# taz.de -- Kommentar zur Lohnlücke: Gut, dass wir mal über Frauen reden | |
> Ein neues Gesetz soll die Lohnlücke schließen. Das wird nicht | |
> funktionieren. Der Entwurf als „Signal“? Danke, aber nein danke. | |
Bild: Juhu, es gibt extra einen Feiertag für den Grundgesetzbruch! Manuela Sch… | |
Ein „Signal“! Ein „Fortschritt“, dass über Frauen geredet wird – die… | |
sich bestimmt! So gönnerhaft reagieren Befürworter*innen auf das | |
Entgelttransparenzgesetz, das der Bundestag heute berät. Das Gesetz soll | |
die [1][Lohnlücke zwischen Männern und Frauen] verkleinern. Nur leider wird | |
das nicht funktionieren. | |
Große Unternehmen müssen künftig ihren Beschäftigten sagen, wie viel die | |
Kolleg*innen verdienen, und öffentlich über Entgeltstrukturen berichten. | |
Was passiert aber, wenn eine Firma in ihren Bericht schreibt: „Wir bezahlen | |
Frauen schlecht, ist uns egal“? Sofern der Bericht pünktlich kommt, | |
passiert gar nichts. | |
Was passiert, wenn ein Arbeitgeber zur Angestellten sagt: „Frau Müller, | |
solange Ihnen kein Penis wächst, können wir Ihren Stundenlohn nicht | |
erhöhen“? Dann darf Frau Müller klagen, wie sie es schon immer durfte. | |
Ansonsten passiert nichts. | |
Denn der Entwurf, den Familienministerin Manuela Schwesig entwickelt hat, | |
sieht keinerlei staatliche Sanktionen vor, wenn Betriebe unfair bezahlen. | |
## Der Staat lehnt sich zurück und wartet | |
Warum nicht? Weil Transparenz zu öffentlichem Druck führe, antwortet | |
Schwesig. „Es liegt bei den Betriebsräten, das zum Thema zu machen“, sagt | |
sie. Schließlich gehe es um große Unternehmen mit in der Regel „gut | |
ausgebauter Sozialpartnerschaft“. Warum nur Mitarbeiterinnen großer Firmen | |
fair entlohnt werden sollen, ist eine andere Frage. | |
Schwesigs Idee, die Verantwortung auf den Betriebsrat abzuwälzen, zeigt den | |
geringen Stellenwert fairer Löhne. Könnte man ja auch bei der | |
Krankenversicherung einführen: Arbeitgeber berichten regelmäßig, ob sie | |
Beiträge zahlen. Wenn nicht, lehnt der Staat sich zurück und wartet auf | |
öffentliche Empörung. Gutes System. | |
Die Lohnlücke beträgt 21 Prozent. Davon lassen sich laut Statistischem | |
Bundesamt fast drei Viertel rückschrittlichen Strukturen zuschreiben, die | |
es vor allem zu bekämpfen gilt. Übrig bleiben rund 6 Prozent, und noch | |
nicht einmal diese kleine Lücke wird das Gesetz schließen. | |
Gut, dass das Thema jetzt „auf der Tagesordnung“ ist. Aber wenn | |
Arbeitgeber konsequent ein Grundrecht verletzen, ist jede Sekunde, in der | |
das Thema nicht auf der Tagesordnung steht, ein Skandal. Wenn endlich der | |
Bundestag darüber spricht, sollte sich niemand bedanken müssen. Nicht | |
einmal die Frauen. | |
30 Mar 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jana Anzlinger | |
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