| # taz.de -- Mangelnde Diversity bei CDU und CSU: Der Club der weißen Männer | |
| > Auch nach 16 Jahren Merkel im Kanzleramt steckt die Union in alten | |
| > Strukturen fest. Es mangelt an Frauen, an migrantischen und jungen | |
| > Menschen. | |
| Bild: Teile der CDU-Führungsriege: Merz, Ziemiak und Laschet in Berlin am 28. … | |
| [1][Armin Laschet] würde immer noch gerne Kanzler werden. Unbeirrbar auf | |
| dem Weg ins höchste politische Amt, setzt er sich auch hier noch der | |
| Schmach aus, statt würdevoll seinen Abschied zu nehmen. „Das war meine | |
| Chance, ich danke euch!“ In der CDU selbst will man Laschet längst nicht | |
| mehr, er hat sich entkanzlert, trotzdem hält man die Füße still, falls beim | |
| Sondieren das Unwahrscheinliche eintritt und man wider Erwarten doch an der | |
| Macht bleiben darf. | |
| Man hört Experten von allen Seiten, die erklären, was da falsch läuft bei | |
| der CDU, warum der Kandidat nicht der richtige Kandidat war, wie das | |
| Problem tief in die Programmatik und Visionslosigkeit der Partei reicht. | |
| Alles richtig, aber, was das Problem ist – viel banaler – es zeigt sich in | |
| der Körpersprache der CDU-Spitze, es zeigt sich in der Sprechweise, es | |
| zeigt sich im Personal: Die CDU hat im Jahr 2021 jenseits des | |
| Rückwärtsgangs nichts im Angebot. Im Rückwärtsgang mit Männern ist keine | |
| Zukunft zu machen. | |
| Ein Personal, bei dem die mächtigsten Strippenzieher – von der scheidenden | |
| Kanzlerin abgesehen – allesamt männlich sind. Keiner von ihnen stört sich | |
| an Fernsehbildern, auf denen nur Männer zusammenstehen. Die CDU hat keine | |
| Strategie, auch nur einer weiblichen oder migrantischen Stimme mehr | |
| Sichtbarkeit und Gehör zu verschaffen. Gleichzeitig beansprucht man bräsig: | |
| Wir sind eine Volkspartei. Nur, wer ist das Volk? | |
| Wenn ein CDU-Abgeordneter, nachdem er seinen Wahlkreis an eine SPD-Frau | |
| verliert, erst mal auf Twitter ranten muss gegen die Förderung und | |
| Sichtbarkeit von Frauen, dann kann er kein Vertreter einer Volkspartei | |
| sein. Sein Volk besteht wohl nur aus Männern. Wenn Jens Spahn kurz nach der | |
| Wahl erklärt, die Migrationspolitik habe im Wahlkampf keine Rolle gespielt, | |
| dann schließt er an die Debatten der Achtziger an, anstatt an die | |
| Gegenwart, in der das deutsche Volk schon viel diverser ist. | |
| Von der CDU kam in diesem Wahljahr kaum etwas, das die Großeltern nicht | |
| schon gehört hätten. Das kann man konservativ nennen oder aber | |
| gegenwartsfeindlich. Wenn öffentlich über die Zukunft der Partei diskutiert | |
| wird, reden etwa Markus Söder, Volker Bouffier oder Friedrich Merz. Wenn | |
| Jüngere einbezogen werden, darf [2][Tilman Kuban] ran, der bisweilen älter | |
| daherkommt, als all die alten Herren zusammen. | |
| Die CDU möchte Volkspartei sein, gibt sich aber mit einem [3][Frauenanteil] | |
| von 23% zufrieden. Bei Fragen nach Quoten kriegen CDUler Schnappatmung, | |
| denn gemessen am Frauenanteil innerhalb der CDU seien Frauen ja angemessen | |
| repräsentiert. Genau die richtige Antwort, wenn also in der CDU bald gar | |
| keine Frauen mehr sein sollten, wären auch null Prozent Frauen im Parlament | |
| in Ordnung. Sechzehn Jahre hat die CDU die Kanzlerin gestellt. | |
| Die Männer in der Partei scheinen darauf gewartet zu haben, bis sie wieder | |
| an der Reihe sind, statt sich den Feminismus auf die Fahnen zu schreiben | |
| und vom Erfolg einer Frau an ihrer Spitze zu profitieren. Frauen fehlen, | |
