# taz.de -- Geschichte der Anti-AKW-Bewegung: Atomkraft? Tschüs und nein danke! | |
> Seit 50 Jahren protestieren Menschen gegen Atomkraft. Mitte April werden | |
> die letzten AKWs abgestellt. Hat die Bewegung ihr Ziel erreicht? | |
taz | Das Atomkraftwerk Würgassen an der Weser ist nur noch eine Ruine. Vor | |
mehr als 20 Jahren begann der Abriss, der Reaktor ist längst entkernt, nur | |
die wuchtige Hülle ragt noch über die Baumwipfel. Mehr als eine Milliarde | |
Euro kostete der Rückbau bislang. Rund 450.000 Tonnen Stahl und Beton | |
müssen dabei weichen, 5.000 Tonnen davon gelten als radioaktiver Abfall. | |
Würgassen war das einzige kommerzielle AKW im Bundesland | |
Nordrhein-Westfalen. 1997 wurde es stillgelegt, bei einer Überprüfung waren | |
Risse im Stahlmantel des Reaktors entdeckt worden, der Betreiber scheute | |
das wirtschaftliche Risiko einer teuren Umrüstung. | |
„Von der versprochenen grünen Wiese ist hier nichts zu sehen“, sagt Arno | |
Schelle. „Stattdessen wollen sie hier ein gigantisches Atommülllager | |
bauen.“ Die taz trifft den 55-jährigen Lehrer auf dem Parkplatz vor dem | |
Kraftwerk. Die große Betonfläche, Schauplatz von zahlreichen Demos, ist | |
verwaist. Ein Sicherheitsmann tritt aus dem Wachhäuschen und fotografiert | |
die Besucher. | |
Schelle ist seit seiner Jugend in der Antiatomkraftbewegung aktiv. | |
„Hunderttausende denken, eine/r allein kann ja doch nichts ändern“ – das | |
stand auf einem Aufkleber, der ihm Anfang der 1980er Jahre in die Hand | |
fiel. Das Zitat ließ ihm keine Ruhe. Eine/r allein sollte nichts ändern | |
können? Von wegen. Es gibt kaum eine Zeitung oder Zeitschrift, die er | |
seither nicht mit atomkritischen Leserbriefen eingedeckt hat. | |
Geprägt auch von der friedensbewegten Jugendarbeit des früheren | |
evangelischen Dorfpfarrers, geht Arno Schelle als 15-Jähriger beim | |
Kirchentag in Hannover erstmals auf eine Demo gegen die Nato-„Nach“rüstung. | |
Seitdem begleitet er mit langem Atem das Thema Atomkraft. Er ist bei | |
zahlreichen Demonstrationen dabei, protestiert in Brokdorf, Berlin und | |
Würgassen. Macht Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Bürgerinitiativen | |
und die Grünen und klebt im Wahlkampf Plakate. | |
Besonders gute Erinnerungen hat Arno Schelle an [1][Silvester 2021/2022]. | |
Kurz vor Mitternacht haben Aktivist:innen vor dem Tor des 70 Kilometer | |
von Würgassen entfernten Atomkraftwerks Grohnde, das in diesen Sekunden | |
nach 37 Betriebsjahren für immer vom Netz genommen wird, einen symbolischen | |
Abschalthebel aufgebaut und auf „Off“ gestellt. Andere stimmen ein Lied an: | |
„Grohnde ist aus“. Aus einem Lautsprecher dröhnt der Song „Tage wie dies… | |
von den Toten Hosen. | |
„Das hat mich vor der Kulisse der zwei nun abkühlenden Kühltürme wirklich | |
bewegt“, sagt Schelle. „Und dann das Gefühl: Es hat jetzt ein Ende.“ Er … | |
aus dem 50 Kilometer entfernten Dörfchen Fredelsloh zur nächtlichen | |
„Abschaltfeier“ nach Grohnde angereist. Insgesamt haben sich rund 120 Leute | |
am Kraftwerk versammelt, unter ihnen auch einige niedersächsische Landtags- | |
und Bundestagsabgeordnete der Grünen. | |
Zeitgleich mit Grohnde wurden die Meiler Brokdorf (Schleswig-Holstein) und | |
Gundremmimgen C (Bayern) im Zuge des 2011 nach der Fukushima-Katastrophe | |
endgültig eingetüteten Atomausstiegs dauerhaft heruntergefahren. Spätestens | |
Ende 2022 sollten eigentlich auch die drei verbliebenen Atomkraftwerke | |
Emsland (Niedersachsen), Neckarwestheim-2 (Baden-Württemberg) und Isar-2 | |
