| # taz.de -- Kampf gegen steigende Mieten: Berlin ruft den Bündnisfall aus | |
| > Vertreter*innen aus Politik und Immobilienbranche unterzeichnen ein | |
| > Wohnungsbündnis. Der Mieterverein weigert sich, auch Heimstaden fehlt | |
| > bisher. | |
| Bild: Franziska Giffey mit Vonovia-Chef Rolf Buch am Montag | |
| Berlin taz | Nach dem [1][für sie desolaten SPD-Parteitag] war der Termin | |
| am Montagnachmittag wieder ganz nach Franziska Giffeys Geschmack: „Einen | |
| beachtlichen Kreis an Erstunterzeichnern“ habe man versammeln können, | |
| erklärte die Regierende Bürgermeisterin bei der Besiegelung des von ihr | |
| vorangetriebenen [2][Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen] | |
| im Roten Rathaus. Vertreter*innen aus Senat und Bezirken, Verbänden | |
| sowie privater wie landeseigener Wohnungsunternehmen setzten ihre | |
| Unterschrift unter die seit Januar ausgehandelte Vereinbarung. | |
| Insgesamt 17 Partner*innen sind dabei, 6 davon sind die landeseigenen | |
| Wohnungsunternehmen. Bisher fehlt der schwedische Großvermieter Heimstaden. | |
| Grund seien aber nur Abstimmungsprobleme im Unternehmen, so Giffey; sie | |
| rechne fest mit einer baldigen Unterschrift. Der Berliner Mieterverein | |
| erklärte indes, er werde nicht unterzeichnen. | |
| Ziel der Vereinbarung ist es, den Wohnungsbau deutlich zu beschleunigen und | |
| weitere Mietsteigerungen zu bremsen. Dafür verpflichten sich die | |
| beteiligten Vermieter*innen, in bestimmten Fällen Mieterhöhungen stark zu | |
| begrenzen oder ganz auszusetzen, eine feste Anzahl Wohnungen für | |
| Geflüchtete und Wohnungslose sowie für Menschen mit Wohnberechtigungsschein | |
| (WBS) bereitzustellen. Das gilt auch für neu gebaute Wohnungen. | |
| Profitieren von diesen Regelungen können nur Mieter*innen, deren | |
| Vermieter*innen Teil des Bündnisses sind; vor allem kleinere | |
| Vermieter*innen fehlen. Die Regeln gelten nach Senatsangaben für rund | |
| 900.000 der rund 1,9 Millionen Berliner Wohnungen; in dieser Zahl dürfte | |
| Heimstaden aber enthalten sein. | |
| Die Politik verpflichtet sich im Gegenzug, die Bauverwaltung zu | |
| beschleunigen: So sollen neue Flächen ausgewiesen, Genehmigungen schneller | |
| erteilt, Beteiligungsverfahren flotter gemacht werden und die Bauämter mehr | |
| Personal bekommen. Denn der Senat ist auf die Unterstützung der privaten | |
| Baufirmen angewiesen: 60.000 der in den nächsten fünf Jahren geplanten | |
| 100.000 neuen Wohnungen sollen von ihnen erstellt werden. „Auch wir müssen | |
| liefern und unsere Hausaufgaben machen“, betonte Giffey. | |
| Das Bündnis sei deutlich umfassender als ähnliche Versuche in anderen | |
| Bundesländern, erklärte Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender von Vonovia, dem | |
| größten privaten Vermieter Berlins. Denn anders als etwa in Hamburg geht es | |
| nicht nur um Neubau. „Es hat auch deutlich weher getan“, so Buch weiter. | |
| „Für Sie als Senat ist das ein großer Erfolg.“ | |
| Kritiker*innen des Bündnisses stellen infrage, dass die Zugeständnisse | |
| der Privatwirtschaft ausreichen, [3][um signifikante Erleichterungen für | |
| Mieter*innen zu bewirken]. Auch bei den grünen und linken | |
| Regierungspartnern hält sich die Euphorie in Grenzen. Angesichts fehlender | |
| gesetzgeberischer Möglichkeiten – ein Großteil des Mietrechts ist | |
| Angelegenheit des Bundes – sei reden mit den Privaten aber besser, als | |
| nicht zu reden, so Grüne und Linke. | |
| ## Scharfe Kritik vom Mieterverein | |
| Der Berliner Mieterverein, der ebenfalls an den Verhandlungen beteiligt | |
| war, begründete in einer [4][langen Erklärung], warum er die Vereinbarung | |
| nicht unterzeichne. So fehlten verbindliche Vereinbarungen mit breiter | |
| Wirkung für einen verbesserten Schutz von Mieter*innen, Ziele seien zu oft | |
| unpräzise formuliert. Ernüchtert konstatierte Geschäftsführer Reiner Wild: | |
| „Die Berliner Landesregierung bleibt mit der Bündnisvereinbarung an | |
| diversen Stellen hinter ihrer Koalitionsvereinbarung zurück. Das verwundert | |
| nicht, ermutigt aber auch nicht.“ | |
| Ebenfalls nicht verwunderlich war die Kritik der Initiative Deutsche Wohnen | |
| enteignen. Das Bündnis garantiere lediglich steigende Mieten und eine | |
| Überteuerung der Stadt, kritisierte Sprecher Kalle Kunkel. | |
| Aber auch von Unternehmensseite gibt es weiter Vorbehalte. Der | |
| Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, ZIA, werde die Vereinbarung nicht | |
| unterzeichen, teilte er am Montag mit. Man könne Regelungen zum Schutz von | |
| Mieter*innen nicht mittragen, darunter jene, wonach die Miete nach einer | |
| Erhöhung nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens betragen dürfe. | |
| Das sei „realitätsfern“. | |
| Klaus Lederer, Kultursenator und einer der Stellvertreter der Regierenden | |
| Bürgermeisterin, glaubt derweil, dass die von Giffey angeregte Begrenzung | |
| auf 30 Prozent des Haushaltseinkommens „in der Regel eher nicht zur | |
| Anwendung kommen wird“, wie er am Montag sagte; es sei vielmehr eine | |
| Härtefallklausel. Er setze zur Entlastung der Mieter*innen vielmehr auf | |
| die – auch aufgrund seines massiven Drucks erreichte – Deckelung der | |
| Mieterhöhungen auf 2 Prozent pro Jahr für WBS-Empfänger*innen; eine Regel, | |
| die erst mal bis Ende 2023 gilt. | |
| 20 Jun 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Parteitag-in-Berlin/!5859319 | |
| [2] /Wohnungsbuendnis-des-Senats/!5858223 | |
| [3] /Kritik-an-Giffeys-Wohnungsbuendnis/!5858079 | |
| [4] http://www.berliner-mieterverein.de/presse/pressearchiv/berliner-buendnis-f… | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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