| # taz.de -- Rechter Verlag bedroht taz-Journalist: Alles nur ein Spaß | |
| > Der Jungeuropa Verlag schwelgt in Gewaltfantasien, wenn er an einen | |
| > taz-Journalisten denkt. Vermeintliche Ironie gehört zur Strategie dieses | |
| > Milieus. | |
| Bild: Feine Herren mit Gewaltfantasien auf der Frankfurter Buchmesse: der Stand… | |
| Glatze scheren, Gesichtstattoo stechen: Keine übliche Offerte auf der | |
| Frankfurter Buchmesse. Die Verlage bemühen sich sehr bei der Präsentation | |
| ihres Programms. An den Verlagsständen liegen auch mal kleine Präsente oder | |
| nette Gimmicks aus. Der Jungeuropa Verlag bietet diese Vor-Ort-Behandlung | |
| allerdings an. Nicht für alle, die an ihren Stand kommen, nur für mich. Das | |
| offene Angebot des rechtsextremen Verlags ist nichts anders als eine | |
| eindeutige Gewaltandrohung. | |
| Seit [1][Tagen läuft eine Debatte] um den Verlag. [2][Einzelne | |
| Autor:innen haben wegen einer möglichen Bedrohung ihr Kommen abgesagt]. | |
| In dem Podcast „von rechts lesen – Sendung 27“ sprechen der [3][Verleger | |
| Philip Stein] und der Autor des Verlages Volker Zierke über die Buchmesse, | |
| was so geplant sei, was vorstellbar wäre. Recht launisch, recht langweilig | |
| geplaudert. Ein Kollege von der rechte rand – das antifaschistische Magazin | |
| hielt das Gerede von Biertrinken und stabilen Kerlen durch – und wies auf | |
| die Minute 45 plus hin. | |
| Mein Name fällt und kurz der von [4][Andrea Röpke, wir beide haben mehre | |
| Bücher über dieses weite Milieu in der Mitte der Gesellschaft verfasst und | |
| herausgeben]. Aus diesem Zirkel der vermeintlich neu-rechten Publizierenden | |
| werden vor allem Frauen mit journalistischem Engagement oder | |
| publizistischer Resonanz verbal-radikal, sexistisch-körperlich aufgeladen | |
| angegangen. Die feinen Herren – vom Selbstverständnis her – sind dann nicht | |
| mehr so fein. | |
| In der Sendung lassen Stein und Zierke aber nun gegen mich ihre Gewalt- und | |
| Erniedrigungsfantasien schweifen. Die Zöglinge Götz Kubitscheks aus dem | |
| Institut für Staatspolitik (IfS), das der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt | |
| jüngst als gesichert rechtsextrem einstufte, erwarten mein Erscheinen an | |
| ihrem Stand. Zierke wirft ein, dass ich einen Friseur bräuchte. „Friseur“, | |
| sagt Stein und sagt weiter, dass sie das „auch am Stand“ gleich mit „so | |
| einer Schermaschine“ machen könnten, so im Look der | |
| 80er-Jahre-Oldschool-Skinheads. | |
| ## Gewalthoffnungen und Vernichtungsvorstellungen | |
| Zierke meint, am Stand könnten sie mich auch sofort gesichtstätowieren, und | |
| Stein schlägt vor, „dann könnten wir dem Andreas Speit theoretisch so ein | |
| richtig cooles Fraktur-Tattoo machen – Deutschland ganz groß“. Ganz bei | |
| sich kichern, grienen und lachen sie bei ihren Worten – ihren Bildern im | |
| Kopf. | |
| Ist ja doch auch alles nicht ernst gemeint, alles nur Scherz und Spaß. | |
| Schenkelklopfer und Lacher. Und wer nicht mitlacht, ist halt selber schuld. | |
| Schon länger versucht dieses Milieu mit vermeintlichem Witz und Ironie | |
| seine Gewalthoffnungen und Vernichtungsvorstellungen zu relativieren. Die | |
| Idee der Zwangsscherung und -tätowierung ist Teil des | |
| Erniedrigungsprozesses der markierten Feinde mit historischer Tradition, | |
| das Lachen Teil des Selbsterhöhungsprozess. | |
| „The Killer smiles“, hebt Klaus Theweleit in das „Das Lachen der Täter: | |
| Breivik u. a.“ hervor. Die Tötungslust führt zum Lachen wegen der Allmacht | |
| über seine Opfer. In dem spaßigen Kubitschek-Jünger lauert der grinsende | |
| Killer. Zierke, aus der rechtsextremen Identitären Bewegung kommend, war – | |
| welch Zufall – bei einer Gewalttat involviert. Stein, auch | |
| Vereinsvorsitzender von „Ein Prozent“, wird vorgeworfen, an einem Angriff | |
| beteiligt gewesen sein. In beiden Fällen: gegen Andersdenkende. | |
| So what, hier bleiben Worte doch selbstredend bloß Worte. Im vorpolitischen | |
| Raum möchte der Jungeuropa Verlag ja nur eine weitere Meinung in die | |
| laufenden Debatten einbringen. Könnte der Verlag jedoch mit der | |
| Gewaltandrohung auf der Buchmesse die Grenzen des meinungspolitischen | |
| Diskurses überschritten haben? | |
| 22 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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