(Bayern) abgeschaltet werden. [2][Unter dem Druck der Opposition] und einer | |
vermeintlichen Energiekrise ordnete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den | |
Weiterbetrieb bis zu diesem Samstag an. | |
Bei der Abschaltfeier in Grohnde ist auch der damalige Landtagsabgeordnete | |
und jetzige niedersächsische Umweltminister Christian Meyer von den Grünen | |
anwesend. Sein Vater war als Bauarbeiter an der Errichtung des AKW | |
beteiligt, später auch mit Strahlenpass bei Revisionsarbeiten in der Anlage | |
eingesetzt. Von dort brachte er dem Sohn einen Aufkleber mit, der lange am | |
Kühlschrank in der Küche klebte: „Atomkraftgegner überwintern – bei | |
Dunkelheit mit kaltem Hintern“. | |
Wahrscheinlich, so Meyer zu taz, „hat mich das zum Energiewendefreund und | |
Atomkraftgegner gemacht“. Später als Politiker konnte er den | |
Katastrophenschutzplan für Grohnde einsehen und war erschrocken: „Viele | |
Sammelstellen waren gar nicht mehr vorhanden. Mein Gymnasium sollte die | |
Dekontaminationseinheit für den Fall der Atomkatastrophe werden.“ | |
In den 1960er und 1970er Jahren hegen die damaligen Bundesregierungen große | |
Atompläne. Von der Fantasie beflügelt, über einen eigenen nuklearen | |
Kreislauf und damit eine potenzielle Möglichkeit zur Produktion von | |
Atomwaffen zu verfügen, wollen sie das Land mit Hunderten Atomkraftwerken | |
zupflastern. Schnelle Brüter sollten Plutonium erzeugen, eine | |
Wiederaufarbeitungsanlage und weitere Atomfabriken den „nuklearen | |
Brennstoffkreislauf“ ergänzen. Unter diesem „Kreislauf“ – der in Wahrh… | |
gar keiner ist, weil der Atommüll ja über Jahrtausende weiter strahlt – | |
verstehen die Atom-Apologeten alle Verarbeitungsprozesse des Urans: vom | |
Abbau des radioaktiven Metalls in der Mine über den Einsatz im Kraftwerk | |
bis zur Wiederaufarbeitung oder „Entsorgung“. | |
Die meisten der einst geplanten Meiler werden nie gebaut. Neue | |
Reaktorlinien wie der Brüter in Kalkar oder der Hochtemperaturreaktor in | |
Hamm scheitern vor oder kurz nach der Inbetriebnahme. Eine atomare | |
Wiederaufarbeitungsanlage lässt sich weder in Gorleben noch im bayrischen | |
Wackersdorf gegen den – teils militanten, überwiegend aber gewaltfreien – | |
Widerstand Zehntausender durchsetzen. | |
Die Wiege dieses Widerstands, sagen viele, stand im badischen Wyhl. Vor 50 | |
Jahren, im Frühjahr 1973, läuft im Radio die Meldung, dass die | |
Landesregierung die Gemeinde am Kaiserstuhl als Standort für ein AKW | |
ausgesucht hat. Es kommt zu Treckerdemonstrationen, Bürgerversammlungen, | |
Unterschriftensammlungen. Am 18. Februar 1975 stürmen Hunderte den Bauplatz | |
in Wyhl. Zwei Tage später räumt die Polizei das besetzte Gelände mit | |
Wasserwerfern und Hunden. Doch das entfacht den Zorn der Leute erst recht. | |
Am 23. Februar demonstrieren mehr als 25.000 Menschen gegen Atomkraft und | |
Polizeigewalt, überwinden die Absperrungen und drängen die Beamten zurück. | |
Der Bauplatz bleibt über Monate besetzt. | |
Auf dem Gelände entstehen das „Freundschaftshaus“ und die „Volkshochschu… | |
Wyhler Wald“ – Einrichtungen, die den „Mythos von Wyhl“ wesentlich prä… | |
Nächtelang sitzen Badener- und Elsässer:innen, Bäuerinnen und Winzer, | |
Hausfrauen und linke Studenten bei Käse und Riesling am Lagerfeuer. | |
Diskutieren über die Risiken der Atomkraft, entwerfen Pläne für eine | |
Energieversorgung ohne Atom und eine bessere Gesellschaft. | |
Wyhl ist ein Fanal. An den Standorten geplanter Atomkraftwerke, aber auch | |
