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# taz.de -- Kabinett beschließt Fracking-Gesetz: Auflagen, aber kein Verbot
> Das Kabinett will Gas-Fracking unter strengen Auflagen erlauben. Die
> wichtigsten Fakten über die Fördertechnik und das geplante Gesetz.
Bild: Fracking-Anlage bei Williston, North Dakota (USA).
BERLIN taz | Nach langer Debatte soll das umstrittene Gas-Fracking in
Deutschland unter strengen Auflagen nur zu Probezwecken erlaubt, eine
spätere großflächige Förderung aber nicht ausgeschlossen werden. Das
Kabinett beschloss am Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf des
Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministeriums.
## Oft gehört, nie wirklich verstanden: Was genau ist Fracking?
Fracking ist ein Kunstwort, das aus dem Begriff „hydraulic fracturing“
(englisch für „hydraulisches Aufbrechen“) abgeleitet wurde. Beim Fracking
werden in Bohrlöcher unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemikalien
gepresst, um Risse im Gestein zu erzeugen und offen zu halten; durch diese
kann dann das im Gestein eingeschlossene Gas oder Öl entweichen und
gefördert werden.
Unterschieden wird dabei bisweilen zwischen Fracking in „konventionellen“
Lagerstätten wie Sandstein und „unkonventionellen“ Lagerstätten wie
Schiefer-, Kohle- und Tongestein. Konventionelle Lagerstätten sind in
Deutschland schon seit den 60er-Jahren mittels Fracking ausgebeutet worden;
dabei sind meist nur einzelne Frack-Vorgänge erforderlich, um den Gasfluss
wieder anzuregen, wenn er nachlässt. In unkonventionellen Lagerstätten muss
normalerweise sehr viel häufiger und mit mehr Flüssigkeit gefrackt werden;
hier ist Fracking in Deutschland noch nicht angewendet worden.
## Wie groß ist das Fracking-Potenzial in Deutschland?
Darüber gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. Die Bundesanstalt für
Geowisssenschaften und Rohstoffe (BGR) schätzt das technisch förderbare
Vorkommen von Schiefergas auf 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter - das wäre
ein Vielfaches der konventionellen Erdgasreserven und würde rechnerisch
langen, um den Gasbedarf Deutschlands zehn Jahre lang komplett zu decken.
Ob die Förderung allerdings wirtschaftlich wäre, ist fraglich. Durch
Umweltauflagen wäre Fracking in Deutschland erheblich teurer als etwa in
den USA, wo die Technik einen Gasboom ausgelöst hat - und selbst dort
rechnet sich Fracking aufgrund der gesunkenen Öl- und Gaspreise kaum noch.
## Warum gibt es gegen Fracking so viele Proteste?
Die Kritiker sehen mehrere Risiken: Zum einen werden beim Fracking bisher
diverse giftige und krebserregende Chemikalien eingesetzt, die das
Grundwasser verschmutzen könnten. Exxon hat zwar angekündigt, in
Deutschland nur ungiftige Zusätze zu verwenden, doch dieses Verfahren ist
noch nicht erprobt. Außerdem müssen große Mengen belastetes Wasser entsorgt
werden, denn neben der Frack-Flüssigkeit kommt meistens auch sogenanntes
Lagerstättenwasser mit an die Oberfläche, das mit Chemikalien und
Schwermetallen belastet ist. Und durch Fracking steigt die Gefahr von
Erdbeben - was sich unter anderem im niederländischen Groningen und im
US-Bundesstaat Ohio gezeigt hat.
Umstritten ist auch der Klimanutzen von Fracking. Zwar ist Gas generell
klimafreundlicher als etwa Kohle. Doch beim Fracking wird mehr Methan
freigesetzt als bei normaler Gasförderung, was den Klimavorteil verringert
oder sogar umkehrt.
## Was plant die Bundesregierung?
Der Gesetzentwurf, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat,
verbietet jede Art von Fracking in sensiblen Gebieten. Dazu gehören
Wasserschutzgebiete, Heilquellenschutzgebiete und die Einzugsgebiete von
Seen, Talsperren und Brunnen für die öffentliche Trinkwassergewinnung. Die
Bundesländer können zusätzlich die Einzugsgebiete von privaten
Mineralwasser- und Brauereibrunnen sowie Gebiete des Steinkohlebergbaues
Fracking sperren. In Naturschutzgebieten und Nationalparken dürfen keine
Förderanlagen stehen, doch von außerhalb sind Bohrungen möglich.
Fracking in konventionellen Lagerstätten bleibt außerhalb der besonders
geschützten Gebiete generell erlaubt; allerdings ist künftig anders als
bisher eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Zudem dürfen die
verwendeten Frackflüssigkeiten allenfalls schwach wassergefährdend sein.
Neben den Bergämtern müssen auch die Wasserbehörden dem Vorhaben zustimmen.
Für unkonventionelle Lagerstätten wird Fracking unterhalb von 3000 Metern
Tiefe erlaubt. Oberhalb davon sind zunächst nur wissenschaftlich begleitete
Erprobungsbohrungen erlaubt. Ab 2018 ist dann auch dort eine kommerzielle
Förderung möglich, sofern eine aus Expertenkommission dies mehrheitlich für
unbedenklich hält und die zuständigen Behörden zustimmen. In der Kommission
soll jeweils ein Vertreter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe, des Umweltbundeamtes, eines Landesamtes für Geologie, vom
Geoforschungszentrum Potsdam, dem Umweltforsuchungszentrum Leipzig und
einer Landeswasserbehörde sitzen.
1 Apr 2015
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Barbara Hendricks
Gesetz
Fracking
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Prozess
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