher wissen wir noch nichts über die Hintergründe. Gewalt ist als Mittel | |
| der politischen Auseinandersetzung immer falsch, egal, auf welche Gesinnung | |
| sie sich beruft. Aber beim rechtsextremen Terror haben wir es aktuell | |
| nochmal mit einer besonderen Form der Bedrohung zu tun. Was wir erleben mit | |
| den Listen, auf denen Menschen stehen, die sich für Minderheiten einsetzen, | |
| selbst einer Minderheit angehören, sich für eine pluralistische | |
| Gesellschaft einsetzen, das ist besorgniserregend. Es ist erschreckend, was | |
| sich für Strukturen und Netzwerke gebildet haben, mit einer Strategie der | |
| Ausgrenzung und Einschüchterung und sichtbarer Brutalität bis hin zu einem | |
| Mord. Das ist nicht vergleichbar, und darum haben wir uns ja jetzt | |
| entschieden, das Thema Rechtsextremismus in Hamburg gezielt ganz nach oben | |
| auf die Agenda zu setzen und etwas zu tun. | |
| Geben die Grünen gerade ihren Anspruch auf, bei den Themen Klima und Umwelt | |
| führend zu sein? | |
| Nein, ganz im Gegenteil. | |
| Die SPD und vor allem Bürgermeister Tschentscher wildert aber ziemlich | |
| ungeniert in grünen Gefilden. | |
| Erst mal ist jeder Verbündeter, der es mit dem Klimaschutz ernst meint, | |
| hilfreich. Es ist gut, dass das Klimathema in der Mitte der Gesellschaft | |
| angekommen ist. | |
| Der grüne Umweltsenator Jens Kerstan beklagt aber, dass die SPD besseren | |
| Lärmschutz für die Bevölkerung verhindere. | |
| Ein allgemeines Bekenntnis zum Klima- und Umweltschutz ist nicht viel wert, | |
| wenn im Regierungsalltag dann doch immer alles andere wichtiger ist. Wir | |
| Grünen wollen technischen Fortschritt im Umweltschutz, in der Luftfahrt, in | |
| der Schifffahrt. Aber natürlich müssen wir auch über eine Kerosinsteuer und | |
| einen sozial gerechten CO2-Preis sprechen. Wir benötigen dringend einen | |
| neuen rechtlichen Rahmen, damit sich Klimaschutz und innovative | |
| Technologien überhaupt lohnen. | |
| Das ist Europa- und Bundespolitik. Was aber tut Rot-Grün in Hamburg? Wo | |
| bleibt der Lärmaktionsplan? Ein effektiver Klimaschutzplan? Weitere | |
| Dieselfahrverbote? Landstrom-Gebot im Hafen? | |
| Wir werden noch in diesem Jahr den bestehenden Klimaschutzplan | |
| fortschreiben. Er wird sich orientieren an verschiedenen Sektorenzielen für | |
| Wohnen und Bauen, Mobilität sowie Wirtschaft und Industrie. Dazu gibt es | |
| schwierige Gespräche, weil ein Klimaplan nicht allein am Schreibtisch des | |
| Umweltsenators entsteht, sondern die aktive Mitarbeit aller Behörden | |
| braucht. Aber ich setze darauf, dass wir Erfolg haben. | |
| Und einen effektiver, umweltfreundlichen komfortablen, und preisgünstigen | |
| Nahverkehr soll es dann auch endlich geben? | |
| Das ist unser gemeinsames Ziel als Koalition. Wir wollen in Infrastruktur, | |
| also in U- und S-Bahnen, E-Busse, investieren. Wir wollen eine | |
| Angebotsoffensive starten, um den Wechsel von der autogerechten Stadt zur | |
| menschengerechten Stadt zu erleichtern. Und es sollen endlich die | |
| Stadtteile besser angeschlossen werden, die bisher das Nachsehen haben. | |
| Schnellbahnen schön und gut – aber sie kosten Milliarden und fahren erst in | |