in vielen Städten entstehen Bürgerinitiativen. In ihrer ersten Hochphase | |
zwischen 1976 und 1980 gibt es etwa in Hamburg oder Bremen in nahezu jedem | |
Stadtteil mindestens eine aktive Gruppe. Die Anti-AKW-Bewegung wird zur | |
prägenden außerparlamentarischen Oppositionsströmung. Sie wächst schnell, | |
wird breiter und bunter und umfasst bald ein Spektrum, das von | |
konservativen Natur- und Lebensschützern über Standortinitiativen bis zur | |
studentischen Linken reicht. Das macht sie stark, aber auch anfällig für | |
Spaltungen. | |
Solche Spaltungen offenbaren sich erstmals bei den großen | |
Brokdorf-Protesten. Von einer von den Behörden verbotenen und von | |
Politikern und Medien mit beispielloser Hetze begleiteten Großdemonstration | |
gegen das geplante AKW an der Elbe am 19. Februar 1977 distanzieren sich | |
der eher „bürgerliche“ [3][Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz] | |
(BBU), SPD- sowie DKP-nahe Gruppierungen. Sie rufen zu einer zeitgleichen | |
Kundgebung in der Stadt Wilster auf und können dazu rund 20.000 Personen | |
mobilisieren. | |
Etwa dreimal so viele Menschen trotzen dem Verbot und ziehen bei eisiger | |
Kälte durch die Marsch und machen erst kurz vor dem AKW halt, wo sich die | |
Polizei hinter einer Sperre verschanzt hat. Erst die Besetzung der | |
Tiefbohrstelle 1004 im Gorlebener Wald im Mai 1980, der Aufbau eines | |
Hüttendorfes und die Proklamierung der „Republik Freies Wendland“ führt d… | |
verschiedenen Spektren der Bewegung wieder zusammen. Im Zuge der | |
Brokdorf-Demos entdecken die in den 1970ern noch starken | |
K-(Kommunistischen)-Gruppen die Anti-AKW-Bewegung als Aktions- und | |
Rekrutierungsfeld. Manche Kader halten sich allerdings gar nicht lange dort | |
auf, sondern marschieren bei den sich formierenden Grünen weiter. | |
1981 und 1986 gibt es weitere Großdemonstrationen in [4][Brokdorf]. Doch | |
trotz der Massenproteste geht das AKW im Oktober 1986 in Betrieb, als | |
erstes in Europa seit der Tschernobyl-Katastrophe. Ausgerechnet Brokdorf. | |
Es ist, zumindest gefühlt, die bitterste Niederlage der Anti-AKW-Bewegung. | |
Doch die Erfolge überwiegen: Die Anti-AKW-Bewegung trägt maßgeblich dazu | |
bei, dass das „Atomdorf“ Hanau ab- und ausgeräumt wird. Sie deckt die | |
Skandale um verstrahlte Atommüllbehälter und das marode Atomlager Asse auf. | |
Sie stößt den Ausbau der erneuerbaren Energien an, sorgt dafür, dass sich | |
Wind und Sonne ungeachtet aller Torpedierungsversuche durch Konzerne und | |
Regierungen als verlässlicher Energieträger etablieren können. | |
Ein großer Erfolg lässt sich im September 2020 vermelden: Der Salzstock | |
Gorleben fliegt aus dem Suchverfahren für ein atomares Endlager heraus. Aus | |
geologischen Gründen, wie es offiziell heißt. Die hatten Anti-AKW-Bewegte | |
und ihr wissenschaftlicher Beistand indes schon von Beginn an vorgebracht. | |
Doch der unterirdische Salzstock wurde über Jahrzehnte weiter untersucht. | |
Mehr noch: Unter dem Deckmantel der Erkundung entstand ein fast fertiges | |
Endlager. Ohne den massenhaften Widerstand der Wendländer:innen und | |
ihrer Unterstützer:innen aus dem In- und Ausland hätte es einen | |
Neustart für die Endlagersuche nie gegeben, ist nicht nur die örtliche | |
Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg überzeugt. | |
In Sichtweite des stillgelegten Erkundungsbergwerks im Gorlebener Wald | |
empfängt Wolfgang Ehmke Besucher. Das frühere Greenpeace-Schiff „Beluga“ | |
