| # taz.de -- Boykott der Frankfurter Buchmesse: Der falsche Weg | |
| > Aus Protest gegen die Präsenz rechter Verlage sagt Autorin Jasmina Kuhnke | |
| > ihren Buchmessenbesuch ab. So verkleinert man die dort gelebte | |
| > Diversität. | |
| Bild: Der Leiter des rechtsextremen Verlags Jungeuropa soll Jasmina Kuhnkes „… | |
| Der Stand des [1][rechtsextremen Jungeuropa Verlages] steht in der | |
| Buchmessenhalle 3.1. gleich gegenüber dem Studio, in dem die Diskussionen | |
| von ZDF und Deutschlandradio auf dem Blauen Sofa stattfinden. Diese | |
| Platzierung ist furchtbar. Autor*innen, die in dem vielbesuchten Format | |
| auftreten, müssen direkt an dem Verlagsstand vorbei. | |
| Am Rand prangt das Verlagslogo, ein aufgeschlagenes Buch vor gekreuzten | |
| Speeren. Kollegen, die die drei etwa 30-jährigen Männer am Stand befragen, | |
| bekommen zu hören, dass man sich freut, dies Jahr nicht in einer | |
| Schmuddelecke gelandet zu sein. Außerdem wird sich über die unerwartete | |
| Aufmerksamkeit gefreut. | |
| In der Tat ist die Präsenz dieses Kleinverlages zu Beginn der Buchmesse das | |
| große Thema, das und die Absage ihrer Messeauftritte durch [2][Jasmina | |
| Kuhnke] und Ciani-Sophia Hoeder (Anm. der Redaktion: Inzwischen haben auch | |
| Annabell Mandeng, Nikeata Thompson und Riccardo Simonetti ihre Teilnahme | |
| zurückgenommen) sowie die Aufrufe, aus Solidarität die Messe zu | |
| boykottieren, die in den sozialen Medien zu finden sind. | |
| Jasmina Kuhnkes Verlag, Rowohlt, weist darauf hin, dass der Leiter von | |
| Jungeuropa öffentlich die „Abschiebung“ von Jasmina Kuhnke gefordert hat. | |
| Die Buchmesse selbst verschickt Pressemitteilungen, in denen sie die | |
| Absagen bedauert und sich darüber hinaus auf die Meinungsfreiheit beruft, | |
| die auch für Ansichten gelte, die von der Messe nicht geteilt würden. Das | |
| klingt dürr. Wer nachfragt, bekommt rechtliche Hintergründe geliefert. | |
| ## Rechtliche Gründe ermöglichen rechte Teilhabe | |
| Wichtig ist: Die Verlage werden keineswegs eingeladen zur Messe, sie kaufen | |
| sich ein. Wenn die Messe einen Verlag ausschließt, kann der klagen. Dann | |
| müsste vor Gericht nachgewiesen werden, dass dieser Verlag Bücher | |
| vertreibt, die gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen. Das würde dem | |
| Verlag große Aufmerksamkeit verschaffen. Und wie der Prozess ausgeht, ist | |
| unsicher. Dass ein Gericht so einen Ausschluss 1958 einmal gebilligt hat, | |
| sagt nichts über mögliche neue Fälle. | |
| Autorinnen wie [3][Jagoda Marinić] und [4][Meron Mendel] von der | |
| Bildungsstätte Anne Frank haben auf Twitter ihre Solidarität für die | |
| Absagen klargemacht und zugleich erklärt, dass sie einen Boykott der Messe | |
| für falsch halten. Dieser Sicht möchte ich mich als Literaturredakteur der | |
| taz ausdrücklich anschließen. | |
| Ein Boykott ist, meine ich, nicht die richtige Form der Solidarisierung. | |
| Aus einem Grund, der banaler klingt, als er ist: weil man dann nicht auf | |
| der Messe ist. Man würde die dort gelebte Diversität verkleinern. Als 2017 | |
| die Präsenz neurechter Verlage schon einmal Thema war, [5][gab es gute | |
| Diskussionen rund um die Initiative Verlage gegen rechts]. Bedauerlich, | |
| dass erst Messeabsagen die Öffentlichkeit darauf stoßen mussten, dass das | |
| Thema nicht vom Tisch ist. | |
| Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, dass auch die | |
| Vizepräsidentin des Schleswih-Holsteinischen Landtags [6][Aminata Touré] | |
| ihren Auftritt bei der Messe abgesagt habe. Sie teilte dazu mit, sie habe | |
| nur erklärt, dass sie darüber nachdenke, ob sie zur Buchmesse fahre. | |
| Mittlerweile habe sie sich entschieden, dass sie hinfahren werde. | |
| 20 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dirk Knipphals | |
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