| Migranten fehlen. In der CDU ging man in diesem Wahlkampf davon aus, mit | |
| einem schwarzen Deutschen im Zukunftsteam sei das Thema Vielfalt abgehakt. | |
| Schließlich bemühte man sich redlich, noch eine weitere Gruppe des Volkes | |
| außen vor zu lassen: Die Jungen. | |
| Wolfgang Schäuble stellt sich in Fernsehinterviews gerne als autoritärer | |
| Vater und meint, wenn es um [4][Fridays for Future] geht, tue Widerstand | |
| der Jugend gut. Als ginge es nicht auch um sein Klima, als wären die | |
| Anliegen der Jugend nicht auch sein Problem. [5][Peter Altmaier saß in | |
| Talkshows meist hilflos einer hochmotivierten Luisa Neubauer] gegenüber und | |
| belächelte sie dennoch gerne von oben herab. | |
| Wir leben in einer Zeit, in der Medien durchlässiger geworden sind. Früher | |
| sprachen die Herren der CDU mit den Herren in den Chefredaktionen | |
| konservativer Zeitungen. Die Zeit dieser Deutungshoheit ist vorbei. Heute | |
| verschaffen sich progressive Kräfte ihre eigenen Öffentlichkeiten und | |
| gelangen aufgrund ihrer Relevanz auch in die klassischen Medien. Dort | |
| begegnet das Konservative dem Progressiven und das Konservative sieht dabei | |
| so alt aus, dass es kein Vertrauen für sich gewinnen kann. | |
| Auch Wählerinnen wissen, dass man progressive Kräfte nicht zurück in die | |
| Büchse der Pandora verbannen kann, wer bei Genderfragen nur mit polemischen | |
| Gehabe und Androhungen von Genderverboten reagieren kann, wird vielleicht | |
| Applaus ernten von einigen, aber sicher nicht genug, um eine Volkspartei zu | |
| sein. In der CDU vermittelt derzeit niemand den Eindruck, dass er sich | |
| ernsthaft mit den gesellschaftlichen Strömungen auseinandersetzt. | |
| ## Deutungshoheit passé | |
| Auch Söder, den manche sogar gerne als Kanzler der Herzen bezeichnen, | |
| verkörpert eher Machtduktus, als jemand, der Vertrauen in die inhaltliche | |
| Arbeit seiner Partei schafft. Der Machterhalt scheint das größte Interesse | |
| in der CDU zu sein, denn es war ja so angenehm zu regieren. Macht um der | |
| Macht willen, aber ohne den Anspruch durchzudeklinieren. Es ist ein | |
| gesellschaftlicher Fortschritt, wenn das für konservative Wähler nicht | |
| ausreicht, weil sie ernst genommen werden wollen. | |
| Die Wähler haben die CDU abgestraft, den Wandel treiben vor allem FDP und | |
| Grüne an. Die neue Stärke der Kleinen ist nur eins von vielen Ergebnissen, | |
| an denen sich ablesen lässt, dass die alten Mehrheiten nicht mehr zu haben | |
| sind, so wie auch die Welt von gestern nicht mehr. Die Gesellschaft und | |
| ihre Probleme haben sich ausdifferenziert, mit ihnen die | |
| Parteienlandschaft. Eine Partei, die vorwiegend Männer mit dem Duktus der | |
| Achtziger an die Spitze stellt, wird auf Dauer nur noch Klientelpartei sein | |
| können. | |
| Das neue Parlament wird in der ersten konstituierenden Sitzung seine | |
| Präsidentin wählen. Den neuen Abgeordneten sollte klar sein, dass eine | |
| Männerrepublik nicht akzeptabel ist im Jahr 2021. Und auch keine Männer, | |
| die um jeden Preis nach der Macht gieren, selbst dann noch, wenn die | |
| Bevölkerung sie nicht mehr will. | |
| 6 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Die-CDU-leidet-an-Armin-Laschet/!5802756 | |
| [2] /Tagebuch-des-taz-Wahlcamps/!5782724 | |
| [3] /Ausweitung-der-Frauenquote/!5694284 | |
| [4] /Schwerpunkt-Fridays-For-Future/!t5571786 | |
| [5] https://www.youtube.com/watch?v=rLvKpYTPzEE | |
| ## AUTOREN | |
| Jagoda Marinić | |
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