steht auf einem Gestell auf einer Lichtung, als „Mahnmal“ für eine | |
verfehlte Energiepolitik. Durch die Bäume blinkt der Stahlzaun um das | |
Atommüllzwischenlager, 113 Castoren mit hochradioaktivem Schrott strahlen | |
dort vor sich hin. Auf der anderen Seite, unter Bäumen, verwittern drei | |
Holzkreuze, an denen sich Gläubige seit Jahrzehnten jeden Sonntag zum | |
„Gorlebener Gebet“ versammeln. | |
Der 75-jährige Ehmke ist Sprecher und Frontmann der BI, er war schon bei | |
den großen Demos in Brokdorf dabei. „Wir haben Geschichte gemacht, als wir | |
der Atommafia und ihren bewaffneten Dienern zeigten: So geht es nicht!“, | |
sagt er. Spätestens seit 1995, als der erste Castor-Transport ins | |
Zwischenlager Gorleben rollte, sei das Wendland zu dem politischen und | |
sozialen Ort mutiert, an dem nicht nur das Aus für den Salzstock, sondern | |
auch das Ende der Atomkraft „auf der Straße und der Schiene ausgehandelt“ | |
wurde. „Die Zivilgesellschaft“, so Ehmke, „erwies sich als Korrektiv für | |
eine verfehlte Energiepolitik.“ | |
Auch wenn die Anti-AKW-Bewegung kein Copyright für die „Erfindung“ neuer | |
Gesellschaftsformen beanspruchen kann: Ihre radikale | |
politisch-gesellschaftliche Kritik, ihre Offenheit für Utopien und nicht | |
zuletzt ihre Bündnisfähigkeit und enge Verbindung mit anderen | |
emanzipatorischen Bewegungen haben nach Ansicht vieler Aktiver maßgeblich | |
dazu beigetragen, dass sie erfolgreich war. Durch ihre Spontaneität, ihre | |
Kreativität und ihre Lebendigkeit sei sie auch kulturell attraktiv gewesen. | |
Theater und Musik begleiteten fast jede ihrer Aktionen. „Es wird ein Lachen | |
sein, das sie besiegt“, stand und steht auf unzähligen Mauern, Plakaten und | |
Flugblättern. | |
Über ihr originäres Anliegen hinaus erstreitet und schützt die | |
Anti-AKW-Bewegung auch Grundrechte. Dafür steht der Brokdorf-Beschluss des | |
Bundesverfassungsgerichts. Dieses trifft 1985 weitreichende und | |
grundlegende Aussagen zur Bedeutung der Versammlungsfreiheit, es erarbeitet | |
Begriffe wie Eilversammlung und Spontanversammlung und betont ausdrücklich, | |
dass Bürokratie und Protest sich nicht gut vertragen. | |
Als bei den Castor-Transporten weiträumige Demonstrationsverbote verfügt | |
werden, erreicht die Anti-AKW-Bewegung, dass Gerichte diese Maßnahmen | |
zumindest im Nachhinein für unrechtmäßig erklärten. Nicht nur im Wendland | |
heißt es: Die Demokratie wurde weniger in Afghanistan verteidigt als in | |
Gorleben, wie es der damalige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) | |
groteskerweise behauptet hat. | |
Ihre Erfolge haben viele Menschen aus der Anti-AKW-Bewegung teuer und nicht | |
nur mit kalten Hintern in Polizeikesseln und auf Castor-Transportstrecken | |
bezahlt. Kriminalisierung und Polizeigewalt begleiteten den Widerstand | |
gegen Atomanlagen, der teilweise auch als Widerstand gegen das | |
kapitalistische System verstanden wird, von Beginn an. | |
Tausende AKW-Gegner:innen werden vor, bei und nach Demonstrationen | |
verhaftet, viele von ihnen zu Geld- oder Gefängnisstrafen verurteilt. | |
Allein im Jahr 1986, in dem die Anti-AKW-Bewegung infolge des schweren | |
Unfalls in Tschernobyl viel Zulauf erfährt, laufen 5.000 bis 6.000 Straf- | |
und Ermittlungsverfahren. Für 1987 zählen die unabhängigen | |
Ermittlungsausschüsse im Zusammenhang mit den Protesten gegen die geplante | |
Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf 3.982 Festnahmen und 3.000 | |
Ermittlungsverfahren. | |
