# taz.de -- Sondierungen zur Regierungsbildung: Söders Startschuss für den Ne… | |
> Während CDU-Chef Armin Laschet weiter auf Jamaika-Verhandlungen hofft, | |
> erklärt CSU-Chef Markus Söder diese quasi für gescheitert. War’s das | |
> jetzt? | |
Bild: Markus Söder: „De-facto-Absage an Jamaika“ | |
BERLIN taz | Als FDP-Chef Christian Lindner am Mittwochvormittag in Berlin | |
womöglich sein politisches Schicksal besiegelt, nimmt Armin Laschet an | |
einer Feierstunde zum 75-jährigen Bestehen des nordrhein-westfälischen | |
Landtags teil. Der Nochministerpräsident ruft zur Verteidigung der | |
parlamentarischen Demokratie auf. Diese sei „das Einzige, was hilft, eine | |
Gesellschaft zu versöhnen“. Viel spricht dafür, dass Laschet in dieser | |
parlamentarischen Demokratie künftig eine untergeordnete Rolle spielen | |
wird. Denn durch Lindners Ankündigung, dass nach den Grünen auch die FDP | |
entschieden hat, nun die Ampel zu sondieren, gerät Laschet immer mehr unter | |
Druck. Im politischen Berlin fragt man sich, ob sein Rücktritt vom | |
CDU-Vorsitz vielleicht nur noch eine Sache von Stunden ist – und wartet auf | |
ein Statement des CDU-Chefs. | |
Während man sich am Mittag in der CDU-Zentrale noch sortiert, hat Markus | |
Söder, der CSU-Vorsitzende, bereits für 13 Uhr eine Pressekonferenz in | |
München angekündigt. Wieder einmal wirkt die CSU besser aufgestellt als die | |
große Schwesterpartei, wieder einmal sieht es so aus, als würde Söder die | |
Deutungsmacht für die Lage der Union für sich beanspruchen. Und so kommt es | |
dann auch – auch wenn Laschet doch schneller mit einem Statement für die | |
Presse ist. | |
Am Rande der Landtagssitzung in Düsseldorf sagt der CDU-Chef ein paar sehr | |
knappe Sätze in die aufgestellten Fernsehkameras, angekündigt hat die | |
Parteizentrale dies nicht. „Wir stehen bereit als Gesprächspartner, CDU und | |
CSU“, sagt Laschet und bekräftigt damit die Bereitschaft der Union zu | |
weiteren Sondierungsgesprächen. Man respektiere aber, dass es jetzt | |
Gespräche zwischen SPD, Grünen und FDP gebe. „Die Ausgangslage für eine | |
neue Bundesregierung ist seit dem 26. September klar: Wir liegen auf Platz | |
2.“ Zu seiner persönlichen Zukunft und einer Neuaufstellung der CDU: kein | |
Wort. Ob Laschet wirklich noch hofft, dass die Ampel platzt und Jamaika am | |
Ende seine politische Karriere retten wird? | |
Söder lässt für diese Hoffnung nicht viel Platz. Er deutet die grün-gelbe | |
Entscheidung als eine „De-facto-Absage an Jamaika“: FDP und Grüne hätten | |
sich für den Weg der Ampel entschieden. „Den müssen sie jetzt auch | |
konsequent gehen“, so Söder. Er bedauere diese Entscheidung ausdrücklich. | |
Jetzt aber, so Söder weiter, müsse die Realität anerkannt werden. „Wir | |
müssen uns damit vertraut machen, dass es eine Regierung ohne die Union | |
gibt.“ Zwar bleibe die Union gesprächsbereit, aber nicht „in einer Art | |
Dauer-Lauerstellung“. Es gehe nun auch um „Selbstachtung und Würde“: „… | |
Union ist auch nicht jetzt, nach einer so klaren Vorprägung, das Ersatzrad | |
und nur dazu da, quasi immer ein gewisses Druckmittel zu erzeugen in den | |
Verhandlungen“, fügt der CSU-Chef hinzu. Man weiß nicht, ob Söder Laschets | |
Kurzauftritt zuvor gesehen hat. Und doch wirken Söders Worte wie ein Schlag | |
gegen den ohnehin mehr als angeschlagenen CDU-Chef. | |
## Noch will Armin Laschet offenbar nicht aufgeben | |
Fragen zur Zukunft Laschets lässt Söder zwar unbeantwortet. Doch mit dem | |
zumindest temporären Schlusspunkt, den er hier erst einmal hinter Jamaika | |
setzt, gibt er quasi den Startschuss für die Neuaufsstellung der | |
Schwesterpartei. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt legte kurz darauf | |
in Berlin nach: „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir in dieser | |
Legislaturperiode als Oppositionsfraktionen arbeiten müssen. Damit sind es | |
zwei CSU-Politiker, die am Mittwoch Jamaika die deutlichste Absage von | |
allen erteilten. Die Grünen und vor allem die FDP hatten zuvor betont, dass | |
ein Bündnis mit der Union weiterhin eine Option bleibe. | |
In der CDU aber dürften Söders Aussagen auf fruchtbaren Boden fallen. Hier | |
warten nach dem Debakel am Wahlsonntag viele sehnlichst auf eine Art | |
Startschuss für den Neuanfang, wie ihn Söder nun quasi gegeben hat. Ganz | |
schnell äußert sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier. „Soeben hat der | |
Ampel-Zug den Bahnhof verlassen“, schreibt Altmaier auf Twitter. Zum ersten | |
Mal seit 41 Jahren würden FDP und SPD ernsthaft über eine Koalition | |
verhandeln. „CDU/CSU sind Beobachter. Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben | |
machen und zeigen, dass wir die Lektion vom 26. 9. verstanden haben.“ | |
Auch CDU-Vizechefin Julia Klöckner spricht von einer „Zäsur“: „So hart … | |
ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen“, sagt sie | |
der Rheinischen Post. „Es muss eine neue Dynamik in unserer Partei | |
entstehen.“ Die CDU habe nun die Aufgabe, sich „inhaltlich und personell zu | |
prüfen“. | |
[1][Hinter den Kulissen bringen sich längst einige als Nachfolger Laschets | |
in Stellung], Friedrich Merz hat bereits angekündigt, es ein drittes Mal | |
mit einer Kandidatur für den Parteivorsitz zu versuchen. Auch | |
Gesundheitsminister Jens Spahn und Außenpolitiker Norbert Röttgen werden | |
Ambitionen nachgesagt. Andere halten eher Ministerpräsidenten wie Daniel | |
Günther oder Tobias Hans für die Zukunft der CDU. Noch aber will Armin | |
Laschet offenbar nicht aufgeben. | |
6 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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