| # taz.de -- Folgen einer zweiten Amtszeit Trumps: „Der Schaden wäre dramatis… | |
| > Donald Trump könnte zum zweiten Mal US-Präsident werden. Das hätte große | |
| > Folgen für die deutsche und globale Wirtschaft, warnt Ökonom Jürgen | |
| > Matthes. | |
| Bild: Donald Trump drohte im Wahlkampf schon mit neuen Strafzöllen | |
| taz: Herr Matthes, [1][Donald Trump] wird aller Voraussicht nach | |
| US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Umfragen sehen ihn zurzeit | |
| gegenüber Amtsinhaber Joe Biden vorne. Wie viel Angst haben Sie vor einer | |
| Wiederwahl Trumps zum US-Präsidenten im Herbst? | |
| Jürgen Matthes: Ob Trump zum zweiten Mal US-Präsident wird, ist schwer | |
| abzuschätzen. Aber wenn er es wird, befürchten wir erheblichen Schaden für | |
| den Welthandel und für die deutsche Exportnation. Aus | |
| wirtschaftspolitischer Sicht ist es tragisch für Biden, dass zwar sein | |
| großes Infrastrukturprogramm und die umfangreichen Klimaschutz-Subventionen | |
| im Rahmen des US [2][Inflation Reduction Act] die US-Wirtschaft messbar | |
| nach vorn bringen, aber die zwischenzeitlich hohe Inflation und die damit | |
| verbundenen Kaufkrafteinbußen haben bei den US-Wählern die Zustimmung zu | |
| den US-Demokraten bröckeln lassen. | |
| Können Sie die Auswirkungen einer zweiten Amtszeit für die globale | |
| Konjunktur genauer beziffern? | |
| Auch das ist schwer einzuschätzen, weil Trump im Vergleich zu anderen | |
| Staatschefs extrem schwer berechenbar ist. Wenn er seine Ankündigungen | |
| verwirklicht, Strafzölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Importe | |
| einzuführen, und den Handelskrieg mit China weiter verschärft, dann wird | |
| das schwere Auswirkungen auf den Welthandel haben. Insbesondere Deutschland | |
| als exportstarke Volkswirtschaft wird dies spüren. | |
| Können Sie die Folgen für Deutschland abschätzen? | |
| Wir haben in einer Studie jüngst geschätzt, dass ein solches Szenario die | |
| deutsche Wirtschaft im Laufe einer vierjährigen Trump-Präsidentschaft | |
| insgesamt 150 Milliarden Euro kosten könnte. Pro Jahr entspricht das einer | |
| Einbuße von mehr 1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Neben den deutschen | |
| Exporten, die unter der durch Trump geschwächten Weltwirtschaft leiden | |
| würden, würden vor allem die Investitionen hierzulande einbrechen. In der | |
| Schätzung berücksichtigt ist neben den direkten Auswirkungen der | |
| angekündigten Strafzölle auch, dass ein solcher Handelskrieg die Wirtschaft | |
| und die Aktienmärkte kurzfristig stark verunsichern dürfte. | |
| Bereits Bidens Investitionsoffensive im Rahmen des Inflation Reduction Act | |
| (IRA) wurde in der Europäischen Union wegen der protektionistischen | |
| Elemente als Angriff gewertet, weil in den USA produzierende Unternehmen | |
| bei diesen Subventionen bevorzugt würden. Was ist der Unterschied zu Trumps | |
| möglichen neuen Strafzöllen? | |
| Bei aller teils ja berechtigten Kritik dürfen wir nicht vergessen: Biden | |
| muss sich aufgrund der knappen Wahlausgänge und des [3][Trump’schen | |
| Populismus] an den Interessen der US-Arbeiterschaft orientieren, die unter | |
| der Globalisierung gelitten hat. Das macht er dadurch, dass er sein großes | |
| IRA-Klimaschutzprogramm mit den protektionistischen Vorschriften so | |
| gestaltet hat, dass mehr als üblich von den Ausgaben in den USA hängen | |
| bleibt. Aber Biden ist der EU beim IRA entgegengekommen und hat einige | |
| protektionistische Elemente aufgeweicht, gerade für E-Auto-Exporte aus der | |
| EU. Um hier noch weiter voranzukommen, verhandelt die Biden-Administration | |
| mit der EU derzeit ein Abkommen über kritische Rohstoffe, das hoffentlich | |
| noch vor den Wahlen gelingt. | |
| Also sind mögliche neue Strafzölle für die deutsche Wirtschaft gefährlicher | |
| als Bidens Protektionismus beim IRA? | |
| Auf jeden Fall. Um ein Bild zu verwenden: Nehmen wir an, die US-Wirtschaft | |
| ist als Absatzmarkt ein Kuchen, von dem auch deutsche Unternehmen über | |
| Exporte Jahr für Jahr ein Stück abbekommen. Mit seinen | |
| Investitionsoffensiven macht Biden diesen Kuchen größer. Die | |
| protektionistischen Elemente des IRA verringern zwar den Anteil, der für | |
| EU-Exporteure zugänglich ist. Aber insgesamt wird deren Stück Kuchen durch | |
| die Investitionsprogramme größer. Per Saldo profitiert die deutsche | |
| Wirtschaft also vom IRA. Trump hingegen würde den Kuchen mit neuen | |
| Handelsbarrieren schrumpfen lassen. | |
| Bereits die erste Amtszeit Trumps war von Handelskonflikten zwischen den | |
| USA und der EU geprägt. Wie groß war damals der Schaden für die deutsche | |
| Wirtschaft? | |
| Ein wichtiges Konfliktfeld waren die Sonderzölle, die Trump auf Stahl und | |
| Aluminium aus der EU und vielen anderen Ländern eingeführt hat. Das war vor | |
| allem deshalb hochproblematisch, weil er die Zölle regelwidrig mit Bedenken | |
| bezüglich der nationalen Sicherheit begründete, die an den Haaren | |
| herbeigezogen waren. Doch letztlich war der wirtschaftliche Schaden für die | |
| deutsche Wirtschaft begrenzt, da wir relativ wenig Stahl in die USA | |
| exportieren. Der eigentliche Schaden bestand also mehr in der Beschädigung | |
| der internationalen Handelsordnung durch Trump. | |
| Die EU hat als Antwort damals als Reaktion ihrerseits Sonderzölle auf | |
| Produkte aus den USA erhoben. | |
| Das war richtig und wichtig, um Trump unter Druck zu setzen. Dieser | |
| Gegendruck hat wohl dazu beigetragen, dass er in seiner ersten Amtszeit | |
| doch nicht seine Drohung wahr gemacht hat, Sonderzölle auf Autos aus der EU | |
| zu erheben. | |
| Wären die jetzt angekündigten Zölle schmerzhafter als die Handelsschranken, | |
| die Trump damals schuf? | |
| Ja, auf jeden Fall. Denn die jetzt angekündigten Strafzölle würden alle | |
| Exporte treffen. Das wäre weit dramatischer als das, was Trump in seiner | |
| ersten Amtszeit angerichtet hat. | |
| Und wie sollte die EU antworten? | |
| Die EU sollte versuchen, noch vor den Präsidentschaftswahlen mit [4][Biden] | |
| ein verbindliches Abkommen über kritische Rohstoffe abzuschließen, das | |
| Trump nicht so leicht wieder vom Tisch bekommt. Das wäre generell wichtig, | |
| um die Abhängigkeiten von China bei kritischen Rohstoffen zu mindern, und | |
| würde zudem EU-Autoexporteuren und Zulieferern den Zugang zu den | |
| Fördermaßnahmen des US-Klimaschutzprogramms erleichtern. Zudem geht es für | |
| den Fall der Fälle darum, gegen konkrete Pläne für neue US-Zölle selbst | |
| frühzeitig wieder mit Gegenmaßnahmen drohen zu können. | |
| Und schließlich sollte die EU den Republikanern im US-Kongress deutlich | |
| machen, dass die USA beim Vorgehen gegenüber China effektiver sind, wenn | |
| sie gemeinsam mit Verbündeten wie der EU vorgehen. Wenn das gelingt, würde | |
| es Trump sehr viel schwerer haben, die transatlantischen Brücken wieder | |
| abzureißen, die Biden gebaut hat. | |
| 18 Mar 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simon Poelchau | |
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