Nicht nur gegen Vorstandsmitglieder der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg | |
wird zeitweise wegen „Gründung bzw. Unterstützung einer terroristischen | |
Vereinigung“ ermittelt. Auch sind etliche AKW-Gegner:innen wegen ihres | |
Engagements von Berufsverboten betroffen, der Bremer Professor und | |
Atomkraftkritiker Jens Scheer ist ein prominentes Beispiel. Er darf | |
zeitweise nicht einmal sein Büro an der Universität betreten. Schon Ende | |
der 1970er Jahre schleusen Polizei und Verfassungsschutz Informanten in | |
Bürgerinitiativen ein – in Göttingen etwa zwei Zivilbeamte mit den | |
Tarnnamen „Wicky“ und „Rudi“. | |
Sie kommen regelmäßig zu den Treffen des Arbeitskreises gegen Atomenergie, | |
betreuen den Infostand auf dem Marktplatz, fahren mit Göttinger | |
Aktivist:innen zu Seminaren und sogar in den Urlaub. Bei einer | |
Diskussion über Protestaktionen in Gorleben schlägt „Wicky“ vor, eine | |
Rauchbombe in eine Trafostation zu werfen, das gäbe einen „schönen | |
Aufruhr“. Enttarnt werden die Spitzel durch Hinweise ehemaliger | |
Schulfreunde: Ihr angeblicher Wohnsitz in Hannover war früher eine Adresse | |
des Drogendezernats der Polizei. | |
Im Zuge der Kämpfe in Wackersdorf sind Tote zu beklagen: Die Hausfrau Erna | |
Sielka und der Ingenieur Alois Sonnleitner sterben bei Demonstrationen. Der | |
Polizist Johann Hirschberger kommt ums Leben, als ein Hubschrauber, der | |
Atomkraftgegner:innen verfolgt, mit einem Triebwagen zusammenstößt. In | |
Frankreich sterben die AKW-Gegner Vital Michalon und Sébastien Briat: | |
Michalon wird durch eine Granate der Bürgerkriegspolizei CRS bei einer | |
internationalen Demo gegen das Kernkraftwerk Creys-Malville tödlich | |
verletzt, Briat vom Fahrtwind eines Atommüllzuges, der auf dem Weg nach | |
Gorleben ist, unter die Räder gezogen. | |
Und nun? Braucht es nach der endgültigen [5][Abschaltung der letzten AKWs | |
am 15. April] noch eine Bewegung? Doch, klar, sagt Wolfgang Ehmke. Auf die | |
verbliebenen Initiativen vor Ort kämen viele Aufgaben zu. So bleibe ja „die | |
Ungewissheit, was mit den Atomanlagen in Lingen und Gronau wird“. Die | |
Urananreicherungsanlage und die Brennelementefabrik seien vom Atomausstieg | |
ausgenommen. Zudem sei es „absurd, dass das ‚Ausstiegsland Deutschland‘ | |
dazu beiträgt, dass anderswo Atomkraftwerke betrieben werden können“. | |
Was auch bleibe, sei der Atommüll. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung | |
sorgte Ende letzten Jahres mit dem Eingeständnis für Schlagzeilen, dass ein | |
Endlagerstandort nicht, wie angestrebt, im Jahr 2031 feststeht, sondern | |
erst rund 30 Jahre später. „Bis dahin“, so Ehmke „muss der Müll | |
zwischengelagert werden, und da tickt eine Zeitbombe.“ | |
Ähnlich äußert sich Arno Schelle beim Blick auf die Atomruine in Würgassen. | |
„Bei aller Freude über das Erreichte: Es überwiegt kein Triumphgefühl, | |
sondern Nachdenklichkeit. Wir müssen wachsam bleiben.“ Aber erst einmal | |
wird gefeiert: Für das kommende Wochenende laden Anti-Atom-Initiativen zu | |
„Abschaltfesten“ in Lingen, München und Neckarwestheim ein. | |
11 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Drei-AKWs-zu-Silvester-abgeschaltet/!5821221 | |
[2] /Streit-ueber-AKW-Weiterbetrieb/!5889230 | |
[3] https://www.bbu-online.de/ | |
[4] /Brokdorf-wird-zum-Jahresende-abgeschaltet/!5818087 | |
[5] /Atomausstieg-am-15-April/!5919968 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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