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# taz.de -- Hilfszahlungen in der Coronakrise: Steuergeld für rechte Verlage
> Coronahilfen sind auch in rechtsradikale Buchprojekte geflossen, zeigt
> eine Recherche des Deutschlandfunk. Es habe mehr Kontrolle gebraucht.
Bild: Die Regierung brachte „Neustart Kultur“ auf den Weg. Monika Grütters…
Berlin taz | Bürokratie nervt. Aber manchmal nützt sie auch was. Bei den
Coronahilfen für die Kulturbranche hat die Kulturministerin 2020
möglicherweise ein bisschen zu sehr mit Bürokratie gespart: Laut einer
Recherche von [1][Deutschlandfunk Kultur] (DLF) sind Teile der Fördermittel
in die [2][Produktion rechtsextremer Bücher] geflossen.
„Neustart Kultur“ hieß das Förderprogramm, das die Bundesregierung im Juni
2020 auf den Weg brachte. Das Ziel: die Kulturbranche in der
Corona-Pandemie zu unterstützen. Museen, Künstler:innen, Theater und Kinos
litten unter den finanziellen Folgen des Lockdowns. Unter der Leitung der
damaligen Kulturstatatsministerin Monika Grütters machte die
Bundesregierung eine Milliarde Euro locker, um der Kulturbranche unter die
Arme zu greifen. Dabei fiel auch für Verlage etwas ab. Zwischen September
2020 und Juni 2021 konnten sie finanzielle Zuschüsse für Druck- und
Produktionskosten beantragen.
Zehn Millionen Euro standen dafür insgesamt zur Verfügung. Jeder Verlag
durfte zwei Anträge für die Förderung je eines Buchtitels stellen. Pro Buch
war eine Förderung von bis zu 10.000 Euro möglich. Laut DLF wurden auf
diese Weise insgesamt 955 Buchprojekte gefördert. Organisiert hat das der
Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Inhaltliche Anforderungen gab es
nicht.
So war es möglich, dass mithilfe der Fördermittel auch Bücher
veröffentlicht wurden, die eindeutig rechtsextreme Motive aufweisen. Als
Beispiel nennt der DLF das Werk „Kulturkampf um das Volk“ von Martin
Wagener, das mit 7.500 Euro gefördert wurde. Das Buch wurde laut dem
RBB-Magazin „Kontraste“ vom Bundesverfassungsschutz als extremistisch
eingestuft.
## Die Linke ist empört
Ebenfalls mit 2.900 Euro gefördert hat der Börsenverein laut DLF das Buch
“Herman Wirth. Leben – Werk – Wirkung.“ Wirth war nationalsozialistisch…
Funktionär und einflussreicher Rassenkundler des Dritten Reichs. Der
Verleger, der die Förderung des Buchs beantragte, schreibt laut
DLF-Recherchen für rechtsextreme Magazine.
Auf Anfrage der taz sehen weder der Börsenverein des Deutschen Buchhandels
noch die aktuelle Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der mangelnden
inhaltlichen Kontrolle ein Problem. Beide verweisen darauf, dass die
Verlage bei der Antragstellung per Klick versichert haben, dass ihr
Buchprojekt keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden,
verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte enthält.
„Derzeit prüft der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die eingereichten
Verwendungsnachweise der Verlage und damit, ob die ausgezahlten
Fördergelder im Sinne der Fördergrundsätze verwendet wurden“, schreibt eine
Spercherin von Claudia Roth der taz. Und eine Pressesprecherin des
Börsenvereins bestätigt: „Selbstverständlich werden wir die Mittel
zurückfordern, wenn sich nachweislich nicht an die Regularien gehalten
wurde.“ Inwiefern das bei den beiden vom DLF recherchierten Büchern der
Fall ist, bleibt unklar.
Der kulturpolitische Sprecher der Linken Jan Korte äußerte sich kritisch
über das Vorgehen 2020: „Die Förderung von rechtsextremen Buchprojekten und
Autoren ist ein absolutes ‚No-go‘ und nicht mit Dringlichkeit und
Unerfahrenheit in der Pandemie zu entschuldigen. Eine kurze
Google-Recherche oder ein Blick ins Verlagsprogramm hätte ja genügt, um zu
erkennen, was man da fördert.“ Für Neustart Kultur bedürfe es einer
Aufarbeitung und Schärfung der Förderkriterien, und das ohne in die Kunst-,
Meinungs- und Pressefreiheit einzugreifen.
26 Apr 2023
## LINKS
[1] https://www.deutschlandfunkkultur.de/kulturmilliarde-neustart-kultur-litera…
[2] /Buchmesse-Frankfurt-und-rechte-Verlage/!5807136
## AUTOREN
Alexandra Hilpert
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Hilfsgelder
Rechtsextremismus
rechte Verlage
VOX
Kulturförderung
Diversität
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
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