| 15 Jahren: Was passiert jetzt? | |
| Es ist bekannt: Wir Grünen wollten 2015 die Stadtbahn. Sie wäre schneller | |
| und deutlich günstiger zu realisieren gewesen. Aber da haben wir bei der | |
| SPD auf Granit gebissen. Stattdessen haben wir uns dann auf den Ausbau des | |
| U- und S-Bahn-Netzes geeinigt. Das setzen wir nun um. | |
| Warum nicht eine City-Maut? Die würde dazu führen, dass Autofahrer die | |
| Verkehrswende finanzieren. | |
| Wir haben uns als Koalition zunächst dazu entschieden, keine City-Maut | |
| einzuführen. Das gilt. | |
| Aber nach der Wahl im Februar gibt es neue Koalitionsverhandlungen, in | |
| denen Grüne das Thema wieder auf den Tisch bringen könnten. | |
| Wir sind für jeden Vorschlag dankbar, der dem Klimaschutz nutzt. Aber eine | |
| City-Maut steht nicht im Mittelpunkt unserer Überlegungen. | |
| Die Kieler Klimaforscherin Friederike Otto forderte vor drei Wochen im | |
| taz-Interview, jede Stadt müsse bei jeder Entscheidung den verbindlichen | |
| Klimacheck machen – alles müsse der CO2-Neutralität dienen. Ein sinnvoller | |
| und r ealistischer Vorschlag? | |
| Ich habe gelernt, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oftmals dem | |
| politischen Diskurs um Meilen oder Jahre voraus sind. Deshalb halte ich das | |
| für einen absolut sinnvollen und notwendigen Impuls gerade auch in einer so | |
| großen Wirtschafts-, Industrie und Logistikmetropole wie Hamburg. | |
| Bei den Wahlen am 26. Mai lagen die Grünen bei über 31 Prozent in Europa | |
| und in den Bezirken weit vor der SPD, in vier Bezirken sogar stärkste | |
| politische Kraft. Woran lag das? | |
| Das liegt zum einen daran, dass wir Grünen eine unmissverständlich | |
| pro-europäische Position haben. Und zum zweiten an jahrzehntelanger | |
| Kärrnerarbeit an der Basis in den Bezirken, in den Stadtteilen. Das hat | |
| sich jetzt so richtig ausgezahlt. | |
| Europa- und kommunalpolitisch gleich stark, das ist sehr ungewöhnlich. | |
| Aber sehr erfreulich. Wer behauptet, das sei nun mal der Zeitgeist, und die | |
| Wählerinnen und Wähler würden nicht unterscheiden, worum es bei einer Wahl | |
| geht, der macht es sich zu einfach. | |
| Wie lautet Ihr Wahlziel für die Bürgerschaftswahl im Februar? 30plusX? | |
| Ich lasse mich jetzt auf keine Prozentprognosen ein. Ich erwarte, dass wir | |
| deutlich über unserem Ergebnis von 2015 mit damals 12,3 Prozent liegen und | |
| einen Gestaltungsauftrag für diese Stadt haben werden. | |
| Und Sie wollen wieder Zweite Bürgermeisterin werden? | |
| An uns Grünen soll erstmal niemand vorbei können. Über Personen und | |
| Ressorts denken wir später nach. | |
| In einer rot-grünen Koalition? | |
| Das ist unsere Präferenz, denn wir arbeiten bislang recht gut zusammen. Die | |
| SPD scheut jedoch vor einer Koalitionsaussage zurück, und wir laufen ihr | |
| nicht hinterher. | |
| Oder wollen Sie doch lieber Erste Bürgermeisterin eines grün-roten Senats | |
| werden? | |
| Wenn die Wählerinnen und Wähler das so entscheiden, nehmen wir diese | |
| Aufgabe gerne an. | |
| 8 Aug 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
| Ilka Kreutzträger | |
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