# taz.de -- Equal Pay Day: Nicht umsonst, aber unbezahlt | |
> Journalistinnen verdienen weniger als Journalisten. Die immer noch | |
> ungleich verteilte Erziehungsarbeit ist ein Grund, aber nicht der | |
> einzige. | |
Bild: Seit die Grünen 2003 gleichen Lohn für gleiche Arbeit gefordert haben, … | |
Zu männlich, zu weiß, zu akademisch, so lautet der Vorwurf an den | |
Journalismus. Wer über Gesellschaft schreibt, müsse Gesellschaft | |
widerspiegeln. Zumindest in einem Punkt tut der Journalismus das: beim | |
Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen. | |
Das Statistische Bundesamt beziffert den sogenannten Gender Pay Gap in | |
Deutschland über alle Branchen hinweg auf 21 Prozent. Zwischen | |
Journalistinnen und Journalisten liegt er laut der | |
Worlds-of-Journalism-Studie mit 23 Prozent sogar etwas höher. Eine | |
Journalistin in Deutschland verdient durchschnittlich 2.400 Euro netto pro | |
Monat – ein Journalist 3.150 Euro. Für einen Teil dieser Lücke gibt es | |
Erklärungen. | |
Die ersten Berufsjahre sind in Sachen Lohnlücke unproblematisch, im Schnitt | |
verdienen Journalistinnen sogar geringfügig mehr. Doch nach 15 Jahren kommt | |
der Knick. Während Männer weiter Jahr für Jahr mehr verdienen, verharren | |
Frauen ab diesem Alter für mindestens 10 Jahre auf nahezu unverändertem | |
Gehaltsniveau. | |
## Spätestens bei der Ressortleitung ist Schluss | |
Die Erklärung: Kinder. Auf die Babypause folgt Erziehungszeit und darauf | |
häufig eine Teilzeitanstellung oder freie Mitarbeit. Und obwohl | |
Kindererziehung heute nicht mehr nur Frauensache ist, sind es weiterhin | |
eher die Mütter, die den Stift gegen das Fläschchen tauschen. Mehr als die | |
Hälfte der freien Journalistinnen arbeitet laut einer Studie des Deutschen | |
Journalistenverbands wegen der Kinder weniger – bei den Männern sind es nur | |
rund 40 Prozent. Und auch in den Redaktionen ist Teilzeit zumeist | |
Frauensache. | |
Nach dieser Logik müssten die Löhne unter Vollzeitbeschäftigten ähnlicher | |
sein, und das sind sie zunächst auch. Doch nach 25 bis 30 Jahren kommt es | |
unter Vollzeitjournalist*innen zu einem zweiten Gehaltsknick. Das ist die | |
Zeit, in der die Schlüssel zur Chefetage vergeben werden. Wer bis dahin | |
weniger Erfahrungen sammeln konnte und nicht flexibel genug war, um die | |
wirklich spannenden Projekte zu ergattern, verliert. | |
Für die meisten Journalistinnen ist spätestens bei der Ressortleitung | |
Schluss. Gerade mal 3,2 Prozent der Frauen schaffen es in eine | |
Chefredaktion oder werden Herausgeberin. In den Chefetagen sitzen weiter | |
vor allem Männer – und die fördern historisch gesehen eher Männer. | |
## Weder logisch noch gerecht | |
Wer erstens weniger arbeitet und zweitens kaum Verantwortung trägt, der | |
verdient weniger. Das ist eine Logik des Marktes, der sich auch der | |
Journalismus nur schwer entziehen kann. Dass es aber mehrheitlich Frauen | |
sind, denen es so ergeht, ist weder logisch noch gerecht. Auch mit gleicher | |
Berufserfahrung und Vollzeitanstellung verdienen Journalistinnen | |
durchschnittlich 5,6 Prozent weniger als Journalisten. Viele Erklärungen | |
bleiben da nicht mehr, außer der Tatsache, dass Journalistinnen nun mal | |
Frauen sind. | |
Die ZDF-Journalistin Birte Meier verklagte das ZDF weil sie laut eigener | |
Aussage für die gleiche Arbeit weniger Geld bekam als ihre männlichen | |
Kollegen. Doch das Berliner Arbeitsgericht wies die Klage im Februar ab. | |
Das Argument des vorsitzenden Richters: die Vertragsfreiheit. „Die Männer | |
haben vielleicht besser verhandelt? Das ist Kapitalismus“, sagte er. Meier | |
wird gegen das Urteil in Berufung gehen. | |
Der 18. März ist „Equal Pay Day“. Bis zu diesem Tag verdienen die Frauen im | |
Journalismus theoretisch keinen Cent, vergleicht man ihr Gehalt mit dem der | |
Männer. Die 21 Prozent Lohnunterschied werden auf ein Jahr umgerechnet. | |
Initiatorin ist Henrike von Platen. „Der erste Schritt für eine fairere | |
Bezahlung ist, offen über Geld zu sprechen“, sagt sie. Eine faire Bezahlung | |
würde dann auch dazu führen, dass sich Paare im nächsten Schritt die Arbeit | |
zu Hause fairer aufteilen. | |
16 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Sarah Pache | |
## TAGS | |
Equal Pay Day | |
Gender Pay Gap | |
Gleichberechtigung | |
Gleicher Lohn | |
Equal Pay | |
Gender Pay Gap | |
Gender Pay Gap | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
Gender Pay Gap | |
Gender Pay Gap | |
Gender Pay Gap | |
Equal Pay Day | |
Equal Pay Day | |
Gender Pay Gap | |
Gleichberechtigung | |
Gleicher Lohn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Teilerfolg für ZDF-Redakteurin: Wissen, was der Kollege verdient | |
Eine ZDF-Mitarbeiterin will wissen, was ihre männlichen Kollegen verdienen. | |
Das Bundesarbeitsgericht sagt, dass auch „feste Freie“ das erfahren dürfen. | |
Finanzexpertin über Equal Pay in Island: „Fair und transparent“ | |
Island will bis 2022 keinen Gehaltsunterschied bei Frauen und Männern | |
haben. Das ist in Deutschland undenkbar, sagt Geldexpertin Henrike von | |
Platen. | |
Kommentar Urteil zum Gender Pay Gap: Lücke im Gesetz | |
Eine ZDF-Journalistin verliert eine Gehalts-Klage. Daran zeigt sich: Das | |
Entgelttransparenzgesetz hilft nicht, die Gender Pay Gap zu schließen. | |
Birte Meiers Klage zurückgewiesen: ZDF-Reporterin nicht angestellt genug | |
Eine Journalistin klagt gegen das ZDF, weil ihre männlichen Kollegen mehr | |
verdienen als sie. Das Gericht in Berlin sieht keine Diskriminierung. | |
Kommentar Gender-Rollback: Lasst euch nicht verrückt machen | |
AbtreibungsgegnerInnen sind ein Angriff auf moderne Lebensentwürfe. Das | |
Rollback überzudramatisieren ist dennoch der falsche Reflex. | |
Transparenzgesetz zu Entgelten: „Nehmen, was möglich ist“ | |
Die Unternehmensberaterin Henrike von Platen kämpft seit Jahren für | |
Einkommensgleichheit. Das neue Gesetz ist für sie ein Anfang. | |
Transparenz von Löhnen in der Praxis: Mut zum Lückeschließen | |
Der Sportartikelhersteller Vaude hat die Gehälter seiner Mitarbeitenden | |
bereits verglichen – und ist zufrieden mit dem Ergebnis. | |
Kommentar zur Lohnlücke: Gut, dass wir mal über Frauen reden | |
Ein neues Gesetz soll die Lohnlücke schließen. Das wird nicht | |
funktionieren. Der Entwurf als „Signal“? Danke, aber nein danke. | |
Equal Pay Day 2017: Die Lücke der Lücke | |
Rechnerisch arbeiten Frauen bis zum 18. März kostenlos. Es gibt jedoch | |
erhebliche Unterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern. | |
Equal Pay Day in Berlin: Wenn Teilzeit mehr Arbeit macht | |
Die Bildungsverwaltung setzt ein Urteil zur Teilzeitarbeit nicht um, | |
kritisieren Frauenvertreterinnen. Dadurch würden weibliche Lehrkräfte | |
diskriminiert. | |
Klage gegen Lohnungleichheit beim ZDF: Formal gesehen war da nichts | |
Lohnungerechtigkeit beim ZDF? Ein Berliner Gericht weist eine Klage der | |
Reporterin Birte Meier zurück. Doch das könnte erst der Anfang sein. | |
Gleichstellung von Frauen und Männern: Gleiche Rechte in 170 Jahren | |
Die wirtschaftliche und politische Kluft zwischen den Geschlechtern bleibt | |
groß. Doch es gibt hier und da auch Fortschritte. | |
Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit: Ein bisschen fairer | |
Die Koalition will mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern | |
schaffen – durch einen Auskunftsanspruch auf Kollegengehälter. |