# taz.de -- Rechtsextreme auf der Buchmesse: Im Zweifel gilt das Hausrecht | |
> Ein Ausschluss von Rassisten wäre juristisch möglich. Die Buchmesse | |
> argumentiert dagegen mit dem Verweis auf die Publikationsfreiheit. | |
Bild: Eine Frau balanciert auf einer Installation im Pavillon der kanadischen V… | |
Wenn die Frankfurter Buchmesse aufgefordert wird, rechte Verlage | |
auszuschließen, argumentiert sie auch kartellrechtlich. Als | |
marktbeherrschendes Unternehmen müsse die Buchmesse alle Verlage | |
gleichbehandeln und dürfe einzelne Aussteller:innen nicht ohne sachlich | |
gerechtfertigten Grund ausschließen, so Messedirektor Jürgen Boos, sonst | |
könnten sich betroffene Verlage einklagen. Stimmt das? | |
Zunächst ist festzuhalten, dass die Buchmesse nicht in erster Linie | |
juristisch argumentiert. In der Pressemitteilung vom 20. Oktober, in der | |
die Absage von Autor:innen bedauert wird, die sich von rechten Verlagen | |
bedroht sehen, wird das Kartellrecht nicht erwähnt. Dort geht es vor allem | |
um „Rede- und Meinungsfreiheit“. Weil sich die Buchmesse weltweit für | |
Publikationsfreiheit einsetze, stehe für sie fest, „dass Verlage, die sich | |
im Rahmen der Rechtsordnung bewegen, auf der Buchmesse ausstellen können, | |
auch wenn wir ihre Ansichten nicht teilen“. | |
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Buchmesse heißt es unter | |
Punkt 3.3 ausdrücklich: „Der Veranstalter führt keinerlei Zensur durch.“ | |
Unzulässig sei nur „die Ausstellung solcher Werke, deren Herstellung, | |
Verbreitung oder Einfuhr durch Gerichte der Bundesrepublik Deutschland | |
verboten ist“. | |
## Größte Buchmesse weltweit | |
Für Christian Sprang, Justiziar der Buchmesse, ist jedoch auch das | |
Kartellrecht wichtig. Man müsse sich als Unternehmen im Rahmen der | |
Rechtsordnung bewegen. Immerhin sei die Buchmesse doppelt | |
marktbeherrschend: nicht nur in Deutschland, auch international. Die | |
Frankfurter Buchmesse sei mit großem Abstand die größte Ausstellung der | |
Branche weltweit. | |
Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen heißt es, dass ein | |
marktbeherrschendes Unternehmen seine Stellung nicht missbrauchen darf, | |
etwa indem es bestimmte Unternehmen „ohne sachlich gerechtfertigten Grund | |
unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen“ | |
(§ 19 Abs. 2 Nr. 1). Diese Verpflichtung gilt auch für marktbeherrschende | |
Messe-Unternehmen, wie der Bundesgerichtshof 1969 entschieden hat. | |
Es besteht aber wenig Zweifel, dass es „sachlich gerechtfertigt“ wäre, | |
Verlage mit aggressiv-rassistischem oder nazistischem Programm von der | |
Buchmesse auszuschließen – vor allem, wenn sich Autor:innen wie Jasmina | |
Kuhnke durch solche Verlage bedroht sehen und ihre Teilnahme absagen. | |
Gerichtsurteile gibt es dazu noch nicht. Vor allem müsste die Buchmesse | |
zunächst ihre AGB ändern: Wer sich verpflichtet, keine inhaltliche Zensur | |
auszuüben, muss sich daran halten. | |
Für akute Fälle steht der Buchmesse ihr Hausrecht zur Verfügung. Wer andere | |
angreift oder bedroht, kann Hausverbot erhalten. Unter diesem Aspekt hat | |
sie den Podcast des Jungeuropa-Verlags geprüft, in dem taz-Autor Andreas | |
Speit ein Zwangs-Tattoo angedroht wird. Die Äußerung sei aber offenbar | |
ironisch und nicht ernst gemeint gewesen, so Buchmessen-Justiziar Sprang. | |
Christian Rath | |
23 Oct 2021 | |
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Christian Rath | |
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