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# taz.de -- Blaue Linie auf der Uniform: Schmaler Grat zum rechten Rand
> Hamburg beschäftigt eine private Security-Firma, deren
> Mitarbeiter*innen martialisch auftreten und ein bei US-Rechten
> beliebtes Symbol nutzen.
Bild: Sehen aus wie Cops: Mitarbeiter*innen eines privaten Unternehmens in stä…
Hamburg taz | Wenn ein privates Sicherheitsunternehmen als vermummte,
uniformierte und bewaffnete Gang in geordneter Formation aufmarschiert,
werden sich die meisten drumherum Stehenden eher unsicher fühlen. So etwa
bei der Schlüsselübergabe des indischen Restaurants „Maharaja“ am Neuen
Pferdemarkt in Hamburg Ende März.
Obwohl die Restaurantbetreiberin [1][nach einem erfolglosen Rechtsstreit]
ihren Schlüssel widerstandslos übergab, marschierte der Sicherheitsdienst
S. P. U. Solutions GmbH in martialischem Outfit zur Schlüsselübergabe auf.
Zahlreiche Beschwerden gingen deswegen bei der städtischen
Liegenschaftsverwaltung Sprinkenhof AG ein, die den Dienstleister
beauftragt hatte.
Allerdings ist das martialische Auftreten nicht der einzige problematische
Aspekt an dem Unternehmen. [2][Der Hamburger Ermittlungsausschuss], der
Betroffene von staatlicher Repression berät, wies zuerst darauf hin, dass
S. P. U. Solutions sich zur „[3][Thin Blue Line]“ bekennt. Diese schmalen
blaue Linie steht für die autoritäre Annahme, dass nur eine dünne Linie in
Gestalt von Polizist*innen die Gesellschaft vom absoluten Chaos trennt.
Das Symbol ist vor allem in den USA populär, wo es von Trump-Fans und
anderen Rechten und White Supremacists genutzt wird. Dort entstand 2014
sogar eine entsprechende Bewegung: „Blue Lives Matter“ für die Interessen
von Polizist*innen und als Gegenmodell zu „Black Lives Matter“. Auf
seiner Facebook-Seite verschlagwortet S. P. U. Solutions seine Beiträge mit
den Hashtags #thinblueline und #privateblueline. Die
Mitarbeiter*innen tragen außerdem Patches mit der blauen Linie auf
ihrer Uniform.
## Das Problem war nicht bekannt
Die Stadt beschäftigt das Unternehmen erst seit Kurzem. Die Sprinkenhof AG
habe nicht mal davon gewusst, sagt deren Sprecher Lars Vieten, sondern wie
immer den „Security Service Schwarzenbek“ beauftragt, der den Job
allerdings weitergab. „Davon waren wir überrascht und fanden den Aufmarsch
auch nicht angemessen, sondern total daneben“, sagt Vieten. Man werde
zukünftig in vergleichbaren Situationen ein besonderes Augenmerk auf den
Dienstleister legen.
Seit Anfang Februar ist S. P. U. auch für die Hamburg Port Authority (HPA)
im Dienst und überwacht an Wochenenden die Eingänge des Alten Elbtunnels
hinsichtlich zu hohen Besucher*innenaufkommens. Auch dort hatten
Passant*innen das Auftreten der Security kritisch kommentiert.
HPA-Sprecher Ulrich Kerz gibt auf Nachfrage an, bis vor Kurzem nichts von
der möglicherweise problematischen Ausrichtung des Sicherheitsdienstes
gewusst zu haben.
Allerdings seien die aktuellen Hinweise zu dünn, um sich von dem
Vertragspartner zu trennen. „Wenn das Unternehmen rechte Tendenzen hat,
würden wir uns davon verabschieden, aber momentan liegen uns keine solchen
Erkenntnisse vor“, sagt Kerz. Die Hafenbehörde sei jetzt aber
sensibilisiert und werde den Dienstleister scharf im Auge haben.
Bei der Auswahl, welches Sicherheitsunternehmen die HPA jeweils beauftrage,
richte man sich streng nach dem Vergaberecht. „Alles andere bedarf einer
politischen Entscheidung“, sagt Kerz in Richtung des Senats. So nutzt die
Stadt etwa bei der Vergabe von Bau- oder Nutzungsaufträgen regelhaft eine
Ausschlussklausel zum Schutz gegen die Scientology-Sekte. Der Senat ließ
eine entsprechende taz-Anfrage dazu am Mittwoch unbeantwortet.
## Mit Rechten will die Firma nichts am Hut haben
Das Unternehmen selbst grenzt sich auf Nachfrage von Rechten ab. „Wir
nutzen ‚blueline‘ oder ‚privateblueline‘ in der Ursprungsform und
verurteilen jegliche Verwendung dieses Symbols durch rechtsradikale
Gruppierungen oder die AfD“, sagt S. P. U.-Sprecher Terje van der Leeden.
Erstmalig sei die Linie 1952 als Symbol des Vertrauens zwischen Bevölkerung
und Einsatzkräften verwendet worden.
Mit dem Patch auf der Uniform erkläre man sich solidarisch mit
Mitarbeiter*innen der Polizei (blau) sowie Feuerwehr und
Rettungsdienst (rot), die jeden Tag mit Anfeindungen aufgrund ihrer
Berufsausübung konfrontiert seien. Eine Vereinnahmung durch Extremisten wie
der „Blue Lives Matter“-Bewegung verstehe man als Missbrauch. Davon wolle
man sich ebenso distanzieren wie von der Vereinnahmung für politische
Zwecke im Sinne einer „rechts- oder linksradikalen Nutzung“.
7 Apr 2021
## LINKS
[1] /Grundstueckpoker-am-Neuen-Pferdemarkt/!5704401
[2] https://eahh.noblogs.org/post/2021/04/01/s-p-u-ein-neuer-player-im-hamburge…
[3] /Thin-Blue-Line-Symbol-bei-Polizei-Berlin/!5757116
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Security
Innere Sicherheit
Hamburg
Polizei Berlin
Kolumne Der rechte Rand
Sicherheitsbehörden
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Demokratie
Lesestück Recherche und Reportage
AfD Bayern
Schwerpunkt Coronavirus
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