# taz.de -- Rechte Verlage bei der Buchmesse: Wegnehmen statt hinzufügen | |
> Kultureinrichtungen bemühen sich um mehr Diversität. Dabei ist weniger | |
> manchmal hilfreicher als mehr. | |
Bild: Protest vor dem Stand des rechtsextremen Magazins Compact auf der Leipzig… | |
Kultureinrichtungen und Verlage arbeiten auf verschiedenen Ebenen an mehr | |
Diversität. Das müssen sie. Auch weil das Publikum sich verändert hat: | |
Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen, die Rassismus oder | |
Antisemitismus ausgesetzt sind, wollen ihre Lebensrealität in den | |
Geschichten wiederfinden, die auf der Bühne, in Filmen und Romanen erzählt | |
werden. Wer in Zukunft noch Tickets oder Bücher verkaufen will, wird sich | |
dem anpassen müssen. | |
Es ist einfacher, für etwas zu sein als dagegen. Oft schon aus | |
Marketinggründen. „Für Diversität“, das behauptet erst mal nur, mehr | |
Menschen einzuladen und einzuschließen. Es heißt: „Auch du darfst | |
dazukommen.“ „Unsere Produkte und die Tickets für unser Programm kannst | |
auch du dir kaufen.“ Mehr Vielfalt heißt hier eben auch: viel mehr | |
potenzielle Kundschaft. | |
Sich gegen etwas positionieren? Das ist komplizierter. Denn es ist | |
einfacher und harmloser, sagen zu können: „Wir sind für alle! Wir sind | |
nicht gegen euch. Wir sind nur einfach auch für die Anderen!“ Sich offen | |
gegen bestimmte Haltungen zu stellen, das würde bedeuten: in die | |
Konfrontation zu gehen. Darum werden weiter Diversitätskonzepte entwickelt, | |
Social-Media-Posts zu jüdischen und muslimischen Feiertagen rausgehauen, | |
Fotos von PoC möglichst präsent auf die Homepage gepackt und „Wir sind | |
viele“-Banner über den Eingang gehängt. Regelmäßig werden neue Maßnahmen | |
erfunden, um beispielsweise PoC zu inkludieren oder wenigstens | |
anzusprechen. | |
## Unbequemer Antifaschismus | |
Kürzlich stieß ich auf den US-Wissenschaftler Leidy Klotz. Seine Forschung | |
zeigt, dass Menschen, wenn sie etwas verbessern wollen, dazu neigen, etwas | |
hinzuzufügen, statt etwas wegzunehmen. Dabei führt uns das Weglassen | |
manchmal eher zum Ziel. Es kann effektiver sein, Don’t-Dos zu finden als | |
To-Dos. Die Autorin Jasmina Kuhnke boykottierte die Frankfurter Buchmesse | |
2021, weil dort auch [1][rechte Verlage ausstellen]. Weitere Autor*innen | |
schlossen sich dem Protest an. Kuhnke hätte sich auf der Messe nicht sicher | |
bewegen oder gar entspannt ihre Arbeit machen können. In diesem Jahr hat | |
die Buchmesse ein Awareness-Team aus | |
Antidiskriminierungsberater*innen aufgestellt und einen Code of | |
Conduct „für ein wertvolles und respektvolles Miteinander“ veröffentlicht. | |
Der Versuch, rechten Verlagen die Plattform zu entziehen, wird nicht | |
unternommen, denn [2][man fürchtet den Rechtsstreit]. Doch auch | |
gerichtliche Auseinandersetzungen müssen geführt werden. Wer möchte, dass | |
Schwarze, PoC oder jüdische Menschen Teil einer Veranstaltung sind, der | |
muss sich keine Diversitäts- und Awareness-Programme ausdenken, sondern | |
dafür Sorge tragen, dass für Rassismus und Antisemitismus kein Platz ist. | |
Unbequemer Antifaschismus ist wirkungsvoller als eine freundliche | |
Diversitätspolitik. Das Beste, was wir „für mehr Diversität“ tun können, | |
ist, etwas wegzunehmen. Nämlich diejenigen, die ausgrenzen. | |
10 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Simone Dede Ayivi | |
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