| # taz.de -- Friedenspreis des Buchhandels: „Die Stimme für die Stimmlosen“ | |
| > Die geehrte Tsitsi Dangarembga fordert eine neue Aufklärung gegen | |
| > Rassismus. Die Debatte über Meinungsfreiheit prägt auch die | |
| > Preisverleihung. | |
| Bild: Applaus für Tsitsi Dangarembga nach ihrer Rede in der Frankfurter Paulsk… | |
| Frankfurt/Main dpa/epd/taz | Die [1][Debatte über die Grenzen der | |
| Meinungsfreiheit] bei der Frankfurter Buchmesse hat auch die Verleihung des | |
| Friedenspreises geprägt und zu einer kleinen Unterbrechung geführt. „Ich | |
| finde es schlimm und ich mache mir auch Sorgen, richtig große Sorgen, wenn | |
| ich lese, dass Autorinnen Angst haben, nach Frankfurt zu fahren, weil sie | |
| hier auf rechtsradikale Verlage und Autoren treffen könnten“, sagte | |
| Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) während seiner Rede in | |
| der Paulskirche am Sonntag. | |
| „Sie wissen, wir stehen alle für die Freiheit des Wortes, und das ist ein | |
| hohes Gut.“ Aber, so sagte er auch: „Die Würde des Menschen ist das größ… | |
| Gebot unserer Verfassung.“ Im kommenden Jahr sollten sich all diese | |
| Autorinnen sicher fühlen, auf die Buchmesse zu kommen. In Frankfurt sei | |
| Platz für Menschen aus 180 Nationen, aber kein Platz für | |
| Fremdenfeindlichkeit oder anderen Formen der Diskriminierung. | |
| Der SPD-Politiker wurde plötzlich von Mirrianne Mahn unterbrochen, | |
| Stadtverordnete für die Grünen in Frankfurt, die ungeplanterweise auf die | |
| Bühne kam. Sie als schwarze Frau müsse auf ein Paradox hinweisen, | |
| [2][begründete sie ihre Intervention]. „Das Paradox ist, dass wir hier in | |
| der Paulskirche, der Wiege der Demokratie, einer schwarzen Frau den | |
| Friedenspreis verleihen, aber schwarze Frauen auf genau dieser Buchmesse | |
| nicht willkommen waren“, sagte sie. „Und ich sage ganz klar ‚nicht | |
| willkommen waren‘, weil nicht dafür gesorgt wurde, dass sie sich sicher | |
| fühlen. Das ist keine Meinungsfreiheit.“ | |
| Die Frankfurter Buchmesse hatte [3][eine Debatte über die Grenzen der | |
| Meinungsfreiheit] ausgelöst. Zunächst hatte [4][Jasmina Kuhnke] („Schwarzes | |
| Herz“) hatte ihren Auftritt auf der Messe wegen der Anwesenheit des | |
| [5][rechten Jungeuropa-Verlags] abgesagt. Später waren weitere Autorinnen | |
| und Autoren gefolgt. | |
| ## „Eine weithin hörbare Stimme Afrikas“ | |
| Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wurde an [6][Tsitsi | |
| Dangarembga, Autorin und Filmemacherin aus Simbabwe], verliehen. Die | |
| 62-Jährige verbinde in ihrem künstlerischen Werk ein einzigartiges Erzählen | |
| mit einem universellen Blick, sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des | |
| Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, bei der Übergabe des | |
| Preises. Dangarembga sei „nicht nur eine der wichtigsten Künstlerinnen | |
| ihres Landes, sondern auch eine weithin hörbare Stimme Afrikas in der | |
| Gegenwartsliteratur“. | |
| Mit ihrer besonderen Gabe als Autorin und Filmemacherin vermöge es | |
| Dangarembga, die Menschen zu bewegen und aufzurütteln, sagte Schmidt- | |
| Friderichs. Zudem kämpfe Dangarembga, die im Nordosten von Simbabwe geboren | |
| wurde, für Freiheits- und Frauenrechte sowie für die politische Veränderung | |
| im patriarchalischen System ihres Heimatlandes. Weil sie sich gegen | |
| Korruption engagiere, steht sie dort vor Gericht. | |
| In ihrer Romantrilogie „This Mournable Body“, „The Book of Not“ und | |
| „Nervous Conditions“ beschreibe Dangarembga am Beispiel einer | |
| heranwachsenden Frau den Kampf um das Recht auf ein menschenwürdiges Leben | |
| und weibliche Selbstbestimmung in Simbabwe, würdigte Schmidt-Friderichs. | |
| Dabei zeige die studierte Psychologin soziale und moralische Konflikte auf, | |
| „die weit über den regionalen Bezug hinausgehen und Resonanzräume für | |
| globale Gerechtigkeitsfragen eröffnen“. In ihren Filmen thematisiere sie | |
| Probleme, die durch das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne | |
| entstehen. | |
| ## „Lesen Sie afrikanische Literatur“ | |
| Auma Obama, die Halbschwester des früheren US-Präsidenten Barack Obama, | |
| würdigte in ihrer emotionalen Laudatio ihre Freundin Dangarembga als eine | |
| der bedeutsamsten Stimmen auf dem afrikanischen Kontinent. Gegen viele | |
| Widerstände erhebe diese mit ihrem Werk „die Stimme für die Stimmlosen“ u… | |
| kämpfe für die Meinungsfreiheit, sagte die kenianische Journalistin und | |
| Autorin. Dangarembga habe ein differenziertes Bild von Afrika in die Welt | |
| gebracht, sagte Obama. Ihr künstlerischer Antrieb sei der Wunsch, die Dinge | |
| zum Guten zu verändern. „Lesen Sie afrikanische Literatur, schauen sie über | |
| ihren Horizont, wir sind da“, so Obama. | |
| Tsitsi Dangarembga rief in ihrer Dankesrede dazu auf, „eine neue | |
| Aufklärung“ zu wagen und ging auf die gewaltsame Kolonialgeschichte ihres | |
| Landes ein. Ein verändertes Denken, ein Paradigmenwechsel sei nötig, um ein | |
| friedvolles Zusammenleben der Menschheit zu erreichen. Das durch westlichen | |
| Kolonialismus und Imperialismus in die Welt getragene rassistische Denken | |
| müsse abgestreift und ein ausbeuterisches Weltwirtschaftssystem überwunden | |
| werden. Rassismus sei verantwortlich für einen großen Teil der Gewalt, die | |
| sich Menschen gegenseitig antun, sagte die Friedenspreisträgerin. | |
| Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. | |
| Er soll laut Statut eine Persönlichkeit auszeichnen, „die in hervorragendem | |
| Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, | |
| Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen | |
| hat“. Im vergangenen Jahr erhielt der indische | |
| [7][Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph Amartya Sen] den Preis. | |
| 24 Oct 2021